Mütter-Coaching: Bitte doppelt genießen!
Mütter – ein Thema, bei dem alle mitreden, selbst wenn sie es nicht sind. Vielleicht gibt es auch deswegen Mütter-Coaching? Zugegeben, auch für mich war das neu. Umso brennender interessierte mich, was Stefanie Gundel, die sich mir so sympathisch und offen auf einem Netzwerk-Treffen der Düsseldorfer MomPreneurs vorstellte, da eigentlich macht. Nach meinem Besuch und Interview weiß ich es! Und verrate Euch vorab: Es geht um berufliche Neuorientierung – und wie Du doppelt genießt.
Alle Welt redet vom Coaching…
Stefanie Gundel: Stimmt. Und manche meinen, sie bauen sich eine Website, besuchen ein Wochenend-Seminar, und schon sind sie es. Man muss wirklich die Spreu vom Weizen trennen!
Auch bei Mütter-Coaches, wie Du es bist?
Ja. Doch der Bedarf ist riesig! Es gibt heutzutage so viele Unsicherheiten unter Müttern, die immer mehr auf Google-Ergebnisse hören statt ihrem Bauchgefühl vertrauen. Auch Babykurse helfen hier nicht, denn da geht es in 1. Linie um die Perspektive, wie kann ich meinem Kind gerecht werden. Ich stelle jedoch die Mütter ins Zentrum.
Andere Themen also?
Genau. Meine Schwerpunkte sind: Berufliche Neuorientierung und Wiedereinstieg ins Berufsleben. Beides, eben Beruf UND Familie, sollte doch für Lebensfreude stehen – stattdessen hört man so viel…
…Mist?
So wollte ich es nicht sagen, es kommt dem aber nahe, ja (wir lachen). Aber im Ernst: Am Ende geht es darum doppelt zu genießen. Frauen dahin zu coachen, das ist mein Ziel.
Meine Kundin ist die Expertin ihrer eigenen Situation – ich die Expertin im genauen Zuhören.
Starke Worte, wie näherst Du Dich diesem?
Ich arbeite lösungsorientiert und positiv. Meine Kundin ist die Expertin ihrer eigenen Situation – ich die Expertin im genauen Zuhören. Indem ich mich in die Lage anderer Mütter versetze, kann ich Stärken weiter entwickeln und neue Perspektiven aufzeigen. In der Verknüpfung entstehen dann neue Wege.
Wo empfinden Mütter den größten Mangel?
Es geht fast immer um Anerkennung. Um die Wertschätzung als berufstätige Mutter. Die meisten würden jeden Job nehmen, verkaufen sich unter Wert. Es ist eine große Perspektivlosigkeit, wenn der alte Beruf nicht mehr passt. Hier setze ich an – es geht darum die Kraft, die gerade Mütter haben, jetzt neu einzusetzen.
Du sprichst aus Erfahrung?
Ja, ich komme beruflich aus einer krassen Männerdomäne, war dabei auf meinem Karriereweg durchzustarten – und wurde schwanger. Welten brachen zusammen. Ein Kollege fasste es so zusammen: „Jung, gut ausgebildet, leider erfolglos“. Ist das nicht heftig? Doch im neuen Job, mit 1. Kind, sah es nicht besser aus. Rückblickend durfte ich dort Folgendes lernen:
Mütter müssen nicht dankbar sein, dass sie arbeiten dürfen – sondern sollten selbst die Ansprüche stellen und ihre Qualitäten als Mütter einsetzen.
Wie kommt man als promovierte Volkswirtin auf die Idee, Muttercoach zu werden?
Zwei Faktoren waren wichtig: Zum einen wurde das Jammern auf Spielplätzen immer größer. Zum anderen wurde mir immer wieder gesagt, mit welcher Energie ich motivieren kann. ich kann wohl gut Menschen aus ihrer Opferrolle raus holen. Da habe ich beides zusammen gefügt.
