Lieblingsteil: Nicht ohne meinen Koffer
Habt Ihr auch ein Lieblingsteil? Etwas, das man oft mitnimmt. Etwas, das einen jahrelang begleitet? Bei mir ist das dieser kleine Koffer. Jedes Mal, wenn ich mit ihm verreise, werde ich darauf angesprochen, echt immer: Im Zug, im Flieger, sogar auf der Straße, gerade diese Woche wieder: Eine Frau bleibt kurz stehen, sagt: „Mensch, Sie haben aber wirklich einen tollen Koffer.“ Ich bedanke mich, freue mich und jedes Mal fällt mir dann diese kleine Geschichte ein…
Ende der 90er Jahre musste ich ein paar Jahre pendeln, beruflich. Bonn-Berlin-Bonn. Oft nur für eine Nacht, stets dabei: der Koffer. Manchmal hatte ich auf dem Rückflug mehr Gepäck – längst war noch nicht alles digital und es gab mal wieder Papierstapel zu transportieren. Das alles ins Handgepäck?
Einmal entschied ich mich für Folgendes: Ein befreundeter Journalist, zufällig im Haus zur Pressekonferenz, musste auch zurück nach Bonn, einen Flieger später. Und Männer haben ja oft kleineres Gepäck… Kein Problem für ihn also, das Köfferchen mitzunehmen und so reiste Erik mit meinem Gepäck wenig später zusammen nach NRW. Ich voraus, die beiden hinterher.
Und was passierte? Er, der Koffer, wurde auffällig! Und ich vermisst. Denn ein Arbeitskollege von mir legte seinen Koffer, im gleichen Flieger wie Journalist Erik, ins Gepäckfach – und bemerkte dabei in weniger Entfernung meinen, eben so auffälligen Koffer. Nur mich, natürlich, nicht. Rätselhaft, ein Double?
Am anderen Tag, ich sitze schon im Meeting, kommt der Kollege auf mich zu: „Wo waren Sie denn gestern Abend?“ Ich stutze, so was hatte er mich noch nie gefragt. Hatte ich einen Termin übersehen? „Sind Sie denn gestern nicht von Berlin zurück geflogen?“, setzt er nach? Was interessiert den das denn, frage ich mich? Bis ich merke, was sein Problem ist, denn er hatte meinen Koffer gesehen. Aber nicht mich.
Gekauft habe ich das Schätzchen übrigens schon Anfang der 90er. Als ich mal, noch als Studentin, in München an dem Teil nicht vorbei kam. Ich suchte keinen Koffer, fand ihn aber doch – und er war günstig, so um die 50 Mark, nette Größe, irgendwie originell. Gut, er ist nicht aus Leder, aber hält jetzt seit über 20 Jahren und locker passt die Garderobe für ein ganzes Wochenende rein. Dass ich ihn auch 2015 noch nutzen würde, nie hätte ich das gedacht!
Als ich 2010 Mutter wurde, verschwindet das Lieblingsteil im Schrank. Vorerst keine Dienstreisen mehr, und für Familienreisen gibt es nun größere Gepäckstücke. Doch wie das so ist: Nach und nach kommen alte Elemente zurück ins neue Leben, eben auch der Koffer. Als ich ihn 2012 mal wieder mit zu einem Wochenendtrip nach München nehme, lacht mir meine Freundin schon auf dem Bahnsteig entgegen: „Du und Dein Koffer!!“
Ich bin gespannt, was mir mit diesem Koffer noch alles passieren wird, er ist jedenfalls wieder häufig im Einsatz…
Text und Foto: Elke Tonscheidt
Kommentare
Lieblingsteil: Nicht ohne meinen Koffer — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>