Erfolgreich Lernen? Über die Angst, einfach loszulegen
Sich weiterentwickeln, den Willen haben, Neues zu entdecken – das verbindet Gastautor Daniel Bialecki, Geschäftsführer des Online-Lernspezialisten scoyo, mit Lernen. Doch das war nicht immer so. Seine Tipps, wie wir unseren Kindern schon heute erfolgreiches Lernen mitgeben können, finden wir ganz ohfamoos!
In der Schule hat mir kaum ein Fach Spaß gemacht. Geschichte mochte ich ganz gern, vielleicht noch Physik. Das war´s. Lernen hatte für mich einen faden Beigeschmack. Heute lerne ich gern, auch wenn ich das wohl selten als das bezeichnen würde – zumindest nicht, wenn es ums Private geht.
Warum? Ein Beispiel: Ich bringe mir gerade Gitarre bei, mithilfe einer App. Der Vorteil: Niemand sitzt neben mir, schaut mir auf die Finger oder unterbricht mich. Ich kann selbstbestimmt üben – wann und wie ich möchte. Das motiviert mich.
Wenn ich mir vornehme zu trainieren, sage ich niemals: „Ich muss heute Abend noch 2 Stunden Gitarre lernen“, sondern „Heute Abend spiele ich Gitarre.“ Das ist ein gravierender Unterschied.
Gegenbeispiel: Ich wollte schon immer Spanisch sprechen können. Doch das ist eine kleine Hop-on-Hop-off-Beziehung. Der Grund: Ich sage viel zu oft: „Ich müsste heute noch Spanisch lernen.“ Tja, und dann habe ich schon keine Lust mehr.
Du willst Deine Freizeit nicht mit „lernen“ unterbrechen?
Das ist der Knackpunkt. So geht es vielen Erwachsenen.
Wir haben keine Zeit und Lust unsere Freizeit oder Arbeitsroutinen mit so etwas wie „lernen“ durcheinanderzubringen. Das würde ja wieder Druck oder Stress oder Frust oder Langeweile bedeuten. Vielleicht auch alles zusammen.
Dabei gehört Lernen zum Leben dazu. Es ist eine der natürlichsten Sachen der Welt. Wir lernen ständig. Doch um das wieder bewusster und fröhlicher zu tun, müssen wir uns zunächst von früheren Lernerfahrungen freimachen, von dem, was bestimmte Lehrer oder der dröge Schulunterricht mit uns gemacht haben. In punkto Motivation und Technik fangen wir von vorn an.
Erfolgreich lernen
Unseren Kindern können wir schon heute auf 2 Ebenen den Weg in Richtung erfolgreiches Lernen ebnen:
- Emotionale Ebene: Was Kinder mit Lernen verknüpfen, sollte möglichst von Anfang an positiv sein. Zum Beispiel: „Wenn ich lerne, schaffe ich etwas und habe Erfolg.“ Dieses motivierende Gefühl können Eltern fördern, indem sie betonen, wie toll es ist, wenn man etwas Neues kann: „Super, dass ich mir vorher ausrechnen kann, wie viel Geld ich für den Einkauf benötige.“ „Wunderbar, dass ich mich im Urlaub verständigen kann.“
Es muss nicht alles von Anfang an perfekt laufen!
Dabei sind Fehler elementarer Bestandteil der Lernerfahrung. Ohne Fehler wissen wir nicht, wie es ist, eine andere Lösung zu finden.
Früher gab es Lehrer, die einen hart unterbrochen haben, wenn man etwas Falsches gesagt hat. Das ist fatal. Solche Erlebnisse speichern wir ab unter: „Sag nur etwas, wenn du dir 100 Prozentig sicher bist, dass es perfekt ist.“
So ein Quatsch und trotzdem ganz typisch für unsere Fehlerkultur. Viele von uns haben z. B. bei Fremdsprachen Angst, einfach loszulegen. Kleinkinder sind da ganz anders: Babies probieren x-Mal aufzustehen, fallen hin, versuchen es wieder, bis es klappt und sie ihre ersten Schritte machen. Würden sie dabei konsequent auf Kritik stoßen, würden sie wahrscheinlich einfach sitzen bleiben.