Worauf muss sich eine Mutter einstellen, wenn sie zu Dir kommt?
Als Erstes auf ein persönliches, kostenloses Kennenlerngespräch. Ich gebe Einblick, wie ich arbeite. Mittels einer speziellen Sensortechnik kann ich dann schon im folgenden Erstgespräch die aktuelle Situation visualisieren, brennende Themen erkennen. Ich bin jemand, der gerne sofort anpackt, gebe Hilfe zur Selbsthilfe. Gemeinsam geht es darum, vorhandene Ressourcen aufzuzeigen. Es ist immer wieder überraschend, was das bereits auslöst…
Wie muss ich mir diese Sensortechnik vorstellen?
Als Reflexions- und Analyseinstrument, mit der meine Kundin ihre Gesamtsituation zu verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel Worklife-Balance, Partnerschaft oder Job visualisieren und messbar machen kann. Stell Dir dazu ein Rad mit 12 dicken Speichen vor, an dessen Ende jeweils ein Begriff steht, wie zum Beispiel „Zeit für mich“, „Leistungsdruck“, „Finanzen“, „Partnerschaft“ und so weiter. Auf jeder Speiche steht ein verschiebbarer Magnet, mit dem Du auf einer Skala von 1-10 Deine Zufriedenheit einstellen kannst. So sehe ich bereits nach wenigen Minuten, wo genau und wie stark der Schuh bei Dir drückt und wo man als erstes ansetzen sollte.
Du zitierst auf Deiner Website u.a. das Müttergenesungswerk, das schon 2014 konstatierte: „Die Zahl der Mütter mit Erschöpfungssyndrom bis hin zum Burn out ist in den letzten 10 Jahren um 37% gestiegen.“
Überrascht Dich das? Mich nicht. Alles wird doch immer schneller, digitalisierter, überall geht es um Effizienz. Klar war das Leben früher auch nicht einfacher, aber heute ist die Palette der Wahlmöglichkeiten so riesig. Zudem ist alles transparent und zugänglich – das verschärft die Unsicherheiten extrem, oft auch die Gesundheit.
Was setzt Du ganz konkret dagegen?
Ich bin überzeugt, dass man sich ein Ziel setzen muss – oder einige wenige, die dann aufeinander bauen. Wie es auch Beppo, der Straßenkehrer aus Momo, gelernt hat…
Nicht 10.000, und dann keins erreichen können! Es geht darum sich nicht zu verzetteln, die Ruhe zu bewahren. Und kein Ziel ist in Stein gemeißelt, man darf, ja muss überprüfen. Hier bin ich gerne, und ich glaube auch ein guter, Sparing-Partner!
Zum Schluss Hand aufs Herz: Wann war der Moment, als DU selbst doppelt genießen konntest, Dein Motto also für Dich umgesetzt hast?
Gute Frage… (hier überlegt sie am längsten) Ich glaube es war der Moment, als mein Büro komplett eingerichtet war, es also sichtbar wurde. Da wusste ich: Jetzt kommt der Ernst nach dem Träumen.
Danke für das Gespräch!
Neben ihrer Leidenschaft als systemischer Coach ist Dr. Stefanie Gundel (Foto: Mitte) Ehefrau und Mutter von drei Kindern (5, 3, 1). Während ihrer zweiten Elternzeit hat sie sich nach einer einjährigen Coaching-Ausbildung selbstständig gemacht: Als Coach für berufstätige Mütter in Düsseldorf. Die promovierte Volkswirtin arbeitete zuvor als Businessassistentin der Geschäftsführung bei einem Pharmagroßhändler in Mannheim. Stefanie, 1979 in der NRW-Landeshauptstadt geboren, liebt das Reisen – besonders gern denkt sie an ihre beiden Auslandssemester in Rom und Halifax zurück. In ihrer Heimatstadt leitet sie nun auch die MomPreneurs Community Düsseldorf.
Fotos: Pia Stratenwerth / Elke Tonscheidt