Scheidung: „Nie haben wir darüber gesprochen“
Können Männer zwischen den Zeilen lesen? Sie können auf jeden Fall eins: Briefe schreiben. Und so schreibt Tobias, nach 15 Jahren Ehe, einen Brief an seine zukünftige Ex-Frau. Wo? In der Zeitschrift myself. Dort lässt Tobias, kurz vor der Scheidung, die Hosen runter. Mit krassen Bekenntnissen an seine „liebe Marie“, die genau in unsere Trennungs-Reihe passen.
„Ich habe andere gehalten, Du auch. Wir haben uns verschwendet und sind langsam ausgeblutet. Das bedauere ich, es war ein schwerer Fehler. Nie haben wir darüber gesprochen, dabei konnten wir doch eigentlich über alles reden. Ich schämte mich. Heute denke ich, vielleicht hätten wir unsere Beziehung retten können, wären wir nicht sprachlos gewesen. Stattdessen bist Du gegangen.“
Man sieht sich ständig und weiß nur wenig. Und „plötzlich“ ist sie da, die Scheidung. Tobias schreibt über die Sprachlosigkeit in einer Beziehung. Und nachdem seine Ehe im Eimer ist und die Scheidung droht, kämpft er jetzt: um Freundschaft. Denn die sei „neben den Kindern das Kostbarste, was uns verbindet. Nichts wünsche ich mir mehr als eine Freundschaft mit Dir. Eine Freundschaft, in der wir uns vielleicht treuer sein können, als wir das als Ehepaar sein konnten.“
Der Brief ist herzzerreißend formuliert. Sicher ein Knaller, was die Leserrate betrifft. Auch ich war erst begeistert. Im Austausch mit meinen Blogger-Kolleginnen aber schwant mir, was er auch offenbart: Als Marie Unterstützung brauchte, war Tobias nicht da. Jedenfalls hat er sie nicht ‚wahrgenommen‘.
Ob sie das klar kommuniziert hat, wissen wir natürlich nicht. Klar ist aber auch: Um wirklich mitzubekommen, was Menschen beschäftigt, muss man reden und zwischen den Zeilen lesen können. Da war bei Tobias und Marie offenbar tote Hose.
Muss denn ein Mann zwischen den Zeilen lesen können? Reichen nicht klare Ansagen, was zu tun ist? Was ist das Geheimnis einer „guten Beziehung“? Wie ist eine Scheidung zu verhindern?
Hast Du Lust darüber zu berichten? Direkt als Gastautor/in oder in einer Mail an uns? Wir freuen uns sehr, wenn jemand kommentiert oder sich an uns wendet.
Text: Elke Tonscheidt
Fotos: Pixabay und privat
In unserer Trennungsreihe sprechen wir mit Leuten, wie sie sich z.B. nach einer Scheidung fühlen. Manche schreiben auch selbst für ohfamoos: Hier geht es zum Auftakt unserer Serie!
Eine Leserin empfiehlt dazu folgendes Buch, das wir Euch nicht vorenthalten wollen: Brené Brown: „Verletzlichkeit macht stark“! Und schreibt: „Da steht viel über Schutzmechanismen drin, die man auch als