Pfui Spinne oder: Der Leichnam auf der Schippe
Immer wieder wird Melanie Blankenstein gefragt, ob das Leben in Australien nicht gefährlich sei. Bei all den Tieren. Immerhin ist Australien die Heimat der gefährlichsten Tierarten der Welt. Ja, auch sie ist mit gewissen Ressentiments in Sydney angekommen, hat aber gelernt, mit Respekt und Vorsicht mit der Natur zu leben.
Ich wurde nicht enttäuscht. Relativ kurz nach unserer Ankunft in Australien hatte ich (Achtung Gruselfilm!) eines Morgens Besuch in der Dusche von diesem“Kollegen“: Die sogenannte Huntsman Spider ist bekannt für ihre Geschwindigkeit und ihre Art und Weise zu jagen. In manchen Gegenden der Welt wird sie auch Giant Crab Spider genannt. Der Name ist Programm. Der Zeitgenosse ist groß und erinnert mit einer Beinspanne von 25-30cm mitunter an große Krebse. Sehr große Krebse.
No worries. Ich rüste mich im Baumarkt aus mit Spaten, Drahtnetzen fürs Dachfenster und Giftspray. Die Kombination von Spaten und Giftspray veranlasst den Mann an der Kasse zu fragen, ob denn bei uns alles ok sei. Ich nicke und denke an die Verfolgungsjagd in unserem kleinen Badezimmer. Die Viecher sind nämlich mit ihren langen, haarigen Beinen verdammt schnell.
Wieder reif für die Dusche, aber von dem Leichnam auf der Schippe erzähle ich am Telefon meiner australischen Kollegin. Sie schimpft mich – zu Recht. Diese Tiere seien doch harmlos und ‘eher schüchtern!’
Ein paar Tage später fege ich die Garageneinfahrt und versuche mittels Besen das Laub aus dem Abfluss zu kehren. Da bewegte sich ganz gemütlich eine kleine Spinne mit rotem Punkt auf dem Rücken aus dem Laub. Mit 5-10mm nicht grösser als ein Fingernagel. Ich erinnere mich an die Standpauke und fege diesen Achtbeiner genauso gemütlich wieder zurück ins Laubhaus. Am nächsten Tag predigt mir dieselbe Arbeitskollegin: „You should have killed it immediately!“ Es handelte sich nämlich um die berüchtigte Redback Spider (aus der Familie der Echten Witwen – Bissunfällen können für Kinder und kranke oder geschwächte Menschen ernste Folgen haben). Na gut! Jetzt weiß ich Bescheid und seither hängt dieses Chart in meiner Küche. Die rote Abteilung sind die richtig giftigen, die grünen sind die harmlosen Spinnen, die aber so aussehen als ob man nur beim Anblick sterben könnte…
Grundsätzlich ist es ja so: lässt man den Tieren ihren Raum, tun sie nichts oder, wenn überhaupt, dann nur Gutes. Inzwischen toleriere ich die Huntsman Spider (bis zu einer gewissen Größe) – so ist mein Haus mückenfrei; der Blue Tongue Lizzard im Garten passt auf die Schnecken auf und der Fußabtreter auf der Terrasse im Diamantmuster schreckt die Raben ab. Das Muster erinnert an die in Sydney heimische Diamant Python, und davor haben die Vögel, und ich, großen Respekt.
Ich pass auf. Wer mich jetzt für verrückt hält hier Kinder aufzuziehen, dem sei gesagt: Eine Gefahr, die von vielen Touristen meist unterschätzt wird, lauert – weltweit – im Meer. Es ertrinken auch in Australien mehr Menschen pro Jahr in den wirklich gefährlichen Meeresströmungen, als dass jemand von Schlangen oder Spinnen tödlich gebissen wird. Als freiwilliger Lifesaver passe ich inzwischen auf Schwimmer am Manly Beach auf. Aber davon berichte ich Euch ein andermal!
Wusstet ihr:
- Die Fauna Australiens umfasst eine große Anzahl unterschiedlicher, nur auf diesem Kontinent verbreiteter Tierarten. 83 % der Säugetiere, 89 % der Reptilien, 90 % der Süßwasserfische und Insekten sowie 93 % der Amphibien sind endemische Arten, die laut Wikipedia nur in Australien vorkommen. Dieser hohe Anteil ist auf Australiens lange geographische Isolation und die geologische Stabilität des Kontinents zurückzuführen.
- Bei Buschwanderungen ist es besonders wichtig, die markierten Wege nicht zu verlassen. Unfälle mit Schlangen passieren meistens, wenn diese im Gras liegt und jemand darauf tritt. Um dies zu vermeiden, können Wanderer einen langen Stock mitführen und damit das Gras berühren, bevor sie es betreten. Außerdem sollte für eine Busch- oder Regenwaldwanderung festes Schuhwerk gewählt werden.
- In der freien Natur: Personen, die sich gerne draußen aufhalten, sollten nicht ihre Finger unter Baumrinde oder Steine halten. In Höhlen muss immer mit Spinnen an den Wänden gerechnet werden. Nach dem Campen sollten Decken, Schlafsäcke und Zelte immer ausgeschüttelt werden, bevor man sie verpackt und nach Hause bringt.
- Kinder bekommen sehr früh im Kindergarten beigebracht, nicht barfuß durchs Gras zu laufen und niemals eine Spinne anzufassen. Vergleichbar mit der uns in Deutschland bekannten Regel: „Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nichts…“
- Von Oktober bis April verbietet der Box Jelly Fish (Seewespe oder Marine Stinger) das Baden an den Stränden der Nord- und Nordostküste (Queensland). Die Quallenart sondert ein Nervengift ab, das zu Lähmungen und zum Tode führen kann. Wer sich daran hält, hat gute Überlebenschancen.
Fotos: Melanie Blankenstein, pixabay und Craigs blog
Beim Wort „Australien“ möchte viele junge Deutsche sofort auswandern. Aber hier wurde von einer erfahrenen Ausgewanderten die tierische Realität dieses Sehnsuchtsortes in höchst anschauliche Worte gefasst. Sehr gut!!