Reisen ins eigene Wohnzimmer
„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen.“ Sagte man 1786. Was erlebt man heute? Die Hotelbranche ist voller Superlative. Für jedes Bedürfnis ein Bett: Ob im Rumpf einer alten Boeing, in den Gemäuern alter Knast-Anlagen, Couchsurfing oder die Öko-Variante in Baumwipfeln, um nur einige Alternativen zu nennen. Junge Geschäftsreisende der Tablet-Generation haben noch mal andere Ansprüche, probieren gerne aus, denken UND reisen vernetzt. Wie sehen sie aus, die Geschäftshotels der Zukunft?
In diese Lücke sind sogenannte New Generation Hotels gesprungen. Wohlwissend, dass sich die Ansprüche von Reisenden stark verändert haben. Studien mahnen: „Hotels are in danger of failing to adapt to a new breed of guest whose needs and demands are entirely different to those of previous generations.“
Ich habe zwei Hotel-Experten gefragt, die solche New Generation Hotels gut kennen. Und eine junge Frau, die nach dem Abi Europa erkundet, bald auch Geschäftsreisende sein wird. Einig waren sich die drei in drei Punkten: Diese Hotels verzichten bewusst auf gewohnte Standards. Sie setzen stark auf moderne Kommunikation und Technologie. Und sie sind chic aber weniger formal. In Caras Worten hört sich das so an: „Man kommt rein und fühlt sich direkt wohl. Wie ein großes Wohnzimmer.“ Ein Gefühl „home away from home“!
Geschäftshotels und gemütlich, gar lässig? Gerade die, sagt der 52jährige Ulrich Pillau, der vor einigen Jahren ein Unternehmen für Hotelsoftware gegründet hat. Seine Erfahrung ist: „Die Leute suchen gutes Design und eine hochwertige Zimmerausstattung zu bezahlbaren Preisen.“ Um das hinzukriegen, verzichteten Business-Hotels heute immer mehr auf eine große Lobby, Concierge, Restaurant und Wellness.
„Stattdessen bieten sie ein smartes Café und eine stylische Bar.“
Die Macher dieser Hotels nennen das ‚Lean Luxury‘ – eine Philosophie, die auf schlanken Luxus setzt. „Auch die Abläufe im Hotel“, sagt Pillau, „sind schlanker als sonst. Man kann sich, wenn man möchte, schon online einchecken, seine Schließkarte bei Anreise ganz effizient an einem Termin abholen, und schon sind Check-In und Check-Out erledigt.“ Das nagelneue Ruby Sofie Hotel, das im Frühjahr 2014 in Wien eröffnet wird, sei zum Beispiel genau so konzipiert. Ein kleines Designhotel mitten in der Stadt mit folgender Besonderheit: „Viele liebevolle Details erinnern an die glanzvolle Geschichte des historischen Gebäudes, in dem das Hotel liegt: Die Sofiensäle, seit 150 Jahren einer der prachtvollsten Konzert- und Ballsäle der Stadt.“
In ein Hotel einchecken wie in ein Flugzeug? Michael Struck, CEO der Ruby Hotels, ist viel in der Welt rum gekommen, seitdem er vor 41 Jahren in Boston geboren wurde. „Was heute bei einer Airline selbstverständlich ist, kann doch auch im Hotel angeboten werden, oder?“ Wichtig laut Struck sei dabei, dass es für den Gast technisch einfach sei. Ansonsten gehe der Trend eindeutig dahin, den Menschen heute nicht nur Wohnen zu bieten sondern Erlebnisse.
Auch für die 20-jährige Cara aus Köln, die sich in London das CitizenM Hotel angeschaut hat, war es ein kleines Erlebnis. Das Restaurant beschreibt sie „eher wie das Esszimmer zuhause“ und obwohl alles sehr modern ausgestattet sei „ist es unglaublich gemütlich, mit den vielen Sofas und Regalen, aus denen man sich Bücher nehmen kann.“ Hat sie Service vermisst? Nein, sagt die Studentin, „auch beim Buchshop, wo mehrere iPads liegen, ist ein Hinweis aufs Personal, der Gast wird weder hier noch beim selfcheckin/out Schalter mit der Technik `alleine gelassen`“.
„Niemand ist aufdringlich“
Ihr Fazit: „Für Leute, die geschäftlich viel reisen, sicher sehr schön mal ein persönlicheres Hotel zu haben, aber trotzdem `anonym` zu sein. Niemand ist aufdringlich und man kann sich auch das Essen und Getränke am Buffet, das wie eine Küche aussieht, selbst nach Bedarf nehmen.“
Studien, die das moderne Geschäftsreisen analysieren, bestätigen: Hotels müssen in Zukunft noch mehr das Lebensgefühl der Menschen abbilden. Denn genau das habe sich, zumindest für die Generation junger Business-Traveller, total verändert. Ein Hotelblog zitiert aus dem Report ‘A New Breed of Traveller’: „The report says the impact of rising affluence, globalization and technology has led to modern hotel guests valuing experiences and the feeling of ‘being connected’ over traditional hotel luxuries.“
Lage, Lage, Lage – wer eine gute Immobilie kaufen möchte, kennt diesen Spruch. Nicht anders für Hotelimmobilien. Michael Struck empfiehlt auch deshalb das HTL Hotel in Stockholm, „weil es im Herzen des Stockholmer Geschäfts- und Einkaufsviertels liegt, nur fünf Minuten vom zentralen Bahnhof entfernt.“
Diese Hotels vereinbaren Arbeiten und Leben
Auch dieses Hotel vereinbaren Arbeiten und Leben: „In der Lobby kann man gut arbeiten, und in der Umgebung gibt es jede Menge Restaurants.“ Für Cara war das in London ebenfalls ein Pluspunkt: „Das CitizenM liegt nur ca. sieben Minuten von der nächsten Tubestation entfernt.“
Auch die Zimmer der New Generation Hotels sind anders designt, oft kleiner aber voller Details ganz nach dem Geschmack der neuen Generation: Natürlich passt in den Safe ein Laptop, Free Wifi ist so selbstverständlich wie das King Size Bed und Licht gibt es nicht nur um Licht zu haben, es geht um Beleuchtungskonzepte, die im besten Fall Atmosphäre schaffen.
Dieser Artikel könnte Dich auch interessieren:
Kommentare
Reisen ins eigene Wohnzimmer — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>