Einigkeit und Recht und Freiheit – wie bitte? Einigkeit?
3. Oktober – Tag der Deutschen Einheit.. Ja und? Das denken wohl nicht wenige und freuen sich auf ein verlängertes Wochenende, cool. Ja aber, fragte sich nicht nur Melanie Blankenstein in Sydney, feiert denn keiner den 3. Oktober? Schließlich erinnert dieser Tag doch an das so wichtige Ereignis der Wiedervereinigung. War das etwa nichts? Und was machen Australier, Niederländer und Emiratis an ihrem Nationalfeiertag?
Melanie lebt seit 8 Jahren in Australien, hat inzwischen die Doppelte Staatsbürgerschaft. „Im Herzen bin ich Deutsche geblieben“, sagt sie und denkt oft an ihre Heimat. „Ich vermisse deutsche Werte und die Kultur. Aber ganz ehrlich, den Tag der Deutschen Einheit habe ich noch nie gefeiert.“
Keine Feier für den deutschen Nationalfeiertag
Ganz anders ist das Bild in Australien, wenn dort am 26. Januar jährlich der “Australia Day“ gefeiert wird. Flaggen und Wimpel wohin das Auge blickt. Auch Melanie feiert diesen Tag seit ihrem Umzug nach Sydney im Jahr 2006 jedes Jahr begeistert mit. Der 26. Januar 1788 markiert die Ankunft der britischen Flotte unter General Arthur Phillips im Port Jackson (das heutige Sydney). Daran erinnern sich die Australier gerne, feiern fröhlich. Vielerorts wird früh am Morgen eine wunderschöne Einbürgerungszeremonie abgehalten, in Canberra wird der Australier des Jahres geehrt und im ganzen Land werden viele festliche Reden geschwungen.
Und bei uns? Seit über 2 Dekaden ist Deutschland wiedervereint. Ebenfalls ein wunderbarer Grund zum Feiern. Deutschland hat Geschichte, Werte und Kultur, vieles davon kann sehr stolz machen. Deutsche Städte und Länder wechseln sich ab mit offiziellen Feiern – dieses Jahr ist Niedersachsen dran. Stiftungen laden berühmte Leute ein – wie z.B. die Konrad Adenauer Stiftung, die als Festredner den ungarischen Minister für Humanressourcen nach Bonn bittet. Zoltán Balog betreute 1989 als Pfarrer DDR-Flüchtlinge in einem Budapester Aufnahmelager; sein Lebensweg ist beachtlich, seine Bilanz wird es nach 25 Jahren Fall des Eisernen Vorhangs ebenfalls sein.
Wer im Ausland gelebt hat, weiß: Irgendwie brauchen die Deutschen Veranstaltungen, um zu feiern. Wenig geht spontan, es sei denn, die Nation ist im Fußballfieber.
Melanie fragt etwas verständnislos: „Wie feiert denn das deutsche Volk? Hängt ihr eure Deutschlandfahnen auf, singt ihr die Nationalhymne, tragt ihr Schwarz, Rot, Gold?“ Und natürlich kann sie sich nicht daran erinnern. Wäre vermutlich auch nicht auf die Idee gekommen, früher, als sie noch keine Auslandserfahrung hatte.
In Australien geht das so: Die Nation macht sich auf – entweder zum Flip Flop Weitwerfen oder zum Fährenwettrennen im geschmückten Hafen in Sydney. Musik, Tanz, Straßenfeste. Auf jeden Fall gehört ein ordentliches BBQ mit Freunden und Familie dazu. Überall im Land. Und fällt der 26. Januar auf einen Samstag oder Sonntag, wird der Feiertag selbstverständlich am darauffolgenden Montag nachgeholt.
Und in Holland?
Auch weniger weit von Deutschland entfernt, in den Niederlanden, wird fröhlich gefeiert. Der Koningsdag (Königstag) ist so ein jährlicher Anlass, den König und das Königreich sehr ausgelassen zu feiern. Bereits in der Koningsnacht sind die Bars und Kneipen dicht besiedelt, am nächsten Morgen geht es auf der Straße weiter. Alles in orange, der Farbe des Königs von Oranje. „Kinder verkaufen ihr altes Spielzeug, Menschen singen und tanzen auf den Straßen, das ein oder andere Pilsje wird getrunken…“ Patricia Heistermann, die 5 Jahre als Deutsche in Amsterdam lebte, erinnert sich gern an dieses emotionale Spektakel. „Jeder verbrüdert sich fast mit dem anderen“, unterstützt die Holländerin Bregje van Beekvelt.
Den Niederländern der König, den Emiratis die Ruler. Auch dort weiß man zu feiern – der Nationalfeiertag der Vereinigten Arabischen Emirate fällt auf den 2. Dezember. Man kann ihn nicht übersehen. Überdimensionale Fahnen mit den Konterfeis der Ruler, also der Herrscher der sieben Emirate, hängen an den ohnehin riesigen Gebäuden, das ganze Land scheint geschmückt. Junge Leute verkleiden ihre Pkw und Jeeps mit Fähnchen und Wimpeln, fahren im Autokorso hupend durch die Stadt, Fischer tuckern mit ihren dekorierten Booten die Küste entlang und in den vielen Parks werden traditionelle Tänze aufgeführt. „Auch Kamelrennen finden den Rulern zu Ehren statt“, weiß Bloggerkollegin Sonja, die diesen Tag jahrelang in Dubai erlebt hat. „Und natürlich endet so ein Tag mit einem riesigen Feuerwerk. Klar!“
Melanie hat eine leichte Hoffnung: „Vielleicht feiern die Deutschen dieses Jahr ja anders, weil Deutschland Fußball-Weltmeister wurde…“
Text: Melanie Blankenstein/Elke Tonscheidt
Illu: Ela Mergels www.elaela.de
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