So kommuniziert die Jugend
Wie die Jugend heutzutage kommuniziert und wie sie Nachrichten empfängt, das interessiert Sonja schon lange. Als die neue JIM- Studie erscheint, die das Medienverhalten der Jugendlichen in Deutschland abbildet, ist sie nicht überrascht.
Schreibe ich meinen Nichten eine E-Mail, eine WhatsApp oder doch besser auf Instagram? Diese Frage stelle ich mir öfter. Geht es Euch auch so? Wie kommuniziert ihr mit Jugendlichen? Ich bin mir nie ganz sicher, wie ich meine eigenen Kinder am besten erreiche. Speziell, wenn es etwas Wichtiges ist oder wenn ich möchte, dass sie schnell antworten.
Früher habe ich schön formulierte Emails geschrieben, die schenke ich mir heute. Die werden oft erst spät gelesen, zumal viele nicht nur einen E-Mail Account haben. Mein Sohn Fahim hat sieben oder mehr E-Mail Accounts. Ja, na klar, da sind auch geschäftliche E-Mail- Konten dabei und er ist auch kein Jugendlicher mehr 😉 Trotzdem hört sich das irgendwie stressig an. Da gehört Briefe schreiben ja schon wirklich zum Mittelalter.
Neulich sitzen wir mit meiner 82-jährigen Mutter am Tisch, die sich mittlerweile auch auf WhatsApp und Instagram umtreibt, um mit ihren Enkeln in Verbindung zu bleiben, und im Hintergrund piept ein Telefon siebenmal kurz hintereinander. Mir war sofort klar, das ist ein junger Mensch, der per WhatsApp kommuniziert. Jugendliche schreiben nämlich nicht eine WhatsApp, sondern schicken nach jedem Satz die Nachricht ab.
Ist das ein neuer Trend in unserer Kommunikation?
Ein Statista-Beitrag hat mich auf die neue JIM Studie 2021 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest aufmerksam gemacht und diese bringt Fakten zur Frage: Wie kommuniziert die Jugend.
Fakt 1. Die Jugend kommuniziert anders
Soziale Netzwerke und Messenger sind für viele Jugendliche ein fester Begleiter im Alltag. Sie werden sowohl zur Unterhaltung als auch für die Kommunikation mit anderen genutzt. WhatsApp bleibt 2021 der wichtigste Dienst zur Kommunikation. Laut der Studie nutzen 92 Prozent der Jugendlichen WhatsApp mindestens mehrmals pro Woche. Instagram folgt mit 58 Prozent auf dem zweiten Platz, verliert. TikTok (46 %) hat bei den Jugendlichen weiter an Bedeutung gewonnen und verdrängt Snapchat (42 %) vom dritten Platz.
Während WhatsApp und besonders Instagram regelmäßige Nutzer einbüßen, wächst TikTok um rund 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie die Statista-Grafik zeigt. Auch Facebook hat die Gunst der Jugend wieder zurückerlangt. Etwa 26 Prozent nutzen das Netzwerk mindestens mehrmals die Woche – 2020 waren es nur 17 Prozent.
Kommunikation ganz neu!
Die Studie zeigt auch einen Neueinsteiger im Ranking. Das Kommunikationstool Discord ist unter GamerInnen beliebt, um sich zwischen und während Online-Games zu unterhalten oder zu Chatten. 15 Prozent der UmfrageteilnehmerInnen nannten Discord als häufig genutzten Dienst.
Na pronto, denke ich, schon wieder was Neues. Die Snapchat-Phase habe ich bewusst ausgelassen und mit TikTok kann ich mich irgendwie nicht anfreunden. Ich bin eher nicht der „ich dreh mal ein flottes Video von mir-Typ“. Nun, vielleicht muss man sich ja nicht selbst inszenieren, sondern konsumiert einfach nur das, was auf TikTok geboten wird. Aber wer hat die Zeit, diese ganzen Filmchen zu schauen? Corona lässt grüßen!
Fakt 2. Die Jugend fühlt sich sicher
Wenig sensibel zeigen sich die Jugendlichen, wenn es um den Datenschutz auf diesen Plattformen geht. Nur ein Drittel der Jugendlichen hat in Bezug auf die Sicherheit persönlicher Daten Bedenken, so die JIM Studie. Gerade auf Sozialen Netzwerken werden persönliche Informationen anhand von Fotos, Videos oder anderen Beiträgen geteilt. Manchmal ohne das Bewusstsein darüber, wie viele Informationen über die eigene Person in Posts oder im Profil stecken. So können beispielsweise anhand von Hobbys, Wohnort und Schule sehr leicht individuelle Bewegungsprofile erstellt werden.
Fakt 3. Hass und Fake News machen vor Jugendlichen nicht halt
Das Internet bietet neben vielen Chancen zum Lernen, Kommunizieren, Kreativwerden mit seiner Fülle an Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten auch eine Plattform, auf welcher Jugendliche mit negativen Dingen konfrontiert werden können. Neben der Gefahr der Konfrontation mit jugendgefährdenden Inhalten sind es zunehmend Risiken durch Desinformation. So sind vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der Bundestagswahl Fake News und Verschwörungstheorien stärker in den Fokus gerückt.
Hass und Hetze im Netz
Wenig erfreulich ist, dass 58 Prozent der Jugendlichen allein im Monat vor der Befragung mit Hassbotschaften im Internet konfrontiert wurden, 56 Prozent mit extremen politischen Ansichten sowie etwa die Hälfte mit Verschwörungstheorien und beleidigenden Kommentaren. Fake News liegen bei 42 Prozent. Lediglich 23 Prozent der Jugendlichen konnten von sich sagen, im letzten Monat mit keinem dieser Phänomene konfrontiert worden zu sein. Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig die Förderung eines sicheren und kompetenten Umgangs mit aggressivem und hasserfülltem Verhalten im Netz ist. Ich hatte ja schon mal ein Quiz zur Medienkompetenz im Netz gepostet. Vielleicht macht Ihr das selbst mal. Hier geht’s zum Quiz.
Ich kann die Studie wirklich jedem empfehlen, der selbst Kinder hat oder mit Jugendlichen arbeitet. Auf 65 Seiten gibt die Studie noch mehr Einblicke in den Medienumgang und die Freizeitgestaltung von Jugendlichen.
Zur Studie:
Die Studienreihe JIM (Jugend, Information, Medien) wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest seit 1998 jährlich in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk (SWR) durchgeführt. Die repräsentative Studie bildet das Medienverhalten der Jugendlichen in Deutschland ab. Alle Ausgaben der JIM-Studie von 1998 bis 2021 sind als PDF auf www.mpfs.de abrufbar.
Foto: Statista, Pixabay