Barcelona hat’s, Wien hat’s – jetzt ist Köln dran!

Vom Winzerveedel zum Superblock

In Barcelona heißen sie „Superblock“, in Wien „Supergrätzl“, in Berlin „Kiezblock“. Und in Köln? Denn auch in der Domstadt tut sich was – und Elkes Kollegin beim hyperlokalen Onlineformat „Meine Südstadt“ steckt mittendrin! Deshalb haben wir Bettina Brucker gebeten, über „ihr“ Winzerveedel zu berichten. Dieses hat sich aufgemacht, ein richtiger Superblock zu werden. Die Geschichte dazu hat Bettina aufgeschrieben.

Bettina Brucker organisiert den Superblock in Köln mit.

Was in Barcelona der Superblock, in Wien charmant als Supergrätzl, in Berlin Kiezblock und in Köln gerne schon mal als Superveedel bezeichnet wird, sind Wohngebiete, die verkehrsberuhigt sind, viel Grün aufweisen und eine hohe Aufenthaltsqualität haben. Hier können Fußgänger:innen auch nebeneinander auf den Gehwegen gehen oder Radfahrer:innen entspannt durch die Straßen cruisen. Es gibt Platz zum Spielen, sich Treffen, Verweilen. Es gibt Bänke. Schatten. Und ja, Lieferverkehr, Anwohner:innen, die aufs Auto angewiesen sind, die Müllabfuhr und Rettungsdienste können weiterhin rein- und rausfahren.

Offizielles Pilotprojekt der Stadt Köln

Den Stein ins Rollen brachte eine Gruppe aus Nachbar*innen, die 2021 an einem Workshop zur städtebaulichen Gestaltung mitgemacht haben. Sie sind am Thema drangeblieben, haben eine Umfrage in der Nachbarschaft durchgeführt, weitere Daten eingeholt und mit Sachverstand und viel Engagement eine Bürgereingabe geschrieben. Aus diesem Prozess entwickelte sich die Interessengemeinschaft (IG) Winzerveedel, zu der ich inzwischen auch gehöre.

2024 beschloss die Bezirksvertretung (BV) Innenstadt einstimmig, dass die Verwaltung aus dem Winzerveedel – das liegt zwischen Barbarossaplatz und Volksgarten einen Superblock machen soll. Inzwischen hat auch der Bürgerrat dieses Pilotprojekt befürwortet, das inzwischen von offizieller Seite der Stadt „Lebenswertes Winzerveedel – gut unterwegs, gerne da!“ heißt. Mehr darüber hier.

Den öffentlichen (Verkehrs-)Raum neu gestalten

Große asphaltierte Fläche – leider (noch) typisch für unser Veedel …

In den kommenden Monaten soll es eine Verkehrserhebung geben und ein Beteiligungskonzept durchgeführt werden. Vielleicht wird danach die eine oder andere Idee, die es von uns bereits gibt, auch ausgeführt. Wichtige Veränderungen könnten sein: große asphaltierte, unübersichtliche Straßenkreuzung, wie etwa hinter dem REWE am Barbarossaplatz, komplett umzugestalten. Einbahnstraßen und Fahrradstraßen könnten den Autoverkehr entschleunigen.

Der Schulhof der Grund- und Förderschule im Mittelpunkt des Winzerveedels mit seinen großen, wundervollen Bäumen könnte am späteren Nachmittag, am Wochenende oder in den Ferien frei zugänglich sein. So könnte die Nachbarschaft die Schattenplätze bei großer Hitze nutzen, man könnte Tischtennis oder Boule spielen und die Kinder hätten endlich Platz zum Kicken.

Entsprechend dem Masterplan Parken könnten die Autos unter den Platanen in Pfälzer Straße woanders abgestellt und die Fläche entsiegelt werden. So wie das bereits auf der anderen Seite des angrenzenden Eifelplatzes ist. Dort gibt es eine „Wandelallee“, die sich bis zum Rhein hin durchzieht. Auch eine Schulstraße wäre im Winzerveedel wünschenswert.

Parkende Autos unter den Platanen in der Pfälzer Straße.

Gespannt auf die Bürgerbeteiligung

Das sind jedoch nur Ideen. Die Umsetzung ist Sache der Stadt. Das haben wir als IG Winzerveedel von Anfang an betont. Ein Austausch ist uns wichtig, so dass wir mit vielen Gremien und beteiligten Abteilungen im Austausch sind. Mit der Bürgerbeteiligung wird sich der Kreis, aber auch die Wünsche, Erwartungen und Befürchtungen noch einmal erweitern. Bis Veränderungen dauerhaft sichtbar werden, wird es also noch etwas dauern.

