Baselitz stellt die Kunst auf den Kopf
Baselitz gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Künstler der Gegenwart. Leider bin ich kein großer zeitgenössischer Kunstkenner und hatte noch nie von ihm gehört. Sonja hat eine Ausstellung in der Fondation Beyeler zum 80. Geburtstag des Künstlers besucht. Außerdem hat sie die Vorankündigung für eine Baselitz Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien entdeckt.
Bevor wir nach Basel fahren, mache ich mich aber erst mal ein bisschen schlau: Georg Baselitz ist am 23. Januar 1938 in Sachsen geboren und er sagt, dass die Zerstörung und das Leid des Zweiten Weltkrieges ihn nachhaltig beeinflusst haben. In diesem Zusammenhang erklärte Baselitz in einem Interview mit dem Artforum: „Ich bin in eine zerstörte Ordnung hineingeboren worden, in eine zerstörte Landschaft, in ein zerstörtes Volk, in eine zerstörte Gesellschaft. Und ich wollte keine neue Ordnung einführen. Ich hatte mehr als genug sogenannte Ordnungen gesehen. Ich war gezwungen, alles in Frage zu stellen, musste erneut ‚naiv‘ sein, neu anfangen.“ Ich erfahre auch, dass man Baselitz den deutschen Picasso nennt. Naja, bei fast hundert Werken aus sechs Jahrzehnten kann man das schon mal sagen.
Baselitz und die Fondation Beyeler 
Die Fondation Beyeler in Basel/Riehen ist 127 Meter lang und bewusst als Museum gebaut. Durch den mit Installationen angelegten Park kommt man an einem Seerosenteich vorbei und kann durch eine große Glaswand schon in das Museum hineinsehen. An der Kasse freue ich mich, dass man in Euro bezahlen darf. 50 Euro für die Karte, aber ich bekomme nicht nur Eintritt zur Baselitz Ausstellung Eintritt sondern auch zu der beachtlichen Kunstsammlung der Stiftung Beyeler.
Baselitz im Eimer
Die Baselitz Ausstellung umfasst 90 Gemälde und 12 Skulpturen aus den Jahren 1959 bis 2017. So steht es im Programm. Da muss man schon ein wenig Zeit mitbringen. Im ersten Saal bin ich dann auch schon gleich etwas schockiert. Das Bild heißt ‚Die große Nacht im Eimer‘ und ich bin froh, dass ich das Programmheft dabei habe, in dem das Bild erklärt wird. Es zeigt eine männliche Gestalt mit entstelltem Gesicht. Mit der linken Hand hält die Figur ein überproportionales Glied. Als das Gemälde 1963 zum ersten Mal gezeigt wurde, löste es einen Skandal aus, der Baselitz vor Gericht brachte. Die Provokation ist gelungen.
Baselitz steht Kopf
1969 entwickelte der Künstler dann erstmals seine Idee die Bildmotive ‚auf dem Kopf‘ darzustellen und er gelangt damit zu Weltruhm. Baselitz stellt seine Leinwände aber nicht nachträglich auf den Kopf, sondern gestaltet das Bild schon während des Malens kopfüber. Auch ich bin total begeistert. Mein absoluter Favorit ist das Bild ‚Adler‘. Baselitz hat es mit den Fingern und den Handrücken gemalt. Es zeigt einen angreifenden Adler im Sturzflug. Immer wieder gehe ich vor und zurück und schaue mir das Bild an. Das Malen selbst rückt spürbar in den Vordergrund und ich frage mich wie Baselitz das zustande gebracht hat – mit den Fingern!
Zu meinem Glück ist die Ausstellung in Basel chronologisch aufgebaut. Das hilft mir sehr, die Entwicklung des Künstlers zu verstehen. Aber nicht nur die Gemälde sind groß und beeindruckend. Man findet auch seine erste Holzskulptur, die er 1980 auf der Biennale von Venedig präsentierte oder die beiden Skulpturen ‚Meine neue Mütze‘ und ‚Frau Ultramarin‘, die ihn selbst und seine Frau Elke darstellen. Alles riesig groß.
Mit den vielen Werken aus unterschiedlichen Phasen des Künstlers bekommt man wirklich einen umfassenden Einblick.
Danke Herr Baselitz für die neuen, ohfamoosen Perspektiven. Es hat riesigen Spaß gemacht ihre Werke kennen zu lernen.
Zur Info an alle Baselitz Liebhaber, das Kunsthistorische Museum in Wien zeigt Baselitz ab dem 7. März 2023!
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Fotos: Sonja Ohly