Selbstständig sein und die Kraft der Familie
Es gibt ein Narrativ, an das viele Menschen glauben: Wer selbstständig ist, arbeitet selbst und ständig. Du nickst, kennst Du? Maren Jopen glaubt diese Erzählung allerdings schon länger nicht mehr. Sie hat verstanden, dass es anders geht. Und dass die Familie dabei eine große Rolle spielt. Darüber hat sie auch bei LinkedIn geschrieben, Elke wurde darauf aufmerksam und kontaktierte Maren. Selbstständig sein und dabei Job und Familie gut wuppen – ein ohfamooses Thema? Ja. Lest also hier mehr dazu.
Maren, Du hast kürzlich auf LinkedIn Deine Tipps veröffentlicht, wie Du Familie und Selbständigkeit unter einen Hut bekommst. Warum war Dir das ein Bedürfnis?
Ich bin damit aufgewachsen, dass ein eigenes Unternehmen „selbst und ständig“ bedeutet. Das war für mich nie eine Option. Erst als ich verstanden habe, dass es auch anders geht, dass es durchaus möglich ist, selbstständig zu sein und dennoch präsente Mutter, wurde es für mich attraktiv. Heute bin ich überzeugte Teilzeit-Unternehmerin.
Du schreibst zum Thema Rollentrennung: „Wenn ich daheim bin, bin ich daheim.“
Ich halte es für sehr wichtig, die Rollen bewusst zu trennen. Konkret heißt das bei mir: Wenn ich arbeite, arbeite ich. Da wird nicht nochmal schnell die Einladung für den nächsten Kinder-Geburtstag gemacht.
Wenn ich daheim bin, bin ich daheim. Hier gibt es kleine Ausnahmen, z.B. hier und da einen Termin wahrnehmen, wenn es nicht anders geht. Dass ich etwas fertig mache, was ich morgens nicht geschafft habe, das aber wichtig und dringend ist.
Ansonsten trenne ich die Rollen sehr klar und sorge damit für Klarheit in meinem Kopf.
Wie hast Du Deine Art zu arbeiten über die letzten Jahre optimiert, Du hast ja noch zwei kleine Kinder …
Es stimmt einfach nicht, dass man in 8 Stunden mehr erledigt bekommt, als in 5. Meistens dödelt man in den 8 Stunden nur mehr rum, von Ausnahmen abgesehen. Ich habe meine Art zu arbeiten über die Jahre massiv optimiert. Dadurch bekomme ich in weniger Zeit mehr erledigt, was Freiraum schafft.
Mein Eindruck ist: Wenn das klappen soll, ist der Partner eine entscheidende „Stellschraube“ – sprich, macht er nicht mit, kannst Du’s vergessen, oder?
Ja, das sehe ich auch so.
Mein Mann “hilft” mir nicht im Haushalt.
Wir managen das gemeinsam und jeder bringt sich so gut ein, wie es in dem Moment eben möglich ist. Nur in einigen wenigen Bereichen haben wir klare Aufgabenteilungen. Und ganz wichtig ist auch hier die Kommunikation: Hat eine*r von uns den Eindruck, dass es ein Ungleichgewicht gibt oder es gerade zu viel wird, sprechen wir darüber und justieren gemeinsam.
Hast Du ganz konkrete Tipp, wie man sich die Arbeit zuhause vereinfacht?
Wir schauen immer wieder, was wir zuhause vereinfachen können. So bereiten wir am Abend den Morgen vor: Frühstückstisch decken, Brotzeitdosen fertig machen (die Sachen bleiben in der richtigen Dose frisch).
In den Supermarkt gehen wir nur noch in Ausnahmefällen, sondern bestellen unsere Lebensmittel in der Regel. Einmal pro Woche haben wir eine Putzhilfe. Das Kochen werden wir noch optimieren, Meal Prep wollen wir ernsthaft ausprobieren.
„Weniger Zeug“ schreibst Du auch ganz groß, richtig?
Genau, ich mag es, wenn wenig Zeug rumsteht, die Schränke eher leerer als voller sind. Ich habe so ein leichtes Minimalismus-Faible. “Besitz besitzt dich” – ich mag es eher freier und ich habe den Eindruck: Weniger Zeug ist auch einfach weniger Arbeit.
Deshalb gehört regelmäßiges und konsequentes Ausmisten unbedingt dazu.
Sind die Kinder integriert?
Antwort: Unsere Söhne (Jahrgang 2015 und 2013) wissen es zu schätzen, dass ich ab mittags daheim bin. Dafür sind sie bereit, ihren Beitrag zu leisten. Sie übernehmen Aufgaben wie Spülmaschine ausräumen, ihr Zeug wegräumen (klappt manchmal ;)), Rasen mähen. Sie können ein paar Gerichte kochen, wie zum Beispiel Pfannkuchen.
Eure Jungs helfen im Haushalt freiwillig?
Na ja, sie machen das alles nicht immer freudestrahlend, aber freiwillig, weil sie checken: Ihr Beitrag ist für die Familie wichtig.
Und: Unsere Kinder dürfen sich gerne in ihren Hobbies austoben – unter der einzigem Bedingung, dass es für sie mit dem Rad erreichbar sein muss.
Denn wir möchten sie nicht mit dem Auto durch die Gegend gurken.
Das finde ich sehr ambitioniert, ich glaub das mit den Hobbies ist nicht durchzuhalten…
Ein Freund von meinem Sohn wohnt 10 km entfernt. Radelt er hin, auch kein Beinbruch. Findet er sogar gut. Unsere Jungs sind 9 und 11 Jahre, bis heute hat es geklappt. Wobei, mein Sohn hat neulich gemeint, er möchte mal Alphornblasen ausprobieren… 🙂
Du gibst selbst zu, trotz guter Vorsätze und Absprachen (mit Deinem Mann z.B.) nicht immer gut drauf zu sein, das Scheitern gehöre dazu. Was hilft Dir, locker zu bleiben?
Mir hilft es, mich selber nicht zu ernst zu nehmen. Dieser Anspruch, von dem ich manchmal lese, mit dem eigenen Sein „eine Delle ins Universum zu schlagen“, ich weiß nicht so recht. Am Ende machen wir es doch alle in jedem Moment so gut, wie wir können. Mir das immer wieder vor Augen zu führen, hilft mir, nicht zu sehr zu verkrampfen.
Hast Du von anderen Tipps bekommen, wie es gut geht, selbstständig zu sein? Wenn ja, welchen findest Du richtig gut?
Ja, ich bekomme ich wieder Tipps zu diesen Themen, das hilft auch mir sehr. Am meisten hängengeblieben ist mir die Wichtigkeit, die ganze Familie ins Boot zu holen und gegenseitiges Verständnis für einander aufzubringen.
Danke, liebe Maren!
Kennengelernt haben wir von ohfamoos Maren bei einer unserer Unkonferenzen.
Maren Jopen begleitet Menschen in ihre Selbstständigkeit. Dafür gründete sie die Jopenau, ihre mittlerweile dritte Selbstständigkeit. Ihre Konzernkarriere hat sie bereits 2010 aufgegeben. Heute ist sie überzeugte Teilzeit-Unternehmerin, der Nachmittag gehört der Familie. Mehr über ihr Wirken, neuerdings zusammen mit einer Partnerin, hier.
Fotos: flow photography