Papa, PR-Profi und die Bundeswehr

Timo Mügge hat früh Verantwortung übernommen

Das Wort Bundeswehr kommt in ohoo-Berichten genau dreimal vor, und das am Rande. Es wird also Zeit! So hat Elke einen Mann besucht, der Reserveoffizier werden will: Timo Mügge. Der Wahl-Kölner leitet in der Uniklinik Köln seit vielen Jahren die Unternehmenskommunikation und das Marketing. Kennengelernt haben sich die beiden schon Ende der 90er Jahre – als Elke noch Sprecherin der Konrad-Adenauer-Stiftung war. Auf der Plattform LinkedIn posten beide rege und fielen sich gegenseitig wieder auf – insbesondere, als Timo plötzlich seinen Anzug für die Flecktarn-Uniform tauschte. Was hat es damit auf sich, wollte sie wissen, und radelte zur Uniklinik …

Interview in der Uniklinik Köln, im Büro von Timo Mügge.

Timo Mügges 1. Kontakt mit der Bundeswehr ist lange her – direkt nach seinem Abi im Jahr 1996 leistete er seinen Grundwehrdienst. Schon damals mit voller Überzeugung und einer großen intrinsischen Motivation. Timo arbeitete bei der Luftwaffe im Pressezentrum, als Redaktionssoldat. Nach seiner militärischen Grundausbildung erhielt er dort tiefe Einblicke in die Truppe, schrieb erste Reportagen. „Ich habe meinen Grundwehrdienst als sinnvoll erlebt, weil ich schon damals einen aktiven Beitrag für Demokratie und Freiheit leisten wollte.“

Den Kontakt zur Bundeswehr verlor der heute 49jährige nie. Auch wenn die Bundeswehr im Alltag keine direkte Rolle spielte, sie war über befreundete Soldaten und als Thema stets präsent.

Ein Weckruf und eine persönliche Zeitenwende!

Timo Mügge im Interview mit Elke Tonscheidt

Timo, Du leitest den Bereich Unternehmenskommunikation und Marketing der Uniklinik Köln. Weshalb nimmst Du Dir neben Job und Familie Zeit für die Bundeswehr?

Timo Mügge: Auslöser für meine Bewerbung bei der Bundeswehr war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Der Bundeskanzler sprach 2022 von einer Zeitenwende – und auch für mich waren die Ereignisse ein Weckruf und eine persönliche Zeitenwende.

Warum?

Ich habe gespürt, dass spätestens mit dem russischen Großangriff auch unsere Sicherheit in Deutschland und Europa bedroht ist und für diese wollte ich wieder einen aktiven Beitrag leisten. Ein weiterer Aspekt meiner Motivation liegt daran, dass ich mich seit meiner Jugend bereits gesellschaftlich engagiert habe, sei es in Vereinen oder in der Kommunal- und Landespolitik. Berufliche Karriere und Familie haben dieses Engagement länger in den Hintergrund treten lassen. Jetzt gab es einen konkreten Anlass, mein gesellschaftliches Engagement wieder hochzufahren, diesmal bei der Bundeswehr.

Timo Mügge bei der Ausbildung

Sprich, Du fühltest schon als Jugendlicher eine Verantwortungsbereitschaft für die Gesellschaft? Wie schauen Deine Kinder heute darauf, auch auf Dich?

Sie finden das gut und begleiten mein Engagement sehr interessiert und offen. Natürlich sind die Fragen und Gespräche mit den Teenagern differenzierter als mit den 10jährigen. Zu Beginn gab es große Augen, wenn der Papa statt in Anzug in Flecktarn das Haus verlässt. Da folgten viele Fragen und offene Gespräche.

Und wie reagiert Deine Frau?

Sie respektiert mein Engagement, da sie weiß, dass es für mich ein sehr wichtiges Anliegen ist. Sie spürt und erlebt, mit welcher Ernsthaftigkeit und Konsequenz ich mich der berufsbegleitenden Ausbildung zum Reserveoffizier stelle.

Weil die Bundeswehr ein Teil von Dir ist?

Durchaus. Und bei vier Kindern brauche ich natürlich auch ihre Unterstützung, wenn ich nicht zuhause bin.

Das Handelsblatt hat Dich kürzlich auch interviewt, hier ist von drei Lehrgängen die Rede.  

Genau. Der Reserveoffizierslehrgang außerhalb des Wehrdienstes gliedert sich in drei Module, die in meinem Fall an der Offizierschule des Heeres in Dresden stattfinden. Jedes Modul dauert etwa drei Monate und gliedert sich in drei Teile: der 1. Teil bedeutet eine knappe Woche Präsenz an der Offizierschule, der 2. Teil findet in Präsenz auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz statt und der 3. Teil wieder an der OSH in Dresden.

Außerhalb der Präsenzphasen findet Unterricht im Rahmen von Videokonferenzen statt. Der gesamte Reserveoffizierslehrgang ist auf etwa drei Jahre angelegt.

Wie bist Du überhaupt genau dahin gekommen?

Ich hatte mich initial ganz einfach für die Mannschaftslaufbahn bei den Heimatschutzkräften beworben. Im Rahmen des obligatorischen Beratungsgespräches mit einem Berater im Karriere Center der Bundeswehr wurde mir empfohlen, mich aufgrund meines beruflichen Hintergrundes für die Reserveoffizierslaufbahn zu bewerben. Daraufhin bin ich zum Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr eingeladen worden, welches ich erfolgreich absolviert habe. Im Anschluss begann meine militärische Ausbildung. Zwei der drei Module des Reserveoffizierslehrgangs habe ich jetzt im Herbst 2025 erfolgreich absolviert.

Wie muss man sich eine solche Ausbildung vorstellen?

