Klassisch depressiv? Und sie schrieb ein Buch …
Wann beginnt „man“ ein Buch zu schreiben? Und mit welcher Motivation? Eine Autorin hat sich an uns gewandt. Mit einem Werk, das sich nicht sofort erklärt, im Gegenteil: Es kommt sehr geheimnisvoll daher. Und Achtung, es ist keine leichte Kost. Aber es zeigt, dass es viele verschiedene Wege gibt, mit seinem Schicksal – z.B. der Diagnose ‚depressiv‘ – umzugehen. Und es versucht, den Blickwinkel auf sogenannte Lebenskünstler zu ändern, die in unserer Gesellschaft vor allem eines brauchen: Eine Begegnung auf Augenhöhe! Also, Bühne frei für „Gestatten, Maggie!“, den Gastbeitrag von Mag Owl.
Wann finden wir den Mut, uns so offen anzusehen, dass wir uns vor uns selbst nicht mehr verstecken können? Vielleicht erst dann, wenn wir keine andere Wahl mehr haben, als dieses Geschenk anzunehmen. So sehe ich es heute, nach vier Jahren Entwicklung, die ich in meinem Buch festgehalten habe. Damit lade ich ein zu einem Dialog, der dem Leser Raum bietet, sich selbst neben mir zu entfalten.
Oder anders gesagt: Dieses Buch wurde bisher nur geschrieben. Vollendet wird es erst durch Dich, meinen Mitautor des Ungesagten, das zwischen den Zeilen steht.
Ich bezeichne mich gern als Autorin ohne Absicht. Was ich damit meine? Denn natürlich bin ich wohl kaum mit einem Stift in der Hand gestolpert und auf Papier gelandet. Aber ich kann mich noch wie gestern erinnern, als ich 2013 zu Stift und Papier griff – ohne eine Ahnung, was ich da eigentlich tat oder was mich erwarten würde. Ich schrieb sechzig Seiten am Stück durch, bis meine Hand weh tat und der Rest von mir endlich schmerzfrei war.
Wer hätte das gedacht, ich bin mitten in mein Leben gestolpert und lernte eine Frau kennen, die bisher verborgen, nur darauf wartete sich auf Papier entfalten zu können. Zugegeben, noch schwer depressiv diagnostiziert…
Aber was ist schon eine Diagnose?
Eine Diagnose ist in erster Linie keine Prognose! Für mich bedeutete sie zunächst Erleichterung, als hätte das Grauen endlich einen Namen, jedoch keinen Grund sich darauf auszuruhen, im Gegenteil. Ich sah hier einen Ausgangspunkt, die nächste Chance in meinem Leben zu wachsen, die nächste Herausforderung.
So vertraute ich freundlichen Ärzten, lief einen Pillenmarathon für jeden Wirkstoff auf dem Markt und zwischendurch wie freundlich be- nein, empfohlen um den See. Als ob im Kreis zu laufen uns neue Wege finden lässt.
Es dauerte eine Weile bis ich begriff, dass ich während der Behandlung in diesem Kontext aufs Wesentliche reduziert wurde, mit der Absicht mich zu normen. Nur war die Norm schon immer ein Kostüm, das mir so gar nicht passen wollte.
Meine Bemühungen mich zu entwickeln, meine Suche nach Antworten und neuen Wegen wurden keinesfalls mit Anerkennung belohnt.
Vielmehr wurde ich müde belächelt, als könne ich die mit dieser Diagnose verbundene Erwartungshaltung nicht erfüllen. Schließlich müsse ich klassisch depressiv sein! Als sei dies ein Preis, den ich zahlen müsse um von der professionellen (?) Hilfe profitieren zu dürfen.
Schubladendenken – das geht einfacher!
Viel zu spät erkannte ich, dass ich in einer Schublade steckte, aus der ich nicht mehr aussteigen sollte. Dies kann uns in allen Lebensbereichen passieren, Schubladendenken ist ein einfaches System. Wir alle haben uns schon einmal dabei erwischt, nicht wahr? Für manche ist es jedoch die einzige Option.
Auch in unserem Gesundheitssystem ist es leider keine Seltenheit. Schmerzhaft ist es immer für diejenigen, die sich darin gefangen sehen, insbesondere wenn sie realisieren, dass keine Energie ausreicht um ihre Situation zu verändern, weil ihr Gegenüber nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, anders zu handeln. Aus dieser Position heraus muss man sich nämlich nicht auf eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe einlassen. In eine Schublade schaut man immer von oben hinein – es ist sehr verlockend.
Schau mir in die Augen, Kleines!
Was tun also, wenn man aus diesem System aussteigen will? Diese Frage stellte ich mir bereits mit dem Stift in der Hand.
Endlich bekam ich, wonach ich mich so schmerzlich sehnte. Jemanden, der mir die Hand reicht, der sich traut mir in die Augen zu sehen, mich anzusehen – ganz. Auf Papier sind alle Wege offen, hier sind wir frei, niemandem Rechenschaft schuldig außer uns selbst, dafür verbindlich.
Hier brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken, können es aber auch nicht vor uns selbst.
Nirgendwo fällt es leichter Mut zu fassen, den Anlauf zu nehmen um in die Realität zu treten und uns zu beweisen.
Der Blick nach vorne
Nach vier Jahren Arbeit und Entwicklung stellte sich die Frage, ob ich das Buch, das mir inzwischen zum Freund wurde, tatsächlich veröffentlichen sollte. Zum einen wurde mir klar wie viel Mut ich aufbringen müsste, etwas so persönliches in die Menschenmenge zu werfen, zum anderen musste ich mir selbst die Frage beantworten, was ich damit erreichen wollte.
Die Antwort war schnell gefunden. Dieses Buch ist nicht nur anders, als alles was ich bisher in den Händen hielt.
Dieses Buch ist der beste Beweis dafür, dass hinter den „grauen Masken“ – wie der Mainstream sie meistens wahrnimmt, weil er dieses Bild vermittelt bekommt – sich oftmals Regenbogen verstecken.
Es sind facettenreiche Persönlichkeiten, die dem Leben mutig und kreativ begegnen. Menschen, die mit einem solch schweren Erbe aus der Vergangenheit durchs Leben balancieren, das manch einen in die Knie zwingen würde – und doch sind sie bereit abzuheben, um neue Perspektiven zu finden, auch wenn sie dabei riskieren aus allen Wolken zu fallen. Dort sehen wir sie dann liegen, nach dem harten Aufprall… vielleicht ängstlich, kraftlos… Siehst du auch dieses Bild entstehen? Das ist die Sockenschublade! Knall sie ruhig zu, hier passt selten etwas zusammen!
Wir wünschen Mag Owl viel Glück mit ihrem Roman. Denn der Kern ihrer Motivation ist es, den Blickwinkel auf solche Lebenskünstler zu ändern, die in unserer Gesellschaft vor allem eines brauchen: Die Begegnung auf Augenhöhe! Ein ohfamooses Ansinnen.
Mag Owl ist ein Pseudonym. Die Autorin lebt mit ihren zwei Töchtern im ländlich gelegenen Heinsberg. Hier entdeckte sie ihre Leidenschaft für den geschriebenen Dialog. Ihr Buch „Gestatten, Maggie!“ ist bei allen einschlägigen Anbietern erhältlich. Mag Owl liebt es, in Bildern zu denken, diese aufs Papier zu bringen und sie so entstehen zu lassen. Das zeigt sich auch im Coverbild Ihres Buches, in dem sie die Geschichte ihrer Entwicklung in einer Momentaufnahme festhält.
Fotos: privat
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