2025: Verstehen Maschinen unsere Gefühle?
Brain-Joghurts, iWallpaper und die Mutter reist zum Arbeiten mehrfach die Woche nach Afrika? Ausschnitte einer Zukunft, auf die wir uns freuen dürfen? Schon in 10 Jahren sind Unternehmen immer mehr „caring-companies“, die Kita ist „ein attraktiver Arbeitgeber für hochqualifizierte Menschen“ und in den Bürohäusern der Zukunft arbeiten Jobnomaden in virtuellen Räumen an 3D-Objekten, obwohl räumlich Tausende von Kilometern entfernt? Das zumindest prognostizieren der Trendforscher Sven Gábor Jánszky und Lothar Abicht, Geschäftsführer des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung in Halle. Elke hat ihr Buch „2025. So arbeiten wir in der Zukunft“ gelesen.
2025 ist wirklich nicht mehr lang hin. Und Isabelle Kürschner, die ich kürzlich kennenlernte und die gerade dabei ist ihr Buch über die Arbeitswelt 4.0 zu veröffentlichen, schreibt in einem Gastbeitrag für ohfamoos: „Egal ob als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, als Lehrer oder Schüler, als Eltern oder als Kinder – wir alle werden davon betroffen sein.“ Sollten wir also unsere geliebten Komfortzonen verlassen und Neues ausprobieren?
Während ich das 2025-Buch am Urlaubsstrand in wenigen Tagen aus lese, regt mich vieles enorm an. Das Szenario über die Schule der Zukunft zum Beispiel, mit Kreativlaboren statt Klassenzimmern, wo Kinder in Fächern wie Reflexion, Mut oder Infragestellung bisheriger Regeln ausgebildet werden. Ja, dorthin möchte ich unseren Sohn morgens aufbrechen sehen! Und natürlich lese ich viel über Technologie: Klar, dass wir im Wettstreit gegen Computer nicht den Hauch einer Chance haben. Und dass man es sich bald schlicht nicht mehr leisten kann, kein Digitalexperte zu sein, glaube ich auch:
„Den zentralen Unterschied zwischen chancenreichen und chancenarmen Menschen macht im Jahr 2025 die Fähigkeit, sich in Netzwerken zu bewegen und zu positionieren. Erst dadurch wird man sichtbar, erhält eine Identität und wird Teil der Gesellschaft. Das Pflegen der eigenen Netzidentität wird zu einer unserer zentralen Kulturtechniken.“
Ich höre das verächtliche „Pffft“ derer, die schon heute vieles von dem, was neu ist, ablehnen, z.B. das soziale Netz. „Brauch ich nicht“, heißt es da schnell. Was für den Moment auch stimmen mag, aber auch in Zukunft? Mein Argument – als Mutter – ist dann stets: Du selbst kannst es dir jetzt vielleicht noch leisten nicht teilzunehmen, aber was ist, wenn deine Kinder dir digital davon galoppieren?
Was mich besonders freut ist die Prognose, wie sehr sich Unternehmen bewegen werden. Klar, tun sie heute ja auch schon, denn der Fachkräftemangel hat sich bereits angekündigt. Die Autoren beschreiben jedoch detailliert, wie sich künftig auch die Machtverhältnisse am Arbeitsmarkt grundlegend verändern werden und wie sich Jobs den Mitarbeitern anpassen müssen – nicht nur umgekehrt. „Mit rasanter Geschwindigkeit entwickelt sich eine neue Art von Beschäftigten: Projektarbeiter, die mit Zeitverträgen von Projekt zu Projekt, von Unternehmen zu Unternehmen springen.“
Und sie verdeutlichen dazu, welche Arten von Unternehmen erfolgreich sind, solche Jobnomaden möglichst lang zu binden. Dazu brauche man Förderpläne, die weit über klassische Personalentwicklungsmaßnahmen hinausgingen: Attraktive Angebote für Wohnen, Familienplanung, Freizeitgestaltung, Gesundheit und Vorsorge und das alles für die komplette Familie mit. Was gleichzeitig bedeutet:
„Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen dann immer mehr.“
Ist das beängstigend oder nur anders als gewohnt? Ich zumindest kann mir sehr gut vorstellen, was der ehemalige Deutschland-Chef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC), Hans Wagener, schon 2010 prognostizierte: „Das Büro der Zukunft kommt zum Menschen. Bürocenter mit kompletter Infrastruktur werden in den Wohngebieten entstehen, in die sich jedermann für einen bestimmten Zeitraum einmieten kann.“
Das Buch liest sich auch deshalb gut, weil es Sachbuch und Roman in einem ist. Rahmenhandlung ist das Leben einer Familie der Zukunft, deren Alltag zwischendurch beschrieben wird. Das Kapitel ‚Zukunft Wohnen’ beginnt beispielsweise damit, wie Familienvater Peter morgens den Badezimmerspiegel an schaltet und Rob, sein elektronischer Assistent, automatisch die für ihn wichtigsten Infos der letzten 10 Stunden einspielt: eine individualisierte Nachrichtensendung, speziell auf Peter zugeschnitten. Denn Rob „ist der wichtigste Mensch in Peters Leben. Genauer gesagt: Mensch ist übertrieben. Rob ist eine Software. „Er“ erscheint immer dort, wo Peter ihn braucht.“
Mein Fazit: Egal, ob man „so was“ für realistisch hält oder nicht – es inspiriert. Mich zumindest. So finde ich meinen Vanille-Joghurt morgens völlig ausreichend, aber so ein Rob hat sicher seine Vorteile 😀
Wusstet Ihr?
- Die Welt am Sonntag brachte Ende Juni als Titelthema: „Die Menschenversteher“; in einem Special ging es darum, wie Wissenschaftler Maschinen Gefühle beibringen. Darin werden u.a. die Erkenntnisse der Forscherin Rosalind Picard dargestellt: „Schon bald, glaubt sie, lebt der Mensch in einer Welt, in der jeder Computer und jedes Haushaltsgerät sich wie ein guter Bekannter verhält. Smartphones, Autos, Toaster oder Heimroboter werden in der Lage sein, mit ihren Besitzern zu plaudern, ihre Laune zu erkennen und auf ihre Stimmungen zu reagieren wie ein Mensch.“
- Auf Picards Erkenntnisse bauen die großen Computerkonzerne auf: Bei Microsoft forscht ein Team von Wissenschaftlern unter Leitung der Psychologin Mary Czerwinski laut WamS „nur an Gefühlstechnologien“. Diese sagt: „Affective Computing wird einer der Megatrends der Zukunft werden. Ein Technologieunternehmen, das dort heute nicht investiert, wird bald keine Rolle mehr spielen.
- Hier der gesamte Artikel: www.welt.de/incoming/article142816929/Die-Menschenversteher.html
- Wer sich für Trendstudien interessiert: www.2bahead.com
Text: Elke Tonscheidt
Fotos: Elke Tonscheidt, Pixabay
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