Warum ist Bio wichtig? Was sagt dazu der Mann, den die Süddeutsche Zeitung schon 2009 einen „Kämpfer für die Natur“ nannte und ihm ein großes Porträt auf Seite drei widmete? Friedrich Lehmann weiß vielleicht nicht alles, aber enorm viel über die Biobranche. Warum und was, erfahrt Ihr im Interview.

Elke (Jahrgang 67) kennt den Mann, der bereits in den 80erJahren den ökologischen Landbau entdeckte, von Kindesbeinen an. Da gab es auch noch Lehmann Senior mit seinem kleinen Gemüsehandel mitten im Bergischen Land. Herrlich, sich zwischen den Kartoffelkisten zu verstecken  🙂

1972 übernimmt Friedrich Lehmann das väterliche Geschäft, baut es sukzessive aus- und um. Bio? Erst mal kein Thema, natürlich.

Längst ist Lehmann Natur jedoch heute einer der größten Bio-Obst & -Gemüse-Importeure Europas. Im Interview erfahrt Ihr mehr über den Lebensweg eines Mannes, der schon der SZ anvertraute: „Geld allein ist keine Garantie für Zufriedenheit.“

Herr Lehmann, kürzlich habe ich einen Obst- und Gemüsehändler gefragt, warum er kein Bio anbietet. Da halte er nichts von, war die Antwort. Warum können manche immer noch wenig mit Bio-Lebensmitteln anfangen?

Friedrich Lehmann: Die Frage, wie ernähre ich mich, ist eine Frage des Bewusstseins. Wenn die Frage „Wer bin ich?“ nicht wach wird, habe ich auch kein Bewusstsein dafür, wie ich mich gut ernähre und herausfinde, was zu meinem Körper passt. Wenn jemand anfängt, sich dafür zu interessieren, kommt er automatisch auf den richtigen Weg.

Wer sich gesund ernähren will, denkt an Bio. Welchen Gütesiegeln kann man trauen?

Zur Qualität gibt es die Biosiegel der Anbauverbände. Als „Mercedes“ würde ich Demeter bezeichnen; wir wollten aber noch mehr, gehen deshalb mit Permakultur den Königsweg!

Bio und Permakultur

Permakultur gilt als Weiterentwicklung des biologischen Landbaus…

Genau, und berücksichtigt die Zusammenhänge komplexer Ökosysteme und die dauerhaft funktionierenden, nachhaltigen, naturnahen Kreisläufe. Immer mehr Verbraucher sehen das, propagieren das auch.

Permakultur fokussiert sich über ökonomische und nachhaltige Aspekte hinaus vor allem auf die ersten 15–20 cm unseres Bodens.

Diese Humusschicht ist ein hochkomplexes, unglaublich sensibles und sich permanent selbstaufbauendes System, wenn man es nicht durch chemische Mittel, Dünger usw. zerstört.

Haben sich Dir diese Zusammenhänge auch durch das Leben auf Deiner Finca in Andalusien erschlossen?

Ja, das ist enorm wichtig. Gerade aber auch meine Reisen in Südamerika haben mir gezeigt: Oberste Priorität muss sein, die Natur so zu schützen, dass auch nachfolgende Generationen noch in und mit ihr gut leben können. Alles andere ist Kamikaze.

Gehen Ihre Handelspartner, die täglich die besten landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus aller Welt erwarten, diesen Weg mit?

Der Druck in unserer Gesellschaft auf die Unternehmen, nachhaltig zu agieren, steigt. Es gibt große Handelsketten wie z.B. REAL, die Permakultur mit nach vorne bringen wollen.

Eine alte Weisheit sagt: Was nichts kostet, ist nichts wert. Wie viel teurer muss Bio sein?

Es gibt kein preiswerteres Produkt als ein gutes Bioprodukt. Bei allen anderen, konventionellen Produkten werden die externen Kosten nicht mit gerechnet. Wer zahlt die Rechnung, wenn die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen kaputt sind? Was dann?

Schon heute sind nur noch ca. 11% der weltweiten Bodenfläche landwirtschaftlich nutzbar.

Wie erklärt es sich, dass Ware, die z.B. im Supermarkt günstig verkauft werden kann, trotzdem gut im Sinne von gesund ist?

Der Supermarkt kann manchmal aus logistischen Gründen günstiger sein. Besser ist es jedoch im Biomarkt einzukaufen.

Können denn kleine Bio-Läden genauso frische Waren anbieten wie ein Discounter?

Wenn sie auf Zack sind, ist das kein Problem. Frische ist eine Sache des Herzens und der Intelligenz.

Was würdest Du Deinem Baby zu essen geben?

Aus heutiger Sicht nur Rohkost aus ökologischem Anbau. Lies mal das Buch von Andreas Campobasso zur Umkehr des Alterungsprozesses…

Was beherzigst Du selbst in puncto gesunde Ernährung?

Die besten Empfehlungen für ein zufriedenes Leben: Rohkost, Ruhe, Bewegung und ein frohes Gemüt.

Wie kontrolliert Lehmann Natur und als einer der größten Bio-Obst & -Gemüse-Importeure Europas seine Lieferanten?

Wir haben eine sehr strenge QM-Abteilung, arbeiten nur mit Produzenten, die wir persönlich kennen und denen wir trauen, bauen auf eigenen Farmen, eben auch in Andalusien, selber nach Permakultur an. Die Natur hat eine solche Power, das ist für uns noch nicht begreifbar… mit Permakultur können wir 20 Milliarden Menschen ernähren, zu fairen Preisen mit TOP Qualität.

Vielen Dank für das Interview!

Wusstet Ihr?

• Eine gute Übersicht der Biosiegel gibt es hier.

• Im Goldmann-Verlag erschienen ist dieses von Lehmann empfohlene Buch.

• Mit Biodirekt bietet Lehmann auch einen Bio Online-Shop für frisches Obst und Gemüse.

 

Fotos: www.biodirekt.de