Wacher, präsenter und ein gutes Körpergefühl
Ich kenne Uwe Forgber seit 2000. Der Wahl-Bayer und studierte Architekt ist immer an neuen Themen interessiert – manche verfolgt er mit einer Leidenschaft, die für andere schon mal schwer verdaulich ist. Und da sind wir schon beim Thema gesunde Ernährung, das ihn seit 2011 umtreibt. Im Interview erklärt der Vater zweier erwachsener Kinder: Durch pflanzliche Ernährung fühlt man sich wohler und sie macht Spaß.
Uwe, Du ernährst Dich seit 5 Jahren anders, wie?
Bewusster. Dass wir uns täglich viele Dinge rein stopfen, ohne uns über die Herkunft, Auswirkung oder die Konsequenzen des Essens Gedanken zu machen, geschweige denn über die Quantität nachzudenken, fand ich schlicht unerträglich. Auch körperlich.
Was heißt das genau, bewusster?
Ich wollte keinen radikalen Schnitt. Aber weg von einer Nahrung, die überwiegend aus tierischen Fetten und Kohlenhydraten besteht, hin zu einer bewusst pflanzlich dominierten Ernährung. Und die ist vor allem eins: gemüsebasiert.
Da kriegen manche einen Schreck…
Kann sein, ich will auch niemanden bekehren, aber meine Lieblingsbücher dazu zeigen eine Geschmacksvielfalt, von der ich mich auch habe überraschen lassen. Es gibt Möglichkeiten im vegetarisch-veganen Umfeld, die reichhaltiger sind als wenn man sich traditionell mit vielen tierischen Produkten ernährt. Aber das ist gar nicht der Hauptpunkt.
Sondern?
Man fühlt sich einfach wohler! Und es macht Spaß. Nehmen wir nur
die spielerische Leichtigkeit der italienischen Küche, die finde ich besonders ansprechend. Sie folgt dem Grundsatz der absoluten Einfachheit mit genialem Ergebnis.
Italienisch gleich gesünder?
Die mediterrane Küche gilt jedenfalls nicht zu Unrecht als die gesundeste Küche im europäischen Umfeld. Und sie ist von Kochzutaten geprägt, die in der modernen Literatur zur veganen Kochkultur immer wieder auftauchen; also gemüsehaltige Kost, viele Kräuter und natürlich gute Olivenöle, die ja auch in der Schulmedizin als heilende Fette bekannt sind.
Du bist ein großer Verfechter des Buches ‚Peace Food’, das im Untertitel bereits klar macht, wo Autor Rüdiger Dahlke hin will: ‚Wie der Verzicht auf Fleisch und Milch Körper und Seele heilt’.
Dahlke schreibt sehr pointiert, überspitzt, fast extremistisch, aber das Buch ist ein Augenöffner. Ein kleines Beispiel: Wusstest Du, dass 99 % der Schweine, die in Deutschland verzehrt werden, aus Massentierhaltung stammen? Wo die Tiere teilweise übereinander gehalten werden, so dass sie permanent in der Urin- und Kotdusche stehen; die Tiere haben permanent Stress, das geht bis zum Tod, sie erleben, wie andere Tiere sterben bevor sie dann selbst geschlachtet werden.
Und wir stopfen diese Lebensmittel in uns rein. 60 Kilo Schweinefleisch isst der Deutsche pro Jahr im Schnitt, manche viel mehr. Für mich ein abscheulicher Gedanke.
Gerade Wurst ist für mich mittlerweile Müll. Auch wenn deren Verpackungen so schön aufgehübscht sind – dem Erzeuger ist die Qualität des Inhaltes in der Regel „wurst“.
Sehr düster. Wo ist der positive Gedanke im Buch?
Das gute Thema ist: Unsere geistige Präsenz hängt eng auch mit der Nahrungsaufnahme zusammen, das merkt man schnell im Selbststudium: mal eine Zeitlang nur auf Gemüse- und Obstbasis ernähren, wenn Brot dann möglichst unbehandeltes Korn, also insgesamt leichte Kost und in Maßen essen. Schon nach 1 Woche ist die geistige Leistungsfähigkeit, auch am Abend spürbar höher – verglichen mit einer Woche, in der es heiß herging mit Kohlenhydraten, Weißbrot und möglichst viel Fleischkonsum. Jeder, der sich wirklich dem Thema zuwendet, wird den Unterschied merken.
Man verliert auch das ein oder andere Pfund, oder?
Ja, aber Diät war nicht meine Grundmotivation. Diät ist aber ein großes Thema für mich, wenn ich auf unsere Überfluss-Gesellschaft schaue, die durch einen hohen Anteil fettleibiger Menschen geprägt ist. Und wenn man mal hinter deren Kulissen schaut , liegt das oft nicht an irgendwelchen körperlichen Gebrechen sondern man berührt dann schnell das Thema Kompensation.
Du meinst, zur Verdrängung anderer Themen stopfen wir uns unbewusst voll?
Und zwar gnadenlos! Deshalb steht für mich hinter dem Thema Diät ein noch viel größeres: Am Ende des Tages geht es um Achtsamkeit im Umgang mit dem eigenen Körper und im Umgang mit unangenehmen Themen im eigenen Leben. Die sollte man nicht über die Nahrungsmittel verdrängen sondern anschauen und bearbeiten.
Und dann sind wir alle glücklicher?
So einfach ist es natürlich nicht und ich sage auch nicht, dass der Weg dahin einfach ist. Wir sind konditioniert so zu essen, wie wir es gelernt haben, dahinter stehen Traditionen. Verzicht ist schwer, aber das Ergebnis gut.
Deshalb sprechen wir ja auch… über das weniger ist mehr. Was vermisst Du heute, nach mehr als 5 Jahren?
Nichts. Im Gegenteil. Manchmal esse ich, gern auch mit meinen Kindern, aus Gewohnheit anders; zum Beispiel selbst geschlachtetes Fleisch von Rindern, die auf der Wiese gehalten und geschossen werden. Ein lieber Nachbar von mir versorgt uns damit – aber selbst dann, und die Steaks sind echt super, merke ich die Schwere danach… Auf den Punkt gebracht: Wenn man sich an pflanzliche Ernährung gewöhnt hat, hat man eine höhere Leichtigkeit, man ist wacher, präsenter und es tut dem Körper gut.
Diese beiden Bücher haben Uwe sehr inspiriert:
PeaceFood von Ruediger Dahlke
Meine basische Küche von Sabine Wacker
Mehr über unseren Fleischkonsum.
Foto: Elke Tonscheidt