Der Name Winzerveedel ist übrigens historisch nicht begründet, erfährt aber zunehmend Akzeptanz und wird inzwischen auch im offiziellen und medialen Sprachgebrauch verwendet. Städtebaulich ist hier hinter dem Ring in den vergangenen Jahrzehnten wenig passiert. Das soll sich in den kommenden Monaten ändern.

Politische und künstlerische Aktionen

Wir bleiben als IG Winzerveedel nicht nur mit der Politik und Verwaltung in Kontakt, sondern machen immer wieder für und mit der Nachbarschaft Aktionen. Die größte war 2023 eine Freiraum-Demo. Für einen Tag wurde dafür ein Teil der Burgunderstraße gesperrt. Hier gab es einen großen, langen Picknicktisch, ein Spielmobil für die Kinder, Tischtennisplatten auf der Straße und, weil es sich um eine Demonstration handelte, Plakate und Transparente, jede Menge Gespräche und eine große Podiumsdiskussion.

Baumschnittarbeiten? Da haben wir schnell einen Flashmop initiiert!

Als dieses Jahr, 2025, die Platanenallee in der Pfälzer Straße mit ihren wunderbaren alten Bäumen für fünf Tage wegen Baumschnittarbeiten vormittags komplett autofrei war, initiierten wir einen Flashmop unter dem Motto „10 Minuten Baumgenuss“.

10 Minuten Flashmob oder: so könnte unsere Straße auch aussehen

Und über den Sommer hinweg gab es einen Fotoworkshop. 13 Teilnehmendem machten sich unter Leitung des Fotografen Jakub Kaliszewski auf dokumentarische und künstlerische Motivsuche. Zum Abschluss gab es eine Ausstellung im Haus Gotland im Volksgarten, anschließend hing eine Auswahl der Fotos in den ansässigen Geschäften und Lokalen.

Im September haben wir uns an der Sternfahrt der Kidical Mass beteiligt. Es finden aber auch jährlich wiederkehrende Aktionen statt, wie zum Beispiel Anfang Dezember ein Weihnachtssingen auf der Straße mit Glühwein und Musik.

Wir haben auch zwei Wanderbäume in unsere Straßen geholt, die immer mal woanders stehen. So zeigen wir, dass wir gerne Straßenbäume hätten. Doch Bäumepflanzen ist in Köln eine schwierige Sache …

Um trotzdem für mehr Grün zu sorgen, verzaubern wir seit zwei Jahren einen schmalen Streifen am Schulzaun mit Blumen und Grünpflanzen in ein Insektenparadies. Seitdem eine Landschaftsarchitektin hierhergezogen ist und sich diesem Projekt angenommen hat, sieht das Beet richtig toll aus. Außerdem hat sich eine bunte Gruppe fürs Gärtnern gebildet, die sich um die Beete kümmert und bei Trockenheit Kanne für Kanne gießt und ganz nebenbei in den nachbarschaftlichen Austausch geht.

 

Ich nenne es Augenweide, denn wir bekommen für die Beete viele Komplimente aus der Nachbarschaft und von Passanten.
Nächstes Projekt: Bücherschrank

In den kommenden Monaten steht für uns ein neues großes Projekt an: ein Bücherschrank fürs Winzerveedel. Der Antrag dafür ist gestellt. Nun heißt es Spenden sammeln. Ein nächstes Projekt haben wir bereits in Angriff genommen und auch dazu gibt es eine kleine Geschichte:

Zu Besuch in der Kölner Wachsfabrik – hier hat Hans-Jürgen Greve (ganz rechts auf dem Foto) seine Werkstatt.

Unterstützt hat uns gleich von Anfang an Elke von ohfamoos. Wir kennen uns, da wir beide für das Portal „Meine Südstadt“ schreiben. Sie hat den Kontakt zu Hans-Jürgen Greve geknüpft – er ist Stadtplaner und Architekt und Urheber der Offenen Bücherschränke. Das hat wunderbar gepasst, denn so wie Elke und Hans-Jürgen und sein Team, so sind auch wir von der IG Winzerveedel offen für Neues und digital und analog vernetzt.

Mehr über uns und den Superblock

Fotos: IG Winzerveedel, Bettina Brucker, Elke Tonscheidt

 

Elke Tonscheidt
Elke Tonscheidt, die selbsternannte Energiebündlerin, liebt und lebt in Köln. Neben ihrer Arbeit bei ohfamoos schreibt sie auch für andere Medien, besonders gern Porträts und Reportagen. Sie vernetzt sich gern, hat ein Start-Up mit gegründet und war einige Jahre in der politischen Kommunikation tätig.
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Dieser Beitrag wurde erstmals am 19. Oktober 2025 veröffentlicht
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