Lernen kann man lernen – das sollte jedem von uns bewusst sein
Wir sind nicht doof, wenn wir etwas nicht können. Wir haben vielleicht nur falsch gelernt, einen technischen Fehler gemacht. Auch beim Skifahren muss man schließlich erst die Technik erlernen. Das geht nur mit Übung, Motivation und Spaß.
- Technische Ebene: Jeder Mensch sollte sich darüber bewusst werden, auf welche Weise er am besten lernt. Welcher Lerntyp bin ich? Lerne ich am erfolgreichsten, wenn ich etwas aufmale oder mir etwas anhöre, wenn ich mich beim Lernen bewege oder mich über die Themen unterhalte …? Dazu gehört auch, die für sich passenden Angebote und Methoden auszuwählen. Diese können von Fach zu Fach variieren.
Deshalb: Schweinehund überwinden, ausprobieren, aber auch aufhören, wenn es keinen Spaß macht bzw. einen nicht weiterbringt. Und dann: anders weitermachen.
Ich lerne übrigens am liebsten autodidaktisch, über Bücher und Aufschreiben, weniger frontal oder in Gruppen. Ich arbeite gern visuell. Für mich müssen sich Gedanken verbinden, auf dem Papier. Das nutze ich auch im Beruf: Große Schritte und Projekte male ich erst einmal auf, stelle so Zusammenhänge dar. An die Feinheiten geht´s dann mit Listen.
Weitere Schritte zum erfolgreichen Lernen:
- Selbstbestimmtheit: Für Kinder ist es wichtig, zu lernen, ohne dass jemand ständig danebensitzt und/oder eingreift.
- Anleitung/einen Rahmen geben: Für Kinder ist es gut, wenn sie möglichst frei entscheiden können, wann wo und wie sie am besten lernen. Doch dabei sollten sie von Eltern und Schule unterstützt werden. Kinder brauchen gewisse Regeln und Strukturen. Z. B. müssen sie erst lernen, wie man sich am besten Zeiten einteilt – ohne sich zu über- oder unterfordern.
- Pausen: Und zwar regelmäßig, besonders dann, wenn nichts mehr geht.
- Das Schöne zuerst: Mit den einfachen Dingen anfangen und niemals mit dem „Hassfach“.
- Ähnliche Fächer nie hintereinander lernen, sondern immer im Wechsel. So vermeidet man, dass Themen verschwimmen und Merkfehler passieren.
Was ist, wenn Kinder überhaupt nicht lernen möchten?
Eltern sollten herausfinden, woran das liegen könnte. Am Lehrer? An einem Defizit? An dem eigenen Perfektionismus? An Konflikten in der Klasse? Wenn man über die Ursache Bescheid weiß, kann man ganz anders reagieren. Mit seinem Kind und dem Lehrer zu sprechen, ist hier wohl der beste Rat.
Wichtig ist auch, dass Eltern akzeptieren, dass jeder seine Schwächen hat. Ein Kind, das Mathe einfach nicht mag, wird wohl nie ein Mathematiker werden. Es ist also besser, wenn wir Eltern unsere Erwartungen hier konsequent herunterschrauben – alles andere baut Druck auf und schürt Ängste.
Negative Lernerfahrungen sind vorprogrammiert. Dabei haben Kinder so viele tolle Fähigkeiten, die besondere Beachtung verdienen und in den Mittelpunkt gehören.
Was sind eure Erfahrungen mit dem Thema Lernen? Wir freuen uns auf alle Kommentar
Gastautor Daniel Bialecki ist Geschäftsführer des Online-Lernspezialisten scoyo.. Die gleichnamige Online-Lernwelt baute er gemeinsam mit Pädagogen, Didaktikern und renommierten Entwicklern auf. Seit 16 Jahren entwirft der dreifache Familienvater Online-Formate zur erfolgreichen Wissensvermittlung für Erwachsene und Kinder. Der Diplom Ingenieur kennt die Herausforderungen und Potenziale des digitalen Lernens, steht für ein positives, aus persönlicher Motivation abgeleitetes Lernen und eine sinnvolle Integration digitalen Lernens in den schulischen und außerschulischen Alltag von Kindern, Eltern und Lehrern.
Fotos: scoyo/Daniel Bialecki und Pixabay
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