Die Ausbildung an der Offizierschule des Heeres (OSH) besteht aus Präsenzphasen und Onlineunterricht. In den Modulen lerne ich Menschenführung im militärischen Kontext, das Konzept der Inneren Führung der Bundeswehr, Politische Bildung, Führen im Einsatz mit militärischer Taktik sowie viel Wehrrecht. Jedes Modul beinhaltet Vorträge und eine Abschlussprüfung. Auf dem Truppenübungsplatz wird die Theorie in die Praxis jenseits persönlicher Komfortzonen überführt. Die Ausbildung an der OSH wird mindestens einmal pro Jahr durch Truppenpraktika bei meinem Beorderungstruppenteil ergänzt.

Diese hybride Bedrohung ist nicht zu übersehen.

Was passiert da?

Dort werde ich sukzessive auf meine zukünftigen Aufgaben als Reserveoffizier vorbereitet. In meinem Fall bin ich beim Amt für Heeresentwicklung in Köln beordert – der Think Tank des Deutschen Heeres. Dort bin ich in der Informationsarbeit eingesetzt, wo ich zivilberufliches Know-how mit militärischer Stabsarbeit verbinden kann.

Ist hier das Stichwort Drohnen angebracht?

Absolut, die Erprobung von Drohnen ist ein wichtiges Themenfeld des Amtes für Heeresentwicklung. Das Aufgabenspektrum geht aber natürlich noch weiter. Es werden hier ganzheitlich alle Grundlagen für zukünftig benötigte Fähigkeiten im Heer erarbeitet.

Wie beurteilst Du ganz persönlich die derzeitige Situation, wieviel größer ist die Anspannung heute als vor zwei Jahren?

„Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden“, hat Bundeskanzler Friedrich Merz zuletzt gesagt. Diese Einschätzung teile ich. Cyberangriffe, Drohnenflüge, Luftraumverletzungen und starke Aktivitäten im Informationsraum sprechen hier eine deutliche Sprache. Diese hybride Bedrohung ist nicht zu übersehen und diese führt auch bei mir zu einer großen Ernsthaftigkeit, die mein Engagement bei der Bundeswehr prägt.

Du bist – wie ich – gut aktiv auf LinkedIn. Auf dieser Online-Plattform habe ich erst davon erfahren, dass Du diese Ausbildung machst. Sobald Du das öffentlich machst, wird viel geklatscht, die Kommentare sind total positiv. „Timo, so super“, das ist der Tenor. Fühlst Du Dich als Vorbild?

Ich finde, dass mein Engagement bei der Bundeswehr einen Beitrag für unsere Resilienz leistet. Ich mache das aber nicht, um Beifall zu bekommen. Ich poste das manchmal bei LinkedIn, um mein Umfeld für Demokratie und Freiheit zu sensibilisieren und einen Weg zu zeigen, wie man sich dafür einsetzen kann. Ich versuche es ins Bewusstsein derer zu bringen, für die das alles weiter weg ist. Als Vorbild empfinde ich mich nicht.

Hat die Bundeswehr Akzeptanz-Probleme?

Die Uniform sorgt für Aufmerksamkeit

Durch die weiterhin ausgesetzte Wehrpflicht hat die Bundeswehr das Problem, nicht mehr in der Gesellschaft so verankert zu sein, wie es zu meiner Grundwehrdienstzeit üblich war. Da können neben aktiven Soldaten auch wir Reservisten einen Beitrag leisten, um die Relevanz deutlich zu machen. Ich versuche diesem Ansatz in einem überschaubaren Rahmen nachzukommen.

Und was passiert dann?

Es klappt: Ein Foto von mir in Flecktarn sorgt für einige Reaktionen im Netz und in meinem beruflichen und privaten Alltag. Zudem hat der offene Umgang mit meinem Engagement dazu geführt, dass sich einige Leute für die Reserve der Bundeswehr interessieren – und erste Bekannte haben sich jetzt sogar schon beworben.

Du schaffst Sensibilität für ein schwieriges Thema …

Unsere Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Ich glaube, dass wir als Gesellschaft viel resilienter werden müssen, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. Zudem kann jeder einen Beitrag für den Erhalt und die Ausgestaltung der Demokratie leisten. Dabei ist es egal, ob es sich um ein ehrenamtliches Engagement in Vereinen, Hilfsorganisationen, demokratischen Parteien oder eben der Bundeswehr handelt.

Vielen Dank für das Interview, Timo!

Timo Mügge (49) engagierte sich in der Kommunal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Während seines Studiums der Politikwissenschaft an der Uni Bonn arbeitete er studienbegleitend bei der Konrad-Adenauer-Stiftung – wo Timo und Elke sich auch Ende der 90er Jahre kennenlernten.

Timo arbeitete im Folgenden bei der Lufthansa Cityline und der Helios Kliniken Gruppe, wo er zuletzt den Bereich Unternehmenskommunikation und Marketing der Helios Kliniken in Norddeutschland leitete. 2011 kehrte er ins Rheinland zurück, ist seitdem bei der Uniklinik Köln verantwortlich für Unternehmenskommunikation und Marketing. Sitzt er nicht am Schreibtisch oder übt im Gelände, ist er bei seiner Familie. Seinen Kopf frei bekommt er durch sein Hobby Laufen.

Timo Mügge am Rande seiner Ausbildung zum „Einsatzersthelfer Alpha“. Taktische Medizin.
Elke Tonscheidt
Elke Tonscheidt, die selbsternannte Energiebündlerin, liebt und lebt in Köln. Neben ihrer Arbeit bei ohfamoos schreibt sie auch für andere Medien, besonders gern Porträts und Reportagen. Sie vernetzt sich gern, hat ein Start-Up mit gegründet und war einige Jahre in der politischen Kommunikation tätig.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 9. November 2025 veröffentlicht
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