Wohin geht die Reise?
Diese Frage stellen sich nicht nur Hoteliers und Geschäftsleute sondern auch Designer im Urlaub. Denn ja, ich gebe zu: auch im Urlaub lebe ich gerne schön. Intensiv reisen, nicht weiterrennen, dem Zauber des Ortes erliegen. Doch die Suche nach einem schönen Feriendomizil ist nicht immer einfach, Airbnb oft keine Option.
Häufig werde ich fündig bei urlaubsarchitektur.de, eine Webseite, die schöne Ferienhäuser mit dem gewissen Etwas vorstellt. Das 2007 gegründete Portal von Jan Hamer, selbst Architekt, ist als Liebhaberprojekt entstanden. Immer wieder wurde er als „Experte“ von Freunden und Bekannten nach guten Urlaubsunterkünften gefragt, bis es ihm zu viel wurde und die Webseite entstand.
Hier gibt es Unterkünfte für Einsiedler und Paare, Familien und Gruppen, in Form von Ferienhäusern, Appartements, B&Bs und Hotels. Bei der handverlesenen Auswahl der Destinationen geht es Jan Hamer neben der Architektur auch um den individuellen Anspruch, die konsequente Realisierung eines Konzepts und die persönliche Nähe der Betreiber zu ihrem Objekt.
Entspricht die Unterkunft nicht den Erwartungen von hell und sauber, kann das schon mal zu Ferienfrust führen.
Das Auge wohnt mit
Immer wieder verliere ich mich auf der Webseite um dann festzustellen, dass ich das ein oder andere Haus einfach gerne einfach so bewohnen würde, auch ohne Urlaub: In einer umgebauten Scheune, in einem renoviertem Herrenhaus, oder in einem modernen Schuppen in den Weinbergen oder am Steilhang. Meistens puristisch mit einem schönem Ausblick. Austauschbare Allerweltsausstattung, die Vielreisende vergessen lassen in welcher Stadt sie sich gerade befinden, findet man nie.
Es geht bei Urlaubsarchitektur nicht um Luxushäuser, sondern allein um die Qualität des Wohnens und des Ortes. Daher kann es genauso eine sehr einfache Unterkunft sein.
Die schönsten Häuser für die schönste Zeit im Jahr
Eine meiner Entdeckungen liegt in Arco, am nördlichen Gardasee vor den Toren des 60er Jahre Lido Schicks. Inmitten von Weinreben befindet sich eine kleine Oase. Hinter einer Hecke, ganz subtil, ja fast demütig in der von Gletschern geprägten dramatischen Landschaft, finde ich das auf den ersten Blick unscheinbare VIVERE. Empfangen werde ich von Edy, dem Besitzer; der vor vielen Jahren einfach kein schönes Hotel erwerben konnte, worin er gerne seine Gäste empfangen hätte. Kein Hotel war ihm gut genug und konnte seine eigenen Ansprüche an eine Hotelunterkunft erfüllen.
Schließlich fand sich ein Bauplatz zwischen Weinbergen und Olivenhainen – und eine Idee war geboren. Das Mailänder Architektenteam Genuizzi|Banal machte sich an die Arbeit und verbindet Design, Technologie und Natur so unauffällig, dass man es kaum merkt. Um einen großzügigen Pool arrangieren sich 10 schlicht eingerichtete Zimmer und Suiten, die wiederum über einen eigenen Garten direkt in die Weinreben führen. Man könnte den anderen Besuchern aus dem Weg gehen, aber wer möchte das schon.
Das große Dach aus einer beeindruckenden Holzkonstruktion lädt zum Verweilen und Speisen ein, egal bei welchem Wetter. Ich kann die reifen Äpfel und den Wein an den schweren Weinreben riechen, während ich auf einem dieser gemütlichen Sofas unter dem Hauptdach diesen Artikel schreibe. Gäste kommen vom Mountainbiken, Klettern oder Wandern zurück, springen noch schnell ins kühle Nass bevor sie sich zurückziehen. Ein kleines Mädchen schaut einer Eidechse nach, die sich bis eben in der Spätsommersonne auf dem warmen Holz gewärmt hatte.
Hauptsache, gutes Design
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Aber ich finde ohfamoos gestaltete Unterkünfte können sich auch positiv auf das Glücksempfinden im Urlaub auswirken. Auf meine Frage, ob auch Kinder willkommen seien, nickt Edy schnell.
„Kinder verhalten sich hier in VIVERE ganz anders. Sie werden in dieser Umgebung immer ruhiger.“
Viele Familien kommen zurück – und auch ich bin mir sicher, ich komme wieder.
Text: Melanie Blankenstein
Bilder: agrivivere.com, unleashlive.com
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