Die Daily Soap des Opa-Bloggers
Manchmal trifft man Menschen, mit denen teilt man Vergangenes und arbeitet aktuell wieder an gleichen Themen. So ging es mir mit Detlef Untermann, dem Opa Blogger. Mitte der 90er Jahre haben wir beide in der politischen Kommunikation geackert – er in Berlin, wo er heute noch lebt, ich in Bonn. Viele gemeinsame Bekannte … Der Mann ist stolzer Opa, hat eine Kommunikationsagentur aufgebaut und arbeitet die künstlerischen Werke seines Ururgroßvaters auf.
Soviel zu den Unterschieden, unsere erneute Schnittstelle: Das Bloggen. Schon als ich 2013 beim Ausbau des Start-Ups grosseltern.de helfe, stoße ich sofort auf Opas Blog. 2014 folgt die Verabredung zum Kaffee – jetzt von Blogger zu Bloggerin.
Der Opa Blogger
Für mich ist der Mann eine Mischung aus „Charmebolzen“, wie er seine Enkel beschreibt, gestandenem Journalisten – vom Bayerischen Rundfunk bis zur Märkischen Oderzeitung – und dynamischem PR-Mann. „Seine Frau erdet ihn häufig, so viele Ideen hat er… “, sagen Freunde schmunzelnd. Der Name seines Familienunternehmens: butterfly communications. Ob er weiß, wie gut der Schmetterling zu ihm persönlich passt? Seine und die Firmenphilosophie: Alles hängt mit allem zusammen.
Natürlich gibt es erfolgreichere Blogs. Aber was Opa Detlef da in kurzer Zeit hingelegt hat, ist beachtlich. Einigen redet er zu oft von seinen Zahlen, aber es hilft nix: Opa wird rege gelesen. Die Katholische Nachrichten Agentur stilisiert ihn in einem Beitrag sogar zum „Internetphänomen“. Fakt ist: In nur anderthalb Jahren brachte es dieser klassische Familienblog nach seinen eigenen Angaben auf über eine halbe Million Besucher. In Spitzenzeiten kam der Kommunikationsprofi auf bis zu 2.000 Seitenaufrufe am Tag!
Die „Gedanken eines Großvaters“, so der Claim des Blogs, treffen gerade in Zeiten, wo manche Menschen schon die Tagesschau nicht mehr ertragen, auf einen empfindlichen Nerv. Wer will zur Primetime zehn Minuten lang ständig Kriegs- und andere Horrorbilder sehen? Untermann beschreibt das, was er im Winter 2013 online begann, selbst so: „Im Verhältnis der Generationen bleiben viele Geschichten und Gefühle auf der Strecke des Alltags. Dieser Blog ist der Versuch, diese vielen Kleinode dem Vergessen zu entreißen.“
Und so bloggt er stetig nette, manchmal tiefsinnigere, immer aber schnell verständliche Kurzgeschichten, die häufig mit nur zehn Zeilen auskommen. Da geht es schlicht um die (guten) Manieren der Enkel oder um spannende Ausflüge ins Zentrum der Berliner Macht („Spaß unter Angelas Augen“).
Auch Oma mischt mit
Oft ist auch Oma, eine gebürtige Niederländerin, mit von der Partie. Kürzlich wählten die beiden beim Einkaufen eine andere Uhrzeit. Da waren aber, neckt Opa liebevoll, nach Omas Relativitätstheorie „nur alte Leute unterwegs“ – weshalb die Großeltern demnächst besser wieder nachmittags den Supermarkt stürmen.
So ein Großvater sei doch der Hit für viele Kinder, vermutet Wegbegleiter Uwe Evers, der Untermann in den 80er Jahren beim Volontariat in Münster kennen lernt. Er charakterisiert seinen ehemaligen Kollegen so: „Detlef ist ein positiver Mensch. Er lässt sich durch nichts unterkriegen und erfindet sich zur Not auch neu. Seine erfolgreiche Selbständigkeit ist der beste Beweis. Und er ist ein Familienmensch…“
Was ist das Erfolgsrezept?
Das eine ist: Er berichtet selbst über Banalitäten humorvoll, garniert jeden Blogbeitrag auch rhetorisch: „Was soll ich sagen?“ Opa macht aus seiner Gefühlswelt keinen Hehl. Oma kriegt Liebeserklärungen und die Enkel schützt er, indem sie in seinen Erzählungen nie offen zutage treten.
Sonst würde er auch familiär Ärger kriegen: „Als ich von meiner Idee erzählte, haben wir uns darauf verständigt, dass die Kinder anonym bleiben“, erinnert er sich. Heute sagt die Mutter seines ältesten Enkels: „Wenn ich über manche Erlebnisse berichte, die nicht so für die Öffentlichkeit geeignet sind, darf ich nicht vergessen zu sagen: Das ist aber nichts für Opas Blog.“
Das andere ist: Sein Familienalltag bedient eine heile Welt, von der viele Menschen träumen. „Ich bediene auch ein kleines Stückchen Sehnsucht“, glaubt er, und: „In meiner Daily Soap würden sich viele selbst gern wiederfinden.“ Auf die Idee kam er, als jemand behauptete, im Zeitalter von Facebook und Twitter brauche man mit dem Bloggen gar nicht mehr anzufangen. „Die Einladung habe ich gern angenommen“, feixt der Wahl-Berliner, der in Bayern geboren wurde.
Was sollen wir sagen?
Für uns Blogger-Frauen hat der Opa-Blogger voll ins Schwarze gegriffen. Und wir wünschen ihm viel Glück bei seinem neuen Hobby: Gemeinsam mit anderen Nachfahren versucht er, das künstlerische Werk seines Ururgroßvaters, des deutschen Genremalers Gisbert Flüggen, zu rekonstruieren. Ob das auch ein Erfolg wird? Detlef Untermann wird es uns wissen lassen.
Fotos: Opa Detlef