Atemlos – ohne Helene Fischer!
Wer meinen ersten Artikel zum Thema Tauchen gelesen hat, ist jetzt klar im Vorteil. Denn ich habe das Tauchen erst mit 45 begonnen, kein ‚Spring Chicken Alter‘ würden meine Freundinnen sagen. Aber Tauchen ist Abenteuer. Tauchen eröffnet mir eine vollkommen neue Welt, und es gibt mir persönlich Ruhe und eine gewisse Schwerelosigkeit, ganz abgesehen vom Abenteuer der Entdeckung dieser Unterwasserwelt.
So kam es dann auch, dass ich nach ungefähr 80 Tauchgängen meinen ersten wirklich tiefen Tauchgang in Istrien absolvieren sollte. 43 Meter, ein Wrack, nur 5 Taucher…. Abenteuer.
Aufgeregt war ich schon ein bisschen, aber auch voll freudiger Erwartung. Angst spürte ich keine. Ich hatte ja jetzt schon einige Tauchgänge hinter mir, und unser Tauchführer war sehr erfahren – Ex Army, also einer von den harten Jungs.
Recht schnell erreichten wir den Tauchplatz, warfen Anker und zwangen uns ins Neopren. Buddy Teams wurden eingeteilt. Mein Buddy, ein Netter aus Wien. Und schon ging es los, Rolle rückwärts und abtauchen. Für mich kein Problem, schnell war ich auf 40 Metern, jetzt nur noch das Jacket aufblasen, um den Fall zu dämmen, und schon konnte der Tauchgang losgehen. Aber… Oh weh… ich lasse Luft ins Jacket, doch wo bleibt meine Atemluft? Ich ziehe, sauge, ziehe nochmal an meinem Atemregler und merke, da ist NICHTS. Keine Luft, kein einziger Atemzug mehr drin. Hilfe…….., so fühlt es sich also an, wenn man erstickt!!!
Zum Glück war mein Buddy, der nette Wiener, nicht weit. Ich riss ihm seinen zweiten Atemregler, genannt Octopus, vom Jacket und erklärte ihm, dass ich keine Luft bekam. Dafür gibt es die internationale Taucherzeichensprache. Bei Atemnot fährt man sich mit der flachen Hand über die Gurgel – sehr eindeutig, oder?
Da hing ich nun mit an seiner Flasche, atmete seine Luft und dachte: Was mach ich jetzt? Auftauchen ist nicht drin, Panik schieben wäre jetzt auch nicht so gut, also Ruhe bewahren, denken! Zum Glück funktionierte mein Hirn. Ein Griff nach hinten an die Flasche klärte die Angelegenheit recht schnell. Ich hatte meine Flasche nicht voll aufgedreht, und als ich Luft in mein Jacket geblasen hatte, um meinen Fall zu stoppen, war keine Atemluft mehr für mich da, die war komplett ins Jacket gegangen.
Nachdem der nette Wiener meine Flasche dann voll aufgedreht hatte und überzeugt war, dass alles funktionierte, konnte ich meinen eigenen Atemregler wieder in den Mund nehmen. Zur Beruhigung hatte er mir auch seine Hand unter meinen Bauch gelegt, um mich zu stabilisieren. Dafür bin ich ihm heute noch sehr dankbar, denn es gab mir Zeit mich zu entspannen.
Es folgte dann noch ein richtig guter Tauchgang, wir sahen riesige Drachenköpfe und das Wrack, ein ehemaliges Torpedoboot von 1914, was noch sehr gut erhalten ist. Und einen Conger Aal, von denen ich noch nicht viele gesehen habe.
Für mich war dieser Tauchgang bis heute einer der interessantesten, denn ich habe mich selbst ein Stück näher kennen gelernt. Ich hatte keine Panikattacke, ich konnte rational denken, und wir haben den Tauchgang nicht abbrechen müssen. In einer solchen Situation wird auch sehr schnell klar, wie wichtig ein guter Buddy beim Tauchen ist. Man probt diese Szenarien natürlich in der Ausbildung, aber wenn es einen in der Wirklichkeit erwischt, ist es doch immer unvorhergesehen. Und man erkennt die große Verantwortung, die man für sich aber auch für seinen Buddy hat – seit diesem Zwischenfall nehme ich den Buddycheck wieder ernst. Denn dieser ist ein sehr sinnvoller Bestandteil der Tauchvorbereitung und sollte niemals ausgelassen werden. Und den netten Wiener hab ich als Buddy gleich mal behalten. 😎
Wusstet Ihr`s?
- Laut Taucher Net verzichten viele Taucher auf den Buddycheck: „Gründe dafür sind Bequemlichkeit (jetzt sind wir schon angerödelt, lasst uns einfach tauchen), die Abneigung andere an die eigene Ausrüstung zu lassen (an meinem Zeug fingert mir keiner rum!), oder einfach Vergesslichkeit bzw. fahrlässige „Routine“. So wie bei mir eben.
Autor und Fotos: Sonja Ohly