99 Särge für chinesische Netzbürger
China hat für Sonja eine Faszination, die sie nur schlecht beschreiben kann. Einerseits interessiert sie sich für diese alte Hochkultur, andererseits erschreckt sie das Regime, die Korruption und die Unterdrückung von Freiheit – die für uns so selbst verständlich ist. Sonja hat das Buch 99 Särge für ohfamoos rezensiert.
Als ich kürzlich im Radio hörte, dass der Aufstand am Tian’anmen Platz, auf deutsch ‚Platz des himmlischen Friedens‘, im Juni 1989 statt fand, konnte ich es kaum glauben. 25 Jahre sind seitdem vergangen, und nicht viel hat sich verändert. 99 Särge ist ein Kriminalroman, in dem Qiu Xiaolong die Themen Korruption und Internetüberwachung beschreibt und uns gleichzeitigEinblicke in das alltägliche Leben des heutigen Chinas gewährt.
Chefinspektor Chen Cao von der Polizei Shanghai wird zu einem neuen Fall hinzugezogen, der uns direkt ins kapitalistische China führt:Ein hochrangiger Beamter wird in einem Luxushotel erhängt aufgefunden. Dieser hatte sich öffentlich dafür eingesetzt, die Preise von Immobilien hochzuhalten – mit Auswirkungen auf die Kluft zwischen Arm und Reich. Dann taucht im Internet ein Foto von seinem extravaganten Lebensstil auf und weitere Beweise, dass der Beamte korrupt war.
War es Selbstmord oder Mord?
Oberinspektor Chen soll diesen Fall möglichst schnell, und ohne viel öffentliches Aufsehen zu erregen, lösen. Ihm ist aber klar, dass er im Kreuzfeuer der verschiedenen politischen Kader steht. Also widmet er sich lieber seiner Poesie und überlässt seinem Kollegen die Ermittlungen. Erst als ein Freund Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht wird, greift Chen ein.
Der Autor Qiu Xiaolong, der in Shanghai geboren und aufgewachsen ist, lernte Englisch mit Hilfe von Mao Zitaten. Später studierte er Anglistik und Literaturwissenschaft. Zur Zeit des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens wohnte er zu Studienzwecken in den USA. Dort reifte auch sein Entschluss, nicht nach China zurückzukehren. Das Buch 99 Särge widmet er den chinesischen Netzbürgern.
Ich empfehle das Buch allen, die an China interessiert sind, Krimis mögen und niveauvolle Sprache schätzen.
Eine Empfehlung von Sonja Ohly.
Foto: Pixabay.