Ab morgen wird alles besser!
Das Gefühl kennt Ihr, oder? Nach einer langen Silvesternacht oder nach einem Urlaub mit Erlebnisgastronomie – die Vorsätze lauten häufig: Ab jetzt (oder spätestens morgen) wird alles besser. Ich bin in solchen Situation relativ gelassen; bringt ja alles nix, wenn man nicht wirklich bereit ist. Aber wehe ich betrete einen gut sortierten Zeitungsladen. Nehmen wir mal neulich den im Mannheimer Hauptbahnhof. Allein, wenn ich die Titel der dort ausliegenden Zeitschriften überfliege, fühle ich mich erst mal unwohl: Schlecht ernährt, immer in Zeitnot, uninformiert – Einfach zuu viel Inspiration. Wo fange ich an, morgen früh?
Kopfkino – Film ab: Mein Blick wandert nun langsam etwas genauer über die verlockend aufgemachten Buchcover. Allein vom Lesen der Buchtitel, Betrachten der abgebildeten grünen Smoothies oder Menschen mit geschlossen Augen wird man sofort ein besserer Mensch. Dabei fällt mir auf, steht der Mensch sehr im Vordergrund – nur alleine.
Der Rückzug aus dem busy Lifestyle ist offensichtlich das Mantra meiner Generation und das ‚Must-do’ für den Alltag heißt: Meditation. „Wer bin ich, was will ich, was brauche ich oder was fehlt mir? Und wovon habe ich zu viel?“. Innehalten, den Moment wahrnehmen. Geht natürlich alles nur mit Hilfe eines Buches. So wie Sport nur mit farblich abgestimmter Funktionskleidung funktioniert.
Glaubt man diesen Buchrücken schreit gar jede Seele nach einer gründlichen Inventur der eigenen Bedürfnisse kombiniert mit grünem Drink-Salat.
Was genau fehlt uns eigentlich wirklich, denn ich vermisse nichts – schon gar nicht Salatbrühe. Ich schau’ mich am Bahnhof um. Jeder um mich herum hat gerade ein sehr konkretes Ziel und wahrscheinlich den Kopf voller Ideen – was ist daran falsch? Auch ich bin unterwegs, verfolge mehrere Projekt gleichzeitig und fühle mich ziemlich wohl dabei.
Wieso sollen und wollen wir also immer Grundsätzliches in Frage stellen? Ich will hier Meditation und die damit verbundene Entspannung generell nicht in Frage stellen – die Existenz grüner Smoothies hingegen schon –, aber der Weg zu einem ausgeglichen Leben ist meistens viel einfacher als wir denken. Oftmals fehlt uns nur, zu den hundert Ideen im Kopf, die richtige Motivation. Die Dinge, die wir meinen sowieso gut zu können, einfach noch besser zu machen. Steigt diese Motivation, stellt sich die Frage nach den anderen Möglichkeiten gar nicht. Unwichtiges fällt einfach hinten runter.
So ein Besuch im Buch/Zeitungsladen wirkt bei mir jedenfalls fast so gut wie ein Kirchgang. Ich verlasse geläutert den Laden und nehme mir vor: “Ab morgen wird zwar vieles besser, aber nicht alles – denn zusammenfassend habe ich mein Leben eigentlich ganz gut im Griff.”
Text und Foto: Melanie Blankenstein
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