Soroptimistin in Dubai
Helfen kann ansteckend sein, sagt unsere Freundin Renate Wernery. Sie ist Präsidentin der Soroptimistinnen in Dubai und hat uns über ihre Arbeit in der Organisation und ihr Engagement als Soroptimistin erzählt.
Soroptimist International ist eine lebendige, dynamische Organisation für berufstätige Frauen von heute. Sie ist in 132 Ländern aktiv und umfasst derzeit mehr als 70.000 Mitglieder. Ich bin eine von ihnen. Seit 36 Jahren lebe ich in Dubai, das inzwischen in den Medien und Sozialen Kanälen fast omnipräsent ist. Gerne berichten westliche Medien durch einseitige und meistens lächerlich übertriebene Charakterisierung einer oberflächlichen BlingBling-verliebten Society über Dubai. Aber ich würde gerne auch eine andere Seite der Gesellschaft benennen und darüber berichten.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten existiert eine natürliche, großzügige Helfermentalität. Und zwar durchgängig vorkommend bei allen hier lebenden Nationalitäten. Sicherlich durch den Islam begründet, der in Moscheen und den Medien immer wieder zum Almosen spenden aufruft.
Helfen kann ansteckend sein
Erfreulicherweise ist dies ‚ansteckend‘. Es geht dabei nicht nur um Monetäres. Offizielle Apelle für jedwede Hilfsdienste werden aktiv von Schulen und Firmen aufgegriffen; die so verrufene Gesellschaft engagiert sich sofort und unzählige Hände bewegen sich helfend.
So auch im Soroptimist Club Gulf-Dubai. Hier treffen sich Frauen unter dem Motto: „We stand up for Women“. Wir Sororers sind Teil eines internationalen Netzwerks berufstätiger Frauen mit gesellschaftspolitischem Engagement, das sich seit 102 Jahren aktiv dafür einsetzt, den Status von Frauen und Mädchen durch „Educate, Empower, Enable“ aufzuwerten und zu verbessern. Mehr als 70,000 engagierte Frauen in 118 Ländern kämpfen gegen alle Formen der Gewalt gegen Frauen und für den sicheren Zugang zu ausreichender Ernährung und medizinischer Versorgung. Sie initiieren Hilfsprogramme zur Beseitigung der Folgen von Klimakatastrophen und kriegerischen Konflikten.
Die Soroptomistinnen haben Konsultativstatus bei ECOSOC, dem Economic and Social Council der United Nations. Unsere Repräsentantinnen arbeiten bei UN-Unterorganisationen in New York, Genf, Wien und Paris wie z.B. WHO, UNHCR, UNIDO, ILO, UNEP, UNESCO, UNICEF und UN WOMEN. Seit 2011 ist Soroptimist International (SI) auch im Europarat in Straßburg mit beratendem Status vertreten.
Soroptimistinnen in Dubai
In Dubai sind wir Soroptimistinnen nur ein kleiner Kreis Engagierter – eigentlich nur 18, wenn jede von uns anwesend ist. Zahlenmäßig nicht bedeutend – aber unsere Arbeit ist es.
Wir haben eigenhändig Wasserfilteranlagen und Bio-Toiletten in Uganda und auf den Philippinen in der Provinz Davao gebaut.
Für Waisenkinder im Iran haben wir IFTAR-Mahlzeiten organisiert. Frauen aus Ghana, die, während der COVID Pandemie ihre Jobs verloren hatten haben wir versorgt und ihre Rückflüge bezahlt. Wir haben Frauen in Pakistan, die Flutopfer wurden, mit Sanitärartikeln ausgestattet und natürlich unterstützen wir andere Soroptimistinnen, die sich, z.B. in Ungarn, um eine Flut von Flüchtlingen aus der Ukraine kümmern.
Vor ein paar Wochen sind drei Sisters, so benennen wir uns kurz und gewollt auf der ganzen Welt, und ich zu einem Soroptimistinnen Club nach Nairobi geflogen.
Projekte in Kenia
Zwei soroptimistische Projekte waren Anlass dieser Reise.
Zu Beginn meiner Präsidentschaft war es mein größtes Anliegen, dass unser Club sich aktiv in die Gruppe der Soro-Kämpferinnen einreiht, die sich nicht damit abfinden wollen, dass alle 11 Sekunden irgendwo auf der Welt ein Kind oder eine Frau der Geschlechtsverstümmelung zum Opfer fällt. FGM – Female Genital Mutilation – ist der Begriff für die grausamste Folter überhaupt nur vorstellbar. Mehr als 200 Millionen Frauen und Mädchen sind bereits dieser entsetzlichen Prozedur zum Opfer gefallen, vorwiegend in Afrika, im Mittleren Osten und in Asien.
Female Genital Mutilation – FGM
Allein in Deutschland sind 60,000 Frauen von FGM betroffen – wahrscheinlich ist die Zahl grösser! Zusammen mit den United Nations und allen engagierten Frauenverbänden ruft Soroptimist International deshalb jährlich zum „International Day of Zero Tolerance for FGM“ auf.
Wir im Soroptimist Club Gulf-Dubai engagieren und solidarisieren uns ebenfalls mit den internationalen Kampagnen, wollten uns aber zusätzlich selbst ein Bild davon machen, wie unser Sisters im Club Milimani in Nairobi mit dem Problem umgehen.
Es war erschütternd! Renate Wernery
Nur wenige Frauen in Kenia sind nicht selbst betroffen. Diese übelste aller Traditionen wird in vielen Ländern praktiziert, weil sie absolut nichts mit Religion zu tun hat, und von vielen Regierungen, wie z.B. in Kenia und den UAE sogar verboten ist.
Wir besuchten ein Camp in dem 126 ‚gerettete‘ Mädchen betreut werden. Maureen, eine Massai die sich als Chief vorstellt, geht mit polizeilicher Unterstützung in die Gebiete der Massai Stämme – oft, nachdem sie anonyme Hilferufe erreichen und ‚rettet‘ die Mädchen.
Maureen ist eine starke Persönlichkeit. Schon ihr Titel Chief verrät, dass sie bei den Familien Autorität besitzt und sich durchsetzen kann. Sie sucht Unterbringungen für die verstümmelten Mädchen in verschiedenen Camps.
Aber nicht nur FGM ist ein leidvolles Thema in Kenia. Das Thema Kinderehe ist ebenso präsent. Auch diese Kinder, die manchmal nur 5-7 Jahre alt sind, wenn sie verheiratet werden, fallen unter Maureens Fürsorge.
Ein Funken Hoffnung
Zusammen mit den kenianischen Sisters in Nairobi können wir zumindest finanzielle Hilfe leisten und Maureens Arbeit unterstützen. Zwei deutsche soroptimistische Clubs haben das schon vor uns getan. Ein Solarpaneel und zwei große Wassertanks, die mit Hilfe der Gelder aus Deutschland errichtet wurden, versorgen jetzt das Camp. Das Geld, das meine Freundinnen in Dubai gespendet haben, wird ebenfalls von Maureen für die bedürftigsten der Kinder verwandt. Immer mehr solcher ‚Auffangstationen‘ müssen versorgt werden. Das bedeutet allerdings auch, dass sich das Bewusstsein in Kenia langsam ändert. Die Akzeptanz von FGM und Kinderehen sinkt in der Bevölkerung. Lehrerinnen deuten die Signale in den Tribal-Gebieten und reagieren. Oft wenden sich sogar Verwandte und ältere Geschwister an die eingerichteten Help-Lines.
Kampagne gegen Gebärmutterhalskrebs
Und dann gab es noch ein beglückendes Treffen mit einigen dieser großartigen und beindruckenden kenianischen Sisters, bei dem wir eine weltweite Kampagne gegen Gebärmutterhalskrebs beschlossen.

Die Frauen der beiden Soroptomistinnen Clubs aus Kenia und Dubai
Zusammen mit dem „Health4Life Fund der Vereinten Nationen“ wollen wir eine Krankheit bekämpfen, die alle zwei Minuten eine Frau tötet.
Speziell in Afrika, und besonders in den Regionen der südlichen Sahara, sind Frauen betroffen. Dabei hätte die Welt kosten-effiziente Möglichkeiten diese Krankheit zu beseitigen, wenn sie rechtzeitig erkannt oder durch eine einfache Impfung sogar verhindert werden kann. Soroptimistinnen weltweit haben es sich jetzt zur Aufgabe gemacht aufzuklären, Krebs Vorsorgestationen zu etablieren und Fachkräfte zu trainieren.
Das heißt für uns Sponsoren zu finden, Spenden zu sammeln und weiterhin für die Frauen in der Welt zu kämpfen.
Renate Wernery
Ihr Spezialgebiet ist veterinäre Virologie, ihre Berufung ist es Frauen zu stärken. Schon früh in ihrer Karriere als Laborleiterin verschlägt es Renate nach Somalia, wo sie mit ihrem Mann ihre Tochter Rachele adoptieren. Zurück in Deutschland ist sie Mitgründerin eines Frauenhauses in Neumünster. Nach der Geburt ihres Sohnes David verbringt Renate mit ihrer Familie drei Jahre in Papua New Guinea bevor sie 1987 gemeinsam mit ihrem Mann in Dubai das CVRL (Central Veterinary Research Laboratory) aufbaut – heute das Zentrum für Veterinärmedizin im Mittleren Osten. Seit vier Jahren engagiert sie sich für die Anliegen der Soroptomists.