Mit Herz und Hand – über das Potenzial von Reiki
Reiki – eine Heilmethode zur Verbesserung von Seele und Körper, von dem Japaner Mikao Usui begründet. Dabei geht es um Lebensenergie und die Aktivierung der Selbstheilungskraft, die viele vergessen haben. Wie trösten wir Kinder, wie uns selbst? Manche meinen sogar, Reiki sei die perfekte Burnout-Prophylaxe. Über die Kunst des Handauflegens und warum die Pharmaindustrie daran wenig Interesse hat, habe ich mit der Kölner Reiki-Meisterin Viola Roth gesprochen.
Es heißt, „Handauflegen ist so normal wie Apfelkuchen.“ Kannst Du mir das erklären?
Seit Jahrtausenden legen sich Menschen Hände auf schmerzende Körperstellen auf – wenn wir Trost brauchen, weil wir seelisch leiden oder wenn Kinder, die hinfallen und sich wehgetan haben, von ihren Eltern tröstend in die Arme genommen werden. Dabei wird universelle Lebensenergie durch unsere Hände weitergegeben. Heutzutage berühren sich unsere Körper viel zu wenig und viel unbewusster. Wir haben vergessen, dass wir die Lebensenergie in uns tragen und weitergeben können. Erinnern wir uns zurück, was durch die Reiki–Ausbildung geschieht, werden wir uns dieser Lebenskraft bewusst.
Wer besitzt diese Kraft?
Jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze. In allen Regionen der Welt wird „Handauflegen“ praktiziert. In Japan heißt es Reiki, in unserer Region Handauflegen…
… was oft belächelt wird.
Ja, weil wir Menschen vergessen haben, welche wunderbaren Möglichkeiten sich in der Lebenskraft verbergen.
Der Reiki-Weg wird als ein persönlicher Entwicklungsweg beschrieben. Wie sah Deiner aus?
Reiki hat mich sehr verändert, in allem. Waren mir früher andere Menschen immer wichtiger, sorge ich heute dafür, dass es mir ebenfalls gut geht. Ich hatte mich schlicht vergessen, bin sehr oft über meine körperlichen, mentalen und emotionalen Grenzen hinweg getrampelt, wirklich getrampelt…
Du selbst warst Dir nicht so wichtig?
Genau. Doch dann wurde mir mein körperliches, emotionales und geistiges Wohlbefinden bewusst und ich lernte zudem mich abzugrenzen. Plötzlich konnte ich sogar unangenehme Dinge ansprechen. Ich lernte Herausforderungen anzunehmen, nach Lösungen für mich zu suchen und vertrat meine Meinung mutig auch dann, wenn manche Menschen damit nicht einverstanden waren.
Du hast ja erst als Apothekenhelferin gearbeitet, warst dann 20 Jahre in der Altenpflege. Was hat Dich diese Zeit gelehrt?
Dass ich nur dann in der Lage bin für andere Menschen gut zu sorgen, wenn es mir selbst gut geht. Und das gilt im privaten aber auch besonders im beruflichen Bereich. Durch meine Kenntnisse als Apothekenhelferin habe ich mir sehr viel Wissen besonders über die Wirkungen und Wechselwirkungen von Kräutern angeeignet. Und: Dadurch, dass ich mir jeden Tag Reiki gebe, weiß ich, welches Potenzial hier drinnen steckt um meine Gesundheit zu erhalten.
Wäre Reiki da nicht eine gute Alternative, alten Menschen etwas Gutes zu tun?
Ja, das habe ich in meiner beruflichen Laufbahn oft als Rückmeldung gerade älterer Menschen erhalten, obwohl sie nicht wussten, dass ich Reiki-Praktizierende bin. Angehörige sagten zum Beispiel: „Schwester Viola, wenn sie da sind habe ich das Gefühl, dass meine Mutter ruhiger ist als sonst.“ Oder Kunden baten mich, meine warmen Hände auf ihren Rücken zu legen, um schlimme Schmerzen zu lindern. Sie wussten nicht warum, merkten jedoch, dass es half.
Warum gibt es so viele Vorbehalte gegen Reiki-Anwendungen, wenn sie die Schulmedizin doch ergänzen könnte?
Wir können Reiki nicht mit dem Verstand erklären. Die meisten Menschen sind es gewohnt, sich z.B. bei Rückenbeschwerden direkt an Schulmediziner zu wenden. Ohne vorher zu schauen, wie es ihnen ergeht. Emotionaler Stress und Überforderung auf der körperlichen Ebene werden weggedrückt. Oft gehen wir über unsere Grenzen hinweg solange wir noch können – bis der Körper ein Signal sendet: den Schmerz. Und dann brauchen wir schnelle Hilfe um weiter funktionieren zu können. Die Weisheit von Hippokrates ist wahr: „Wenn die Seele weint, der Mund schweigt dann spricht der Körper!“
Warum vergessen Menschen ihre Eigenvorsorge so oft?
Es scheint einfacher, einen Arzt in die Pflicht zu nehmen, als selbst dafür zu sorgen gesund zu bleiben. Doch niemand außer Dir selbst ist für Dich und Dein Leben verantwortlich. Wer sich dessen bewusst wird, dem geht nicht nur ein Licht sondern ein ganzer Kronleuchter auf … (lacht) So bin auch ich aus meiner hilflosen Opferrolle ausgestiegen, habe mein Leben selbst in die Hände genommen und mich auf den Weg zu meiner langjährigen Ausbildung zur Reiki-Meisterin begeben.
Du hast Phyllis Furomoto, die Enkeltochter von Hawayo Takata, persönlich kennengelernt…
Ja, ich hatte das große Glück mit Phyllis Furomoto, die Reiki der westlichen Welt zugänglich gemacht hat, zu sprechen. Ich habe sie gefragt, was Reiki bewirkt. Phyllis hat mich eine kleine Weile angeschaut und dann geantwortet: „Reiki macht glücklich!“ So einfach ist es!
Du hast mir erzählt, Dein Anliegen sei es, die Pharmaindustrie an ihre Wurzeln zu erinnern. Warum?
Weil meiner Erfahrung nach alles Leben im Einklang betrachtet werden sollte. Medizin und Pharmaindustrie sollten ihr Bewusstsein wieder auf ihre Wurzeln lenken. Schließlich haben sie sich aus der Kräuterlehre und dem, was uns die Erde schenkt, entwickelt. Es sollten nicht nur einzelne Bestandteile und chemischen Verbindungen genutzt werden, sondern es müssen alle Möglichkeiten im gesamten Kontext zusammen gesehen werden. Erst dann ergibt sich ein langfristig gutes Ergebnis. Die Pharmaindustrie ist nur dann wirklich am Wohlbefinden der Menschen interessiert, wenn sie nicht länger den Fokus nur auf die Erkrankungen richtet – sondern auf das, was Gesundheit erhält. Dazu gehören alte traditionelle Heilmethoden und komplementäre Heilweisen genauso wie die Schulmedizin.
Liebe Viola, ich danke Dir für Deine Antworten!
Viola Roth ist freiberufliche Dozentin, u.a. beim TÜV und den SBK (Sozial-Betriebe-Köln). Sie berät Pflegekräfte in persönlichen Lebenskrisen. Nach 20 Jahren Arbeit in der Pflege, wo sie viele Menschen gerade in den schweren Stunden des Abschiedsnehmens betreute, stieg sie 2013 bewusst aus dem Pflegeberuf aus. Heute arbeitet Viola Roth selbständig als spirituelle Lebensbegleiterin – mit dem Ziel Menschen Chancen zu zeigen, ihren Weg zu finden. Besonders am Herzen liegt ihr ihre Arbeit als Reiki-Praktizierende. Sie wirkt im Vorstand von ProReiki – der Berufsverband e.V. und ist überzeugt: „Besonders Pflegekräfte sollten die wunderbare Kraftressource Reiki nutzen.“
Übrigens: An der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde läuft eine Studie mit dem Ziel: Herauszufinden, inwieweit durch Reiki-Behandlungen während einer angewandten Chemotherapie bei Brustkrebspatientinnen eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden kann. Analysiert wird auch, „wie sicher einsetzbar Reiki bei der Begleitung von Brustkrebspatientinnen während einer Chemotherapie ist“.
Fotos: Katrin Lübeck, Elke Tonscheidt und Unsplash (Jordan Whitt, Diego PH; Kristina Litvjak)