Lasagne al Löwenzahn
Unkraut als Delikatesse? Angela Schult, die ich 2000 als Übersetzerin komplexer Software-Texte kennenlernte, meint: Ja warum denn nicht kochen mit Löwenzahn? Als die drahtige Wahl-Münchnerin vor Jahren ihre Leidenschaft fürs Bergsteigen entdeckte, war es nur ein kleiner Schritt hin auch zu dem, was da am Wegesrand so wächst: Wildkräuter zum Beispiel. Die packt Angela heutzutage mit Liebe auf Salate, stellt Pesto mit Kräuter-Power her – und wird uns auch ganz andere Geheimnisse ihrer Kochkünste verraten. Leckere Rezepte ab jetzt regelmäßig auf ohfamoos.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, vergessene, aber hochwertige Lebensmittel aus der Natur zurück in unsere normale Küche zu zaubern?
Als begeisterte Bergsteigerin bin ich durch meine Kräuter-Liebe im Laufe der Jahre auf wilde Gemüse und Kräuter gestoßen, die ich gesammelt und bestimmt habe. So kamen außer der wilden Minze der Majoran dazu, Bärlauch, wilde Möhre, Löwenzahn, Spitzwegerich, Pilze, Beeren und zahlreiche Wildpflanzen mehr. Um diese sinnvoll zuzubereiten habe ich angefangen, meine Lieblingsrezepte in der Alltagsküche mit diesen Zutaten zu ergänzen und einige Zutaten zu ersetzen. So entstand z.B. meine Lasagne mit Wildkräuterspinat.
Gesund und kreativ, ist das nicht teuer und aufwendig?
Nein. Uns steht eine Vielzahl an Schätzen in der Natur zur Verfügung, hochwertig und kostenlos. Das Grün von Radieschen z.B. verarbeite ich zu einem Pesto – eine köstliche Kombination aus milder Schärfe und Würze. Oder warum immer Basilikum in die Tomatensauce streuen? Grob gehackter Löwenzahn schmeckt auch sehr lecker. Zur Bärlauchzeit schnell ein „Hammerpesto“ selbst herstellen, genauso wie ein Pesto aus Löwenzahn und Brennnesseln. Und Giersch, welcher Gartenbesitzer kämpft nicht dagegen an? Ab in den Topf damit!
Ist das nicht alles „Unkraut“?
Absolut nicht. Eher Urkraut 🙂 Und genau deshalb, weil es viele nicht mehr wissen, möchte ich es wieder ins Gedächtnis zurückrufen. Oder das, was oft als Abfall vom Gemüse ab gerupft wird, wie z.B. die Blätter der Roten Beete. Das kann ein tolles Gemüse sein. Ich habe seit 5 Jahren einen Acker, auf dem ich alles anbaue, was in Oberbayern wächst: Salate, Karotten, Kohl aller Sorten, Kartoffeln usw. Und ich habe mich gefragt: das Grün der Karotten, die Blätter von der Roten Beete – wirklich alles in die Biotonne? Das sind sehr wertvolle Gemüse, die oft mehr Vitamine enthalten als die Knolle selbst. Eine sommerliche Minestrone mit den Blättern der Kohlrabiknollen zum Beispiel, sensationell würzig.
Was aber, wenn manche nicht gern sammeln oder sich einfach die Zeit dafür nicht nehmen können/wollen?
… dann kann man auch auf dem Balkon oder der Fensterbank einfach selbst in Töpfen einige Kräuter ziehen. Man glaubt es oft nicht, doch lohnt es sich, nur wenige Schritte weiter auf Grünflächen oder in den Wald zu gehen. Vieles liegt wirklich am Wegesrand, es wurde nur vergessen. Zum Beispiel Wiesenblüten – wie oft werden sie in edlen Restaurants auf Salaten drapiert? Kann man alles schnell selbst pflücken, waschen, fertig! In Kübeln, Kisten und Töpfen lassen sich problemlos essbare Blüten wie Kapuzinerkresse, Löwenzahn, Borretsch, Schlüsselblumen, Frauenmantel etc. anbauen. Und auf dem Markt kauft man das hochwertige Gemüse ja meist mit Blattgrün, das ergibt dann zusätzliche Gerichte.
Kann man das alles auch konservieren?
Klar. Das Thema Konservierung ist ein wichtiger Punkt, damit wir auch im Winterhalbjahr auf diese Produkte zurückgreifen können. Ich stelle unterschiedliche Pesto-Variationen her, die in Gläschen gefüllt in der Eistruhe monatelang haltbar sind. Oder lege Gemüse in Öl oder Salz ein, koche Sirup in allen Geschmacksrichtungen, trockne und friere Pilze ein; die Möglichkeiten sind unendlich…
Was rätst Du uns für den Herbst?
Im frühen Herbst finden wir noch Kräuter wie Löwenzahn, Brennessel, Dillblüten. Jetzt reifen auch endlich die Brombeeren und Pilze schießen aus dem Boden. Auf dem Markt haben noch Zucchini Saison, diese können auf unterschiedlichste Art gefüllt werden. Auch mal mit Lamm oder Rind, das passt zudem bestens zu Pilzen und Dillblüten. Brombeerdressing für Wildkäutersalate, karamellisierte Möhren aus dem Ofen mit frischem Möhrengrün… all das liefert uns die Natur pur, wir müssen nur zupacken!
Angela Schult wird uns kontinuierlich auf ohfamoos alle paar Wochen einen Teil ihrer Ideen „servieren“ – so ist zum Beispiel geplant, im Oktober Rezepte für köstliche Kürbis-Currys zu bringen. Ihr könnt der gebürtigen Berlinerin, die zwei erwachsene Kinder hat, auch auf Instagram folgen!