Blogger, die unbekannten Wesen
Wenn man aus der PR-Branche kommt, ist es einfach spannend, wie sich Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren verändert hat. Waren Blogger vor sechs Jahren noch wie Männchen vom Mars, sind sie heute eine einflussreiche Bande im Bürgerjournalismus. Und die ‚echten’ Journalisten?
Früher war alles anders. Da saß ich in meiner PR Agentur und schrieb wohl formulierte Pressemitteilungen; mailte sie an meine Kontakte bei diversen Medien und hoffte, ein Thema gut aufbereitet zu haben, um den Redakteur zu einem Artikel zu bewegen. Ich lud Journalisten zu Pressekonferenzen und Interviews ein und traf mich mit ihnen zum ‚Schmoozing‘ auf einen Kaffee oder einen Drink, um sie bei Laune zu halten. Es war überschaubar. Das Internet gab es zum Recherchieren und ich hatte meine ersten Kontakte auf LinkedIn und Facebook. (Dort war ich hauptsächlich um meine Kinder zu „überwachen“, die irgendwo in der Welt studierten und sich bei Muttern nicht jede Woche meldeten.)
Mit dem Aufkommen von Smartphones, Twitter, WordPress und Co. änderte sich meine Welt jedoch schlagartig. Da tauchten Blogs von Leuten auf, die besser und schneller informierten als die Tageszeitung oder das monatliche Fachmagazin. Da schrieben Techies ausführliche Erfahrungsberichte über Mac und Co., Foodies kritisierten neue Restaurants und gaben Bewertungen ab. Plötzlich gab es neue Mitspieler, die die Welt der öffentlichen Meinungsbildung beeinflussten. Waren das Journalisten oder eine gänzlich neue Spezies?
Das Internet macht‘s möglich! Blogging als Job ist in Mode. Einflussreiche Blogger werden heute genauso hofiert wie Journalisten. Bei großen Twitter-Accounts steht im Profil: Ich werbe für sie.
Blogger sind heute nicht mehr weg zu denken. Es ist eine parallele Welt, oft leise belächelt von den ‚echten‘ Journalisten. Es gibt Sportblogs, Internet Blogs, Mode Blogs – sie schreiben über alles, was bewegt oder interessieren könnte – und es ist kein Ende in Sicht.
Heute, da ich selbst blogge (weil ich nicht mehr arbeite), finde ich es erfrischend ganz ungezwungen schreiben zu können. Mir gefällt die Umgangsart: unkompliziert, weniger steril, freundlich und euphorisch. Ich lese Taucher-Blogs von Gleichgesinnten und tausche mich aus. Aber – ich lese auch weiterhin die Tageszeitungen und Magazine, wenn es um Politik, Wirtschaft und Wissen geht, ganz einfach weil die ‚echten‘ Journalisten sich auf diese Themen spezialisiert haben. Investigative Journalisten recherchieren oft monatelang um Themen aufzudecken, begeben sich in Gefahr in Krisengebieten, haben Abgabetermine und müssen liefern. Ein Beispiel ist Elkes Freundin Nadja Kriewald von n-tv, die Ihr auch auf den Fotos seht, z.B. bei einer Reportage auf Haiti. Ich selbst habe mit vielen über 30 Jahre zusammen gearbeitet und weiß ihre Arbeit zu schätzen.
Was heißt das jetzt für den Leser? Der profitiert, denn das Angebot hat sich durch die Blogger vervielfältigt. PR-Agenturen tun mir allerdings leid, denn es muss anstrengend sein, das neue Universum im Griff zu haben.
Ein paar unserer Bloggerfreunde findet ihr hier; und einen guten Überblick über deutsche Blogs findet man auf bloggerei.de
Text: Sonja Ohly
Fotos: via Nadja Kriewald
Kommentare
Blogger, die unbekannten Wesen — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>