Flüchtlinge: Wie viel Pragmatismus braucht das Land?
Das Thema Flüchtlinge wird seit Monaten heiß diskutiert, jedoch ist weder ein Ende noch eine Lösung in Sicht. Es bedrückt mich, dass in Europa alles so lange dauert. Ist das der Fluch der Demokratie, dass Menschen, die Hilfe benötigen, so lange warten müssen? Und wie viele Menschen müssen wie Til Schweiger laut werden, dass sich was ändert?
Meine Zeit in Dubai hat mich gelehrt: Wenn man etwas wirklich will, kann man es auch schnell umsetzen. In Schweden geht das offensichtlich auch. Im Spiegel ist zu lesen, dass Schweden allen Asylanträgen von syrischen Flüchtlingen stattgeben will. Jeder Asylbewerber aus dem Bürgerkriegsland werde aufgenommen, sagte die Sprecherin der schwedischen Einwanderungsbehörde, Annie Hörnblad, der Nachrichtenagentur AFP. „Die Behörde hat diese Entscheidung getroffen, weil sie davon ausgeht, dass die Gewalt in Syrien in naher Zukunft nicht abreißen wird.“ Schweden ist damit das erste europäische Land, das diesen Schritt ankündigt. Aber das Flüchtlingsproblem scheint auch in Deutschland ein paar Mauern der Bürokratie einzureißen.
Gibt es etwa doch einen Lichtblick? Da wird schon mal das Dublin Verfahren für syrische Flüchtlinge außer Kraft gesetzt. Die Dublin-Verordnung sieht vor, Flüchtlinge in jenes EU-Land zurückzusenden, in dem sie als erstes europäischen Boden betreten haben. Deutschland verzichtet aber jetzt aus „praktischen Erwägungen“ bei Flüchtlingen aus Syrien darauf, diese in andere EU-Staaten zurückzubringen. Geht doch, sage ich mir.
Es hat lange genug gedauert, aber Angela Merkel will jetzt den Ländern nicht nur mehr Geld zur Verfügung stellen, sondern auch bürokratische Hürden aus dem Weg räumen. Geht doch, sage ich mir.
Und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert mit einer Verfassungsreform auf die Flüchtlingskrise zu reagieren. In der Tagesschau höre ich: „Eine Grundgesetzänderung könnte die Finanzierungswege zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu ordnen und dadurch die Hilfen für die Flüchtlinge in Deutschland erleichtern.“ Geht doch sage ich mir.
Warum dauert das in Deutschland so lang? Geht es nicht pragmatischer? Ein TV-Beitrag macht mich stutzig. Die Firma Camelot Europe bietet eine innovative Lösung für die Betreuung leerstehender Immobilien in ganz Europa. Hallo, in der Sendung wird ein leeres Krankenhaus vorgestellt, dass von 3 Studenten bewohnt und bewacht wird. Wäre das nicht ein geeignetes Objekt, um Flüchtlinge unterzubringen anstatt Zeltstädte zu errichten?
Wie kann man Flüchtlingen einen Internetzugang ermöglichen, damit sie die fremde Sprache übersetzen, sich in einer fremden Stadt zurecht finden und mit ihren Familien in Kontakt bleiben können? Zum Glück gibt es private Initiativen wie Freifunk Dortmund oder Refugees Online in München, die die Sache selbst in die Hand genommen haben. Auch in Baden-Württemberg sollen die Unterkünfte bald mit Internet versorgt werden. Lobend erwähnen sollte man hier auch Langenscheidt, die ihren Arabisch Übersetzer im Netz frei geschaltet haben.
Wenn sich Menschen engagieren, wie z.B. Til Schweiger, der öffentlich anprangert, dass von der Politik nicht genug getan wird, um dem Flüchtlingsproblem gerecht zu werden, wird gegen sie gehetzt. So geschehen auf Facebook. Seine Initiative einer Stiftung wird von Politikern belächelt. Kein Wunder, dass unserm ‚Hessebub‘ da mal die Hutschnur platzt. Aber ich glaube er hat etwas bewegt. Er findet viele Nachahmer:
einsatz-fuer-fluechtlinge-deutsche-promis-trotzen-dem-shitstorm
Das gefällt mir, denn bis heute weiß ich nicht, wieso ein Asylantrag sieben Monate bearbeitet werden muss?!
Wusstet Ihr?
- Hier findet Ihr Mythen zum Thema Flüchtlinge:
www.zeit.deWer helfen will:
Text: Sonja Ohly
Foto: Blogger-für-Flüchtlinge.de