5 Tipps den richtigen Partner zu finden
Eigentlich wollte ich „nur“ mal schreiben, was Menschen erleben, wenn sie daten. Kennt Ihr nicht auch Freunde, die Partnerbörsen besuchen oder dort mal aktiv waren? Eben. So vertraut eine zweifache Mutter, Anfang 30, dem SZ-Magazin an: „Ich bin jetzt bei 700 Männern angelangt, die mich treffen wollen.“ Eine 35jährige Frau kommt nach einer einzigen und klassischen Kontaktanzeige in der ZEIT, nicht gerade für Rambo-Leser bekannt, zu folgendem Resultat: „Ich werde wohl nie mehr eine Anzeige aufgeben“, schreibt sie uns. Und: „Es tut meiner Seele nicht gut.“
Wenn es so viele tun, gibt es viel Erzählstoff. Den richtigen Partner finden, so schwierig? Bei meinen Recherchen bekam ich jedenfalls so viele krasse Geschichten zu hören, dass ich erst mal ratlos wurde. Da hat eine Frau mit ihrem eigenen Mann eine Online-Affäre? Hallo? Ja, sie hatte bemerkt, dass er auf Datingseiten unterwegs war, sich selbst dort ein Profil angelegt, das auf ihn passte und zack, der suchende Hecht biss an.
Den richtigen Partner finden – aber wie?
Stimmt es, dass Männer hauptsächlich Abwechslung suchen und Frauen gleich den Mann für’s Leben, wie meine Bloggerkollegin Sonja behauptet? Christine, die für diesen Blog als Gastautorin schreibt, geht sogar noch weiter: Macht die Möglichkeit einer ständigen Produktoptimierung (in diesem Fall Mann oder Frau) durch ein unüberschaubares und ständig wachsendes Angebot eine Bindung nicht geradezu unmöglich? Fragt sie und verweist auf Eva Illouz, die seit 2006 Soziologie und Anthropologie an der Hebräischen Universität Jerusalem lehrt.
Eva Illouz, Soziologin: „Gefühle gelten nur mehr als lästige, hinderliche Randelemente.“
Die Soziologin Illouz forscht über den Einfluss von Kapitalismus und Massenmedien auf Gefühls- und Beziehungskonzepte in modernen Gesellschaften. Männer und Frauen hätten heute Sexualität, sexuelle Attraktivität und sexuelle Erfahrung „sehr eindimensional neu definiert“. Sie stünden mittlerweile im Zentrum von Beziehungen. „Gefühle gelten nur mehr als lästige, hinderliche Randelemente.“ Die Forscherin glaubt, „dass genau diese Form sexueller Freiheit zu einer neuen emotionalen Herrschaft von Männern über Frauen geführt hat.“
Starker Tobak. Wenn das alles so ist, müssen Menschen (ich verkürze bewusst nicht auf Frauen), die nicht nur die schnelle Nummer suchen, ja geradezu vor die Wand laufen, wenn sie sich einer Partnerbörse anvertrauen. Informieren die sich denn vorher nicht, was auf sie zukommt? Gibt man wirklich den Führerschein für sein Leben quasi beim Ausfüllen der Persönlichkeits-Checks ab, mittels derer Suchmaschinen dann die (vermeintlich) passenden Liebhaber/innen zutage fördern?
Warten wir zu lange auf den „Richtigen“?
Mit zu wenig Intellekt hat das offenbar alles wenig zu tun. Wohl aber mit – teilweise purer – Verzweiflung. Auch Freundinnen von mir haben, ob mit oder ohne Annonce, Kinder mit Männern gekriegt, die ihnen als Mutter nicht mal aufgefallen wären. Zumindest nicht positiv. Gut, mancher Mann würde auch die Mutter seines Kindes nicht mehr heiraten, aber das ist ein anderes, ebenfalls spannendes Thema …
Warum aber ist die Verzweiflung heute so groß? Weil wir alle zu lange warten, erst Ausbildung, Beruf und Karriere unter Dach und Fach wissen wollen, bevor wir uns der Liebe zuwenden?
Eine frühere Arbeitskollegin von mir sagt: „Frauen Ende 30, Anfang 40 ohne Kinder und Partner sind fast nicht zu ertragen. Als Freundin 1:1, alles ok. Aber sobald ein Mann zur Tür rein kommt… verzweifelt sag ich Euch. Die Uhr tickt so laut – hörbar durchs ganze Lokal.“ Und sie will in der Haut von manch einer Bekannten deshalb auch nicht stecken: den ganzen Tag arbeiten, abends müde nach Hause kommen oder auf Dienstreise sein – und am Wochenende melden sich entweder Familienfreunde oder andere stetig suchende Singles, die sich ausheulen. „Kommt dann ein Typ daher, der einem was Nettes sagt … die gestandene Frau schmilzt wie eine 17jährige dahin“, hat auch sie selbst erfahren, als sie noch nicht Mutter war.
So etwas ist der eingangs erwähnten 35jährigen passiert, die sich während eines wochenlang andauernden E-Mail-Kontakts in einen Professor verliebte. Ihre anfängliche Skepzis („klang alles fast zu perfekt“) versuchte sie beim ersten – und wie sich herausstellen sollte letzten – Treffen zu verdrängen: „Irgendwie hatte ich beim Verabschieden trotzdem kein ganz sauberes Gefühl. Er hatte einfach nicht besonders viel nach mir gefragt; warum ich das mache, was ich mache, und was mir wichtig ist – und das wäre mir wichtig gewesen.“
Ihr Gefühl trog nicht: „Am nächsten Tag schrieb er mir eine Mail, wie großartig er mich fände und attraktiv, und dass ich die Frau sei, mit der er sich vorstellen könnte sein Leben zu verbringen. Und am Ende schrieb er, übrigens, ich hab mich nicht getraut es Dir persönlich zu sagen: „Ich bekomme mit einer anderen Frau ein Kind. “
Wie nun aber den richtigen Partner finden? Ist es nicht wie beim Busfahren? Wer jeden an sich vorbei fahren lässt in der Hoffnung auf den, der die kürzeste Route fährt, wartet oft vergeblich. Wer einsteigt, kann aus- und umsteigen. Sich führen lassen vom Lauf des Lebens – haben wir das alle ein bisschen verlernt? Sind Umwege unbequem, gesellschaftlich nicht angesagt?
Auf diese fünf Tipps konnten wir uns im Team einigen:
- Kontaktbörsen sind gut, wenn man mit der richtigen Einstellung ran geh. Man muss bereit sein, sich in Abenteuer mit häufig merkwürdigem Verlauf zu begeben. Ohne jede Erfahrung zieht man anfangs schon mal schmerzhaft den Kürzeren, doch lernt niemand fehlerlos.
- Gelassenheit hilft – auch hier. Den Partner für’s Leben findet man eben doch eher zufällig oder durch (geschickte!) Vermittlung durch andere. Dating-Portale als EINE Möglichkeit sehen; ausprobieren aber nicht schockieren lassen!
- Wenn es mal (wieder) nicht gut geht: Übung macht den Meister. Wer sich in Gefahr begibt, kommt bekanntlich darin um.
- Mutig sein, aber nicht fahrlässig: Irgendwann klappt es. Deshalb Grenzen setzen und (auch selbst) einhalten.
- Umtauschen wie bei Amazon geht in Beziehungen schlecht. Auch wer bereits in einer Beziehung lebt, ist ja nicht immer glücklich! Wie schreibt Arnold Retzer in seiner Streitschrift für mehr Realismus in der Liebe: „Es kommt also letztlich nicht darauf an, sich zu vertragen, d.h. Probleme zu lösen, sondern darauf, sich zu ertragen und mit Restriktionen zu leben.“
Dir klingt das alles zu vernünftig? Dann schreib uns Deine Meinung, Dein Erlebnis. Wir freuen uns sehr auf Kommentare jeder Art!
Wer nicht gleich das ganze Buch der Soziologin Eva Illouz lesen will, hier ein Spiegel Interview mit ihr!
Kostprobe: „In unserer Welt der unzähligen Wahlmöglichkeiten kommt es zu Ambivalenz und Apathie: Nicht nur der Wille kommt einem abhanden, sondern sogar das Begehren.“
Text: Elke Tonscheidt
Fotos: Pixabay
Habe heute von der „Kuppel-Show“ bei RTL gelesen… Wahnsinn, oder? Nein, es geht nicht um die Reichstagskuppel 🙂
Lest selbst: http://www.welt.de/vermischtes/article131684155/Nackt-Dating-gegen-die-letzte-Privatsphaeren-Bastion.html?wtmc=nl.wdwbmeistgelesenT1