ROADS – ein Roadmovie über die Freundschaft
Kinoabende können witzig sein. Manche sind ganz anders – sie erden und zeigen, was wirklich wichtig ist. So wie ROADS, der neue Film von Sebastian Schipper. Interessanterweise bekam ich die Einladung zur Publikumspremiere von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und habe dreimal hingeschaut. Denn dass eine politische Stiftung ein solches Roadmovie zeigt und unter den Gästen Vertreter von Amnesty International sind, das bedeutet etwas – und dann findet die Premiere auch noch statt im fast legendären Programmkino Cinenova …
Der Film über die oft sentimental stimmende Freundschaft zweier Jungs, die sich zufällig in Marokko treffen und gemeinsam bis Nordfrankreich touren, verfolgt mich. Er ist bewusst kein „Problemfilm“, wie der Regisseur betont, der nach der Filmpremiere interviewt wird. Denn das könnte man schnell meinen, schaut man flüchtig aufs Drehbuch: Ein 18jähriger Engländer klaut das Wohnmobil seines Stiefvaters und nimmt einen Migranten, den fast volljährigen Kongolesen William mit. Gemeinsam schleusen sie sich über die Grenzen bis in die berüchtigten französischen Flüchtlingslager.
Zwei Jungs und eine magische Freundschaft
Doch obwohl ich voll in die Herausforderungen der Flüchtlingsrouten eintauche und in den krassen Alltag derer rein gezogen werde, die da alle unterwegs sind Richtung Norden – zu keinem Zeitpunkt bin ich in einem Film, der vorrangig Probleme zeigt.
Oft sind die Situationen hart, doch die sich entwickelnde tiefe Beziehung der beiden ungleichen Typen ist so viel stärker. Story und Bilder wirken so authentisch und liebevoll, dass ich immer mehr sehen will, immer mehr Dialoge verstehe und all das, was am Rande natürlich wichtig ist, fast verdrängt wird. Am Ende sind es nur die zwei Jungs, die zählen: Unbedarft und naiv, und ich weiß genau, was der Regisseur meint, wenn er sagt:
„Sie sind in ihren Entscheidungen völlig klar, was zu tun ist.“
Schipper findet, dass man Filme ERZÄHLEN kann, ja, muss. Das ist ihm gelungen. Untermalt werden seine Bilder von oft bizarr klirrenden Musikstücken – Töne unterstreichen einschneidende Momente. Was heißt es heute jung zu sein? Welche Rolle spielt es, wo man geboren wird, wie man aufwächst? Und vor allem: Können nur wir Europäer den flüchtenden Menschen zeigen, wo es lang geht – oder nicht die Afrikaner auch uns?
ROADS ist ein fantastischer Film, der oft leise daher kommt und stellenweise kracht. Auch Moritz Bleibtreu ist dabei – er spielt einen irren Hippy, der sich am Anfang kurz in Szene setzt. Seine Rolle bleibt jedoch bewusst klein, die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller Fion Whitehead und Stéphane Bak darf sich eindeutig durchsetzen. Leicht und lebensfroh beziehen sie sich in wunderbarer Weise, fast magisch aufeinander. Der eine hätte ohne den anderen die Reise nicht geschafft.
Poesie, sagt Schipper, bedeute nicht unbedingt Schnörkel. Poesie bedürfe einer ganz einfachen Sprache der Bilder.
Richtig eingesetzt bewirkt sie im Kino „ein riesiges Gefühl, das aus klaren Dingen entsteht und man denkt: WOW!“
Ja, so ist es mir ergangen! Ich danke der Konrad-Adenauer-Stiftung, dass sie mich auf diesen nachhaltig wirkenden Film aufmerksam gemacht hat. Und ich empfehle ihn allen, die eine Ahnung von dem bekommen wollen, was Menschen erleben, wenn sie solche Wege gehen müssen. Wer fühlen will, was tiefe Freundschaft ausmacht, ist richtig in ROADS. Und nicht zuletzt Eltern, die sich fragen, was in den Köpfen ihrer Teenies wohl so drinsteckt, wenn sie mal nicht vorm Handy hängen. Wobei: Ohne Handy wäre jeder Flüchtling wohl verloren…
ROADS ist ein Film, der für mich für #volldasguteleben steht.
Fotos: Studiocanal; Elke Tonscheidt