Innere Konflikte und wie Du sie auflöst
Vermutlich hat sie jede/r und die einen sprechen darüber, die anderen behalten sie für sich: Innere Konflikte. Wieder andere nehmen sie lange nicht wahr und dann… Unsere Gastautorin Anne Stosch beschreibt im folgenden Artikel ein bekanntes Dilemma – und hat Gedankenansätze und Lösungsstrategien parat, die dir persönlich weiterhelfen können.
In unserem Leben begegnen uns unzählige Konflikte. Eigentlich ist unser Alltag voll davon. Seit Corona ist die Zahl der Konflikte sogar nachweislich mehr geworden. Darauf weisen zum Beispiel erste Veröffentlichungen hin, die die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen untersuchen
Aber was ist eigentlich ein Konflikt?
Konflikt => lat. für con= mit, zusammen und fligere= schlagen, prallen. Conflictus= der Zusammenstoß
Nun ist es meistens so, dass wir die Konflikte, mit denen wir uns beschäftigen, zügig und zufriedenstellend lösen können. Sie sind vielleicht nicht so kompliziert oder tragen nicht so weitreichende Entscheidungen mit sich, stellen nichts Grundsätzliches in Frage.
Was aber ist mit weitaus schwierigeren Konflikten, mit denen wir uns manchmal sehr lange beschäftigen? Die inneren Konflikte, die zu einer immer wiederkehrenden Gedankenschleife führen. Wie können wir mit solchen Dingen umgehen? Wie können wir es schaffen, eine Lösung für uns zu finden?
Was zu inneren Konflikten führt
Manchmal stehen wir vor Entscheidungen, die wir treffen müssen oder wollen – und schaffen das irgendwie nicht. Und manchmal hadern wir so sehr mit uns selbst, dass wir nicht weiterkommen und eher in Situationen verharren, anstatt sie zu lösen, weil wir den Eindruck haben, dass es keine Lösung gibt. Oder wir denken, dass andere Menschen das ohne Schwierigkeiten hinbekommen, nur wir nicht, und darum müssen wir da eben einfach durch. Augen zu und durch, Hornhaut wachsen lassen und hoffen, dass uns so eine Situation nicht wieder begegnet.
Innere Konflikte beschäftigen uns sehr lange, weil wir sie oft lange gar nicht richtig wahrnehmen. In manchen Situationen fühlen wir uns unwohl, oder wir empfinden etwas als anstrengend. Wir stellen hohe Ansprüche an uns selbst und wir denken, dass der Druck, den wir spüren, der Stress von außen ist. Und wenn andere nicht dieses oder jenes getan hätten, dann wären wir schon viel weiter.
Warum wir uns Glaubenssätze vorbeten
Hinzukommen: Mangelnde Zeit, die wir für unsere Erledigungen zur Verfügung haben, und der Druck, besonders gut oder besonders schnell sein zu müssen. Das alles sind Gedanken, die durch unseren Kopf fliegen. Und zwar so schnell, dass wir sie kaum als Sätze wahrnehmen. Gedanken, die eher als schwammiges Gefühl erscheinen und uns einen Eindruck davon vermitteln: So ist die Welt in unseren Augen wirklich oder so sollte sie sein. Und diese Gedanken laufen nicht nur einmal am Tag durch unseren Kopf.
Forschende haben herausgefunden, dass unser Gehirn die Welt um uns herum immer nach (uns) bekannten inneren Modellen interpretiert.
Wir machen uns also die Welt, wie sie uns gefällt. Oder eben auch, wie sie uns nicht gefällt. Diese Art, die Welt zu interpretieren, nennen wir Glaubenssätze. Und die tauchen unglaublich oft in unserem Alltag auf. Haben wir einmal einen Glaubenssatz entlarvt, dann bemerken wir, dass er in den verschiedensten Situationen von uns verwendet und als eigene Wahrheit anerkannt wird. (https://magazin.weka-elearning.de/lernformate/lernen-mit-hirn-worauf-kommt-es-an/)
Wir beten uns vor, was wir machen müssen, was wir nicht vergessen wollen, was andere getan haben oder nicht getan haben. Emsig bestätigen wir unser Bild von der Welt mit inneren Überzeugungen.
Gedanken sind harmlos
Ich bin auf ein Zitat gestoßen, das ich nicht mehr aus dem Kopf bekomme:
„Gedanken sind harmlos. Es sei denn, wir glauben sie.“ (Byron Katie)
Die bekannte Autorin Byron Katie (begründete die Methode „The Work“) hat das gesagt – und dieser Satz hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Wie oft sage ich mir so Sachen wie z.B.: „Wenn du netter zu XY gewesen wärst…, wenn du besser zugehört hättest…, wenn du es endlich schaffen würdest, konsequenter zu sein…, wenn du nicht so empfindlich wärst…“ Ich könnte diese Liste ins Unendliche fortsetzen.
Diese „Wenn, dann“-Sätze scheinen mir zu zeigen, dass ich in meinem Inneren weiß, was richtig wäre bzw. ist. Welche Entscheidungen die richtigen sind und was ich wie falsch oder richtig mache. Aber was, wenn diese Gedanken gar nicht der Wahrheit entsprächen? Wenn ich statt solcher Gedanken vollkommen zuversichtlich und versöhnlich auf die Dinge in meinem Alltag sehen würde.
In der Pädagogik spricht man von „Stärken stärken“. Was so viel bedeutet, wie: Sich auf das konzentrieren, was schon gut ist und darauf aufbauen. Talente fördern, anstatt sich mit dem abzuarbeiten, was man nicht gut kann.
Die Geschichte von der Tierschule
Kennst du die Geschichte von der Tierschule? Die kleinen Tiere kommen zum ersten Mal in die Schule und die Lehrkraft sagt: „Nun wollen wir alle auf einen Baum.“ Der Affe schafft es, der Bär schafft es, der Vogel schafft es, die Schlange schafft es und so weiter. Aber der Pinguin schafft es nicht. Sollte er jetzt den Rest seines Lebens damit verbringen, zu üben auf einen Baum zu kommen? Oder sollte er sich weiterhin mit dem blitzschnellen Schwimmen unter Wasser beschäftigen?
Was, wenn ich mich nicht den ganzen Tag mit dem beschäftigen würde, was mir nicht gelingt? Sondern es schaffe, auf meine Stärken und positiven Seiten zu blicken? Wie viel Kraft hätte ich dann dafür übrig? Und wieviel weniger Stress würde ich dann empfinden? Was wäre, wenn ich nicht mehr mit mir selbst kämpfen würde? Wenn ich solche inneren Konflikte nicht hätte?
Die Vorstellung von richtig oder falsch wird in unserem Leben oft auf eine Probe gestellt.
Das haben wir in den vergangenen Monaten wahrscheinlich alle gemerkt. Durch ein IN-FRAGE-STELLEN erleben wir oft innere Konflikte, die sich nicht als komplette Gedanken äußern, sondern vielleicht in der Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen. Oder in dem Unwohlsein, die Verantwortung für eine schlechte Entscheidung zu übernehmen.
Entscheidungen treffen
Oft verbleiben wir in dieser Entscheidungsstarre: Weil so ein Konflikt, oder so ein Sich-nicht-entscheiden-können/wollen, eben auch Vorteile für uns hat. Der Druck, eine Entscheidung zu treffen, wächst vielleicht langsam, aber noch kann man es aushalten. Wir verdrängen das Problem, weil eine Entscheidung immer auch die Falsche sein könnte.
Entscheidungen treffen: Nicht immer einfach
Wir können jahrelang in solchen inneren Konflikten hängen bleiben. Und nach einiger Zeit können wir dieses Unwohlsein nicht mehr mit dem Ursprungskonflikt in Zusammenhang bringen. Eine Lösung rückt in immer weitere Ferne und wir fühlen uns zusehends gelähmt.
Wir empfinden Druck oder Stress und wundern uns, dass andere in gleichen Situationen vollkommen gelassen agieren. Und ärgern uns so immer mehr über uns selbst.
Warum?
Warum schaffen wir es nicht, so locker wie andere, mit Anstrengungen oder Schwierigkeiten umzugehen?
Genau, „Warum?“ ist hier schon einmal eine gute Frage. Wenn du bemerkst, dass du dich in einem inneren Konflikt befindest, dann stelle dir doch einmal genau diese Frage. Warum, zum Beispiel, könnte eine bestimmte Entscheidung falsch sein. Warum musst du jetzt in diesem Moment eine endgültige Entscheidung treffen? Warum kannst du nicht einfach eine Entscheidung ausprobieren und wenn du merkst, die andere Entscheidung wäre besser gewesen, dann änderst du deine Entscheidung.
Warum gibt es überhaupt „richtig oder falsch“? Und was passiert, wenn du dich „falsch“ entscheidest?
Die Warum-Frage lässt dich im Kreis drehen und Du findest keine zufriedenstellende Antwort? Dann kannst du dir etwas anderes vorstellen:
- Stell’ dir vor, etwas Magisches hat das Problem über Nacht gelö Du wachst am Morgen auf.
- Woran merkst du, dass dein innerer Konflikt gelöst ist?
- Was genau ist anders?
Schreibe dir das ruhig auf. Gedanken können flüchtig sein, besonders, wenn es neue Gedanken sind. Beschreibe also so genau wie möglich die geänderte Situation und wie es dir damit geht.
- Welche Gedanken würden dir in dieser Wirklichkeit durch den Kopf gehen?
- Was denkst du zum Beispiel über dich selbst in dieser neuen Wirklichkeit?
- Und wie geht es dir damit?
- Woran würden andere erkennen, dass dein Konflikt gelöst ist?
- Was könnte in der Nacht passiert sein, diesen inneren Konflikt beseitigt zu haben?
Manchmal erscheint diese Übung aber auch sehr schwierig. Man sitzt vor einem leeren Blatt Papier und weiß einfach nicht, was man zu diesen Fragen als Antworten schreiben könnte, weil diese erfundene Wirklichkeit eben so irreal erscheint (und es ja noch auch ist). Dann können diese Fragen weiterhelfen. Horche damit in dich hinein, was sie mit dir machen…
Diese Fragen helfen weiter…
- Was wird aus deinen Gedanken, deinem Ärger oder deiner Entscheidung in 10 Minuten, in 10 Monaten, in 10 Jahren? Wenn du wählen könntest, wie dein Leben in 10 Jahren nach diesem inneren Konflikt aussieht: Welche Entscheidung würde heute am ehesten zu diesem Leben führen? Was würde dein Zukunfts-Ich dazu sagen? Was, wenn du auf deinen allerersten Impuls hören würdest?
- Was ist das Schlimmste, das durch deine Entscheidung passieren könnte und wäre das wirklich realistisch?
- Was wäre, wenn ein:e gute:r Freund:in in dieser Situation stecken würde? Und was würdest du ihm/ihr raten?
- Warst du schon einmal in einer ähnlichen Situation? Versuche einen Vergleich zu ziehen – was hat dir damals geholfen?
- Was wäre, wenn du genau die Eigenschaft schon in dir trägst, die du gerade benötigst, um diese Sache zu klären? Und welche wäre das?
Naja und manchmal ist es eben echt schwierig, das alleine hinzubekommen. Es ist schon merkwürdig: Wenn wir Probleme mit unserem Auto haben, bringen wir es in die Werkstatt. Auch unsere Zähne lassen wir von Fachleuten bearbeiten, ebenso wie den Rest des Körpers. Aber wenn es um unsere Gefühlswelt geht – etwas, was uns wohl am stärksten jeden Tag beeinflusst, erwarten wir von uns, dass wir das selbst perfekt lösen können. Hast du also eine Frage, die dich schon lange beschäftigt? Oder einen Konflikt, der immer wieder auftaucht, einen Glaubenssatz, den du einfach nicht geknackt bekommst? Dann gibt es Menschen, wie mich, die dir dabei Unterstützung geben können.

Anne Stosch arbeitet im niedersächsischen Uelzen als Beraterin für betriebliche Gesundheitsförderung und ist aktuell besonders gern als ausgebildete Mediatorin und Coach aktiv.
Anne Stosch gehört zu Gastautorinnen von ohfamoos.
Fotos: unsplash, pixabay, Paul Mandelkow
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