Joy is a decision oder: Lebe jetzt als Reiseleiterin
Als wir im Sommer 2013, es ist schon stockdunkel, im griechischen Hotel Likithos ankommen, nimmt sich Reiseleiterin Connie Boeker unserer an. Drei Jahre später treffe ich sie zufällig wieder – jetzt gibt sie mir, in einem Hotel auf Kreta, eine wunderbare Yoga-Stunde. Und erzählt mir am Strand von ihrem Leben; dem eines „bunten Vogels“, wie Connie selbst sagt. Was machen Reiseleiter eigentlich? Darüber haben Connie und ich gesprochen.
Auf ihrem Gewerbeschein steht: „Dienstleistungen für gehobene Integration“. Darüber schmunzelt sie selbst.
Klar ist: Seit vielen Jahren ist Connie in diverse Projekten eingebunden – auch ihre Visitenkarte ist vielschichtig: Personal Assistance, Guest Relations, Yoga Teacher.
Und während sie früher vor allem gern assistierte, hält sie heute vornehmlich nicht anderen, sondern auch sich selbst den Rücken frei. Was etwas, denke ich, mit Achtsamkeit zu tun hat. Etwas, was sie vor allem während ihrer Zeit in Goa gelernt hat.
Was macht eine Reiseleiterin wie Connie?
Vielleicht merkt Ihr schon: Connie scheint viele Facetten zu haben. Ein bunter Vogel? Jedenfalls ein Wesen, das viel umher flattert(e) und jetzt immer mehr anzukommen scheint. Wobei ihr Lieblingstier eindeutig der Delfin ist – ich ‚muss’ immer auf ihren zarten silbernen Ring aus ineinander verflochtenen Delfinen gucken. Auch in ihren Träumen tauchen diese Tiere immer wieder auf.
Wir verabreden uns für ein Gespräch in ihrer Lieblingsbar am Strand. Ich möchte erfahren: Was machen Reiseleiter eigentlich? In der Lava Beachbar trinken wir schaukelnd Kaffee und kretisches Soda. Innerlich vor Augen hat sie aber nicht die Bucht von Agia Galini, sondern ihre wohl nächste Station: Portugal.
„Ich möchte meine Verbindungen zu Lissabon nutzen“, bekräftigt die 52jährige, die vor 4 Jahren ihren festen Wohnsitz in Frankfurt aufgegeben hat, jetzt vorübergehend im wunderschönen Irini Mare Hotel lebt und arbeitet.
Lissabon. Eine Stadt, die auch mir super gefällt. Kann sie dort ein besonderes Hostel, ein Guesthouse aufbauen? In ein eigenes Haus einbringen, was sie, wo auch immer in der Welt, von anderen gelernt hat? Man merkt ihr an, wie besonnen sie brütet: Wer genau könnte ihre Zielgruppe sein?
Lebenshunger in 2003, Durchbruch in 2010
Connies Wendepunkt ist 13 Jahre her. Sie sagt selbst: „2003 bekam ich so richtig Lebenshunger.“ Nicht dass ihr Leben vorher, ob in Benelux, München oder Frankfurt, langweilig gewesen wäre. Sie hat beim Cirque du Soleil mitgearbeitet, kennt die Hotel- IT- und PR-Branche. Jetzt aber plant sie neue Schritte, Urlaube auf Mallorca unterstützen das. „Ich bin groß geworden unter der Bedingung, immer vernünftig zu sein.“ Davon wollte sie sich befreien.
Es sollten aber noch mal 7 Jahre vergehen, bis ihr 2. Aufenthalt in Rio, jetzt als Volunteer Coordinator bei der Nichtregierungsorganisation Iko Poran, den Durchbruch bringt.
Connie: „2010 war dann endgültig klar, dass ich ganz raus muss aus meinem ‚normalen’ Leben.“
Elke: „Was genau treibt Dich immer wieder an?“
Connie: „Das Vertrauen, das Nächste wird kommen.“
Elke: „Ist dieses Gefühl nicht ein sehr unsicheres?“
Connie: „Für mich passt das. Ich plane immer für nur ein Jahr im voraus.“
Elke: „Gerade wenn man bei NGO arbeitet, ist das finanziell machbar?“
Connie: „Ich hatte nie ein Bedürfnis nach Reichtum. Mir ist wichtig, dass mich etwas ausfüllt. Ich brauche nicht viel. Wenn man sich was Schönes kauft, fühlt man sich vielleicht glücklich, aber das ist ja nur wie ein kurzer Rausch. Glücklich ist man wirklich nur ‚von innen’, und das ist immer.“
Was Reiseleiter machen? Nicht immer nur Party jedenfalls
Ich habe oft gehört, dass Menschen, die an sich arbeiten, eines Tages Yoga machen. So erklärt sich mir, dass auch Connie das seit vielen Jahren ausübt, und: 2015 macht sie zudem ihr ‚200 Hours Yoga Teacher Training’. Wo? In Goa! Unbekümmert schreibt sie darüber in ihrem Blog
„Dass ich doch mal in dieses Land komme, hatte ich nicht wirklich im Sinn, jedenfalls nicht jetzt. Aber irgendwie ‚ist es zu mir gekommen’ und ich habe es gerne genommen.“
Äußerlich wirkt Connie sehr ruhig. Auch als ich bei einer Wanderung, Tage später nach unserem Gespräch, in der heißen Sonne zusammen klappe, macht sie genau das Richtige: Entspannt mich, indem sie ‚einfach’ da ist. Eine gute Basis für den Job einer Reiseleiterin, finde ich. Und mein Mann sagt: Als Reiseleiter musst Du ein spezieller Typ sein.
Elke: „Stimmt das, Connie?“
Connie, überlegt nur kurz: „Also, ein besonders häuslicher Typ sollte man jedenfalls nicht sein.“
Wir lachen.
Elke: „Meinst Du robust?“
Connie, nochmal scherzhaft: „Wer hier am Strand eine Süßwasserdusche sucht, ist jedenfalls nicht der Richtige.“
Was machen Reiseleiter, was macht sie aus?
Wir einigen uns auf eine Mischung: Bescheiden sein, open-minded, realistisch. Und dass sich auch das im Alter wandelt. Die wenigsten bleiben immer Party-People.
Eine Reisekultur, die den Menschen nach vorne stellt
Connie ist aber auch nicht bei irgendeinem Reiseveranstalter. Sondern seit 3 Jahren bei Vamos, dem Spezialisten für Familienreisen. Ich habe mich mit Vamos intensiver beschäftigt, mir gefällt besonders das Leitbild:
Man versucht an eine Reisekultur anzuknüpfen, in der menschliche Begegnungen und Gastfreundschaft oben an stehen. Authentizität ist gefragt, ob bei Reiseleitern, Kinderbetreuern oder Gastgebern.
Das prägt, und das passt auch zu Connie. Ich bin sicher, sie wird es schaffen, in Portugal etwas aufzubauen, das authentisch ihrs sein wird. Und sollte sie damit fertig sein, kommt etwas anderes. Dafür ist sie sehr offen. Auf ihrer Visitenkarte steht übrigens noch das:
„Joy is a decision!“
Wie ohfamoos. Viel Glück!
Connie Boeker hat 4 Jahre Sportwissenschaft studiert, eine kaufmännische Ausbildung absolviert und rhythmische Sportgymnastik gelernt. Bei den Dt. Meisterschaften hat sie mal Bronze geholt. Viele weitere Stationen folgten, momentan ist die gebürtige Schwerterin für Vamos auf Kreta, zuvor war ihr das Hotel Likithos „ins Herz gesprungen“. Nach der oben im Text erwähnten Station Portugal kam tatsächlich Mallorca an die Reihe, wo sie auch heute, 2022, arbeitet und lebt..
Fotos: Elke Tonscheidt