"Wie ein Popstar"

Wer macht in Köln im OB-Wahlkampf das Rennen?

Unterwegs mit Torsten Burmester

Als Elke kürzlich wieder im Wahlkampf eintaucht, diesmal in Köln, merkt sie: Wahlkämpfe begleiten sie schon wirklich lange. Als Jugendliche eher unpolitisch, aber kommunikativ (Typ Kneipenkind 🙂 ), schreibt sie ihre Magisterarbeit über: Wahlkampfstrategien. Dann lernt sie in Dresden einen Landtagswahlkampf kennen, in Bonn mischt Elke später im Bundestagswahlkampf 1994 (Rote Socken …) und 1998 mit – im letzteren verlor „der Dicke“, wie man Helmut Kohl amüsiert nannte, seine Mehrheit. Nach bekanntlich 16 Jahren. Hier Elkes Bericht über den OB-Wahlkampf am Kölner Rhein.

Jetzt sind es wieder fast 16 Jahre her … und, zack, beschäftigt mich der Kölner Oberbürgermeisterwahlkampf. Nicht nur als Wählerin, und hier kommt mein erster und wichtigster Appell: Leute, geht wählen. Gerade die viertgrößte Stadt Deutschlands wurde so unter Niveau regiert, dass es jetzt nur besser werden kann.

Und in der Stichwahl sind zwei Kandidaten, die – der eine rot, die andere grün – zumindest mal nicht für Populismus oder anderen Irrsinn der Geschichte stehen.

Beide wählbar – aber mit durchaus sehr unterschiedlichen Ansätzen!
Im Wahlkampf mit Berivan Aymaz und Torsten Burmester

Wie unterschiedlich die beiden sind, lerne ich, als ich erst die Kandidatin der Grünen, Berivan Aymaz, begleite, später ihren Konkurrenten Torsten Burmester. Der SPD-Mann verschweigt auch auf den Plakaten seine Partei nicht. Die Grüne schon. Dass die seit 45 Jahren in Köln lebende Kurdin ihre Wahlkampfwerbung komplett ohne Logo ihrer Partei gefahren hat, ist für Aymaz Ausdruck dafür, für wirklich ALLE Bürger anzutreten und nicht nur für die Klimaschutzpartei. Andere Stimmen sind da negativer. So schreibt mir Sven Hansel, Urkölner und Journalist, für ihn „fische“ Berivan Aymaz damit „unter anderem auch im Migrantenmilieu. Dass sie dabei die Partei, für die sie antritt, somit verschweigt, finde ich bedenklich.“

Viele Medien nehmen die Kölner Wahl wahr – immerhin ist die Domstadt die größte Stadt in NRW.

Beide Kandidaten vereint: Sie gehen sehr fair miteinander um (Stand 21.9.25) und setzen beide auf Positives. Berivan Aymaz spricht von einer wahren „Aufbruchstimmung“, als ich sie eine Woche vor der Wahl treffe. Man glaubt ihr, wie sehr sie für die Stadt „brennt“, ihre Migrationsgeschichte ist bedeutend, rührt. Auch die Redakteurin von Rudaw, ein Mediennetzwerk aus Kurdistan, berichtet, wie „unglaublich“ das Interesse an ihr sei. Logisch, denn sie wäre dann die erste kurdisch-stämmige Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt.

Konservative Kräfte setzen in Köln eher auf ihn: Torsten Burmester. Der Mann – „Typ niedriger Ruhepuls“, wie ihn die FAZ beschrieb – überzeugt mich erst auf den 2. Blick. Als ich ihn auf einem SPD-Sommerfest kennenlerne, bin ich wirklich überrascht, wie sehr er ins Gespräch geht. Sich persönlich interessiert, nachfragt.

Auf dem SPD-Sommerfest trifft Elke den OB-Kandidaten Torsten Burmester und Jürgen Roters (r.)

Burmesters Konzept: Nähe herstellen, indem er überall hingeht und hinguckt. Zwei Stunden bin ich mit ihm vor zwei Wochen durch ein kölsches, leider als Problemviertel bekanntes Veedel, den Kölnberg, gezogen. Immer geht er der Situation auf den Grund. „Ich möchte ehrlich wissen, welche Probleme andere haben“, sagt er. Und auch das: „Wenn ich dann gewählt bin, muss ich auch für die letzte Rolltreppe verantwortlich sein.“

Torsten Burmester im Gespräch mit jungen Männern am Kölnberg

Seine Parteikollegin Heidi Irlenbusch, die mit ihm und anderen Genossen durch die Kölner Südstadt zieht, schwärmt fast: „Wie ein Popstar“ spreche Burmester die Leute an. Ein Vergleich, den er selbst nicht so gern hört. Ein Hinweis jedoch dafür, dass die Partei hinter ihm steht.

Das scheint übrigens auch für die Kandidatin der Grünen zu gelten. Sie genieße das richtig, erzählt mir Aymaz‘ Sprecherin Esther Kings, der Wahlkampf trage sie. Auch die OB-Kandidatin der Grünen geht schnell in Kontakt. „Ach, wie schön, da ist ja Berivan“, höre ich oft, als wir über den Brüsseler Platz schlendern. Und „wie sie immer winkt“, lächelt die junge Grüne. Es macht Spaß, die Wahlkampfbasis der beiden Parteien zu beobachten!

Immer bereit für ein Gespräch: Berivan Aymaz mitten in Köln.

Burmeister – Bauernmeister

Erkennt man Burmester nicht sofort, geht er direkt auf die Leute zu. „Ach wie schön, dass Sie uns ansprechen“, lachen zwei Damen im Brauhaus. An der Theke outet sich ein Handwerker, lange im Ruhestand: „Ich war einer der wenigen meiner Branche, die immer SPD gewählt haben.“ Und natürlich möchte auch die Geschäftsführerin der Kölner IG Gastro mit aufs Foto. Primetime mit Burmester – der Name stammt übrigens aus dem Norddeutschen, heißt wörtlich etwa „Meister der Bauern“ oder „Bauernmeister“.

Auch Maike Block trifft den OB-Kandidaten gern.
Ab in die Stichwahl – 13 Millionen dürfen nochmal wählen

Am 28. September 2025 heißt es für rund 13 von 18 Millionen Nordrhein-Westfalen: Ab in die Stichwahl. Für beide Kölner Kandidaten gilt: Sie wollen positive Erzählungen über Köln ermöglichen – wieder muss man sagen. Denn die Reker-Jahre haben der Stadtgesellschaft einiges zugemutet, vieles blieb liegen. Nehmen wir nur diese Zahl:

80% der Kölner Sportstätten gelten als sanierungsbedürftig! Das ist kölsche Realität und mindestens genauso viele Kölnerinnen und Kölner sind mit der Stadtpolitik unzufrieden.

Nun wissen wir, dass der Mensch gern das nach außen trägt, was ihm missfällt (wir von ohoo gehen dagegen seit 11 Jahren konsequent an!). Klagen kann jeder, aber richtig machen, das tun weniger. Der Grund für Burmester, „in der Endphase der Ampel, als keiner mehr einen Pfifferling auf kommunale Politik gelegt hat“ ins Rennen zu gehen. Weshalb er nun, mit einem anderen Puls, die Leute zur Wahlurne treibt.

Die CDU Köln stellt sich hinter die SPD

Am Sonntag, 28.9.2025, wählen wir in Köln unsere Stadtspitze. Wir haben, darüber kann man stolz sein, kein großes Problem mit rechts. Und ich finde es respektabel, dass der unterlegene CDU-Kandidat, Markus Greitemann, dazu aufruft, Torsten Burmester zu wählen. Der fasst die Stichwahl kurz so zusammen: „Frau Aymaz ist Imi wie ich – sie ist türkischer Abstammung, ich komme aus dem Remscheider Arbeitermilieu.“

Wer nicht weiß, was das bedeutet: Imi ist in Köln liebevoll abgeleitet von „enne imiteete Kölsche“, was so viel heißt wie ein imitierter Kölner; gemeint sind Zugezogene, die wie Kölsche leben.

In Köln wird sich am Wahlsonntag zeigen, wer im Straßenwahlkampf am erfolgreichsten war. Eine linke Mehrheit existiert in der Domstadt durchaus – manche sagen, dieser Block komme in Köln, rechne man alle grün-linken Minifraktionen zusammen, auf 62 Prozent. Aber wählen die grün oder rot?

Ein Journalist der WELT zieht zur NRW-Kommunalwahl folgendes Zwischenfazit: „Spannend ist vor allem aber, wo die SPD reüssierte: Dort, wo sie auf das Motto „sicher und sauber“ setzte, also auf innere Sicherheit und öffentliche Ordnung; dort, wo sie diese vermeintlich bürgerlichen Themen nicht AfD und CDU überließ.“

Hat die SPD entdeckt, wie es für sie wieder nach oben gehen könnte?
Elke Tonscheidt
Elke Tonscheidt, die selbsternannte Energiebündlerin, liebt und lebt in Köln. Neben ihrer Arbeit bei ohfamoos schreibt sie auch für andere Medien, besonders gern Porträts und Reportagen. Sie vernetzt sich gern, hat ein Start-Up mit gegründet und war einige Jahre in der politischen Kommunikation tätig.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 21. September 2025 veröffentlicht
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