Greta oder: Von Grenzen & Brücken
Sind “die Anderen” die Bösen, die “schuld” sind an der Zerstörung unseres Planeten? Müssen sie “bekämpft” werden? Oder können wir eine neue Geschichte schreiben, die alle mit ins Boot holt, ihre Werte und Qualitäten einlädt und kreative Verbundenheit statt Separation und Konkurrenz unterstützt? Können wir Brücken bauen?
Mit diesen Fragen haben sich Brigitte und Heiko Erhardt – mitten in der Debatte über Greta Thunberg – an uns gewandt. Brigitte hatte bereits einmal für uns geschrieben: Damals hatte sie über eine Unconference berichtet und uns übrigens auf die Idee gebracht, selbst Unkonferenzen zu organisieren.
Die Greta-Debatte
Nun hat Greta Thunberg vor dem UN-Klimagipfel ihre Rede gehalten. Eine Rede, die sehr polarisierte, auch weil so viel Emotionalität in ihr steckt(e). Manche rufen: „Das geht doch nicht!“ Und andere: „Genau das geht, muss sein.“ Wie auch immer man die junge Frau einschätzt, eins schafft Greta mit Sicherheit: Sie bewegt. Und vielleicht bewegt Euch auch das, was Brigitte und Heiko Erhardt nun mit uns teilen. Hier ihr Gastbeitrag, den wir sehr gerne veröffentlichen.
Unser Planet wird ausgebeutet und zerstört von skrupellosen Menschen, die ihren Vorteil über das Wohl aller anderen stellen, und keine Verantwortung übernehmen für ihr Tun. Die ein unglaubliches Chaos anrichten und Anderen das Aufräumen überlassen. Die im Verborgenen Pläne schmieden, ausbeuten und nur ihren eigenen Interessen folgen. Die nach dem Motto „Wo kein Kläger da kein Richter“ ungestört schalten und walten und intrigieren – ohne jegliche Werte und Moral. Alle diese Darth Vaders verfolgen letztlich das Ziel, den Planeten, auf dem wir leben, zu zerstören.
Ist das wirklich so?
In vielen Lehren moderner Psychologie und Kommunikation von der gewaltfreien Kommunikation bis zum NLP findet sich die Meinung, dass jeder Mensch danach trachtet, das nach seinen Werten und seiner ganz persönlichen Sichtweise Beste zu erreichen.
Demnach glaubt ein Donald Trump fest an die Ideale des amerikanischen Traums, ein Wladimir Putin ist Feuer und Flamme für die Werte eines groß-russischen Reichs und ein Hassan Rohani ist davon überzeugt, dass die Glaubenssätze des schiitischen Islam ein Segen für die Welt sind. Und das sogar in einem Maße, dass sie diese Werte über alles andere stellen. In der Konsequenz wird alles Andere den Zielen, die sich aus dieser Weltsicht ergeben, untergeordnet – und alle, die diesen Zielen entgegenstehen könnten, als Feinde betrachtet, die es zu bekämpfen gilt.
Durchaus nachvollziehbar, doch hat diese Weltsicht einen Haken: Die alte Geschichte der Trennung funktioniert nicht mehr.
In unserer heutigen Welt globaler Vernetzung und gegenseitiger Abhängigkeit, immer knapper werdende Ressourcen, immer fragiler werdende Ökosysteme gibt es immer weniger ein “Wir” versus “Die Anderen”. Diese Nummer läuft nicht mehr.
Alles, was wir tun, hat Auswirkungen auf alle Anderen – und umgekehrt. Das klassische Muster von Gewinnern und Verlierern hat ausgedient. Es zeigt sich mehr und mehr, dass es nur noch Verlierer gibt.
Genau hier müssen wir ansetzen. Die Welt und die Menschen so nehmen, wie sie sind. Das Ganze betrachten. Holistisch denken.
- Was sind die Qualitäten des American Dreams, die der ganzen Welt zugute kommen können? Vielleicht die Tatkraft, der Glaube, es schaffen zu können gegen alle Widerstände? Cool!
- Was waren die Ideale, die den Kommunismus so begehrenswert gemacht haben? Gleiches Recht für alle, Brüderlichkeit, gemeinsame Ideale? Erstrebenswert!
- Welche Weisheiten kann uns der Islam zur Verfügung stellen, die in den westlichen Kulturen oft zu kurz kommen? Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Unerschütterlichkeit im Glauben? Wunderbar!
Lasst uns Grenzen setzen und Brücken bauen
Grenzen, die unmissverständlich klar machen, dass wir keine Ausschließlichkeit dulden. Dass wir ein “Wir oder Ihr” nicht akzeptieren – uns auch nicht ein “Wir über Euch”. Genauso wenig wie ein “Irgendwas um jeden Preis”. Dass Schluss ist mit den Status Quo-Lösungen, den kleinsten gemeinsamen Nennern, die unsere Politiker*innen ja zu gerne zelebrieren.
Und Brücken, die Möglichkeiten schaffen, die Werte, für die Menschen stehen, anderen Menschen zugänglich zu machen – zum Wohle aller.
Lasst uns das echt, authentisch und begeistert tun.
Greta Thunberg zieht deshalb so viele Millionen Menschen an, weil sie unverfälscht ist. Ihre Wut ist so echt wie ihre Tränen es sind, ihre Verzweiflung ist so glaubwürdig wie ihre Entschlossenheit. Anders als arrivierte Politiker*innen spielt sie kein Machtpoker. Statt Taktik und Kalkül zeigt sie Betroffenheit und Schmerz.
Lasst uns klar und eindeutig Stellung beziehen, ohne uns einschüchtern zu lassen.
Lasst uns unsere Verletzlichkeit und unsere Flagge zeigen und unsere Werte vertreten – und in eine Diskussion eintreten, in der wir die Werte anderer Menschen wertschätzen und ihnen einen Weg aufzeigen, sie einzubringen in eine neue, bessere Gesellschaft.
Vielleicht holen wir damit weder Donald Trump, noch Vladimir Putin, noch Hassan Rohami direkt ab. Aber vielleicht erreichen wir damit die Menschen, die diesen Politikern ihr Mandat geben. Und vielleicht geben wir diesen Politikern damit eine Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren in Anbetracht einer vernetzten Welt, in der sie ihre Ziele nicht mehr durchsetzen können, ohne als Zerstörer der Zivilisation von der Geschichte gebrandmarkt zu werden.
Zusammenstehen – über Grenzen hinweg
Um das zu erreichen, müssen wir zusammenstehen. Über Grenzen, Religionen, Ethnien und politische Ausrichtungen hinweg. Wir leben alle auf einem Planeten. Lasst uns vernetzen, kennenlernen, Gemeinsamkeiten erkennen, gegenseitig Mut machen, Halt geben und einander unterstützen.
Wir sehen Gottesdienste, in denen Christentum, Judentum und Islam Gemeinsamkeiten statt Unterschiede feiern. Wir sehen Parlamente, in denen Grüne und Konservative sich klar werden, dass sie beide Natur und Heimat erhalten und wiederherstellen wollen. und wir sehen Startups getragen von Automobilkonzernen und Klimaaktivisten, die zusammen Konzepte für nachhaltige Mobilität entwickeln.
Die Vereinzelung darf ein Ende haben. Es geht nur gemeinsam. Konkurrenzkampf und Polarisierung waren gestern. Hat nicht funktioniert. Das neue System heißt kreative Verbundenheit.
Wofür stehe ich? Was ist mein Heiligstes?
Jede und jeder darf sich fragen: „Wofür stehe ich? Wofür brenne ich? Wo halte ich mich noch zurück? Wo verschanze ich mich noch hinter Resignation, Bequemlichkeit oder nebeliger Unklarheit?” Und auch: „Was ist mein Heiligstes? Was würde ich unter allen Umständen verteidigen? Wofür lohnt es sich, aufzustehen? Wie kann ich dafür eintreten?“
Wie lautet Deine Antwort? Unsere Antwort ist:
- Für das unbeschwerte Lachen von Kindern.
- Für einen gesunden, grünen, feuchten Wald.
- Für Musik, in allen ihren Formen.
- Für gutes Trinkwasser aus dem Wasserhahn.
- Für den Austausch der Kulturen und die Inspiration, die sich daraus ergibt.
- Für saubere, klare Luft.
- Für das Strahlen in den Augen von Leuten, die an das Gute in den Menschen glauben.
- Für die Freiheit, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, wie wir leben und lieben wollen.
Aktiv werden und mit allen sprechen
Dafür gehen wir auf Demos, unterschreiben Online-Petitionen, engagieren uns in Vereinen und Verbänden, schreiben Blogs, sind politisch aktiv, sprechen mit Arbeitskollegen, Freunden und Menschen, die wir in der S-Bahn treffen.
Das alles für eine bessere Welt, die tatsächlich möglich ist. Und schon heute schafft das eine Verbindung und Zugehörigkeit, die sich anfühlt wie eine große Familie. Der eine oder andere Dinosaurier, der versucht, seine in Stein gemeißelten Ansichten unters Volk zu bringen, wird sich vielleicht immer einsamer und verbitterter fühlen.
Wir fühlen uns glücklich und privilegiert, diese neue Welt mit zu gestalten – und freuen uns über jede und jeden, die/der in Kontakt mit uns treten möchte!
Wenn Ihr die heutigen Gastautoren direkt erreichen möchtet, so schreibt an: contact@mysexysalad.com Oder eröffnet hier auf #ohfamoos eine Debatte. Denn wir schreiben ja bekanntlich für #volldasguteLeben. Wie ist Deine Meinung zu dem, was Brigitte und Heiko aufgeschrieben haben?
Fotos: Unsplash (Adi Goldstein/Kyler Trautner) und via Brigitte Erhardt
Sehr guter Beitrag !
Miteinander, füreinander 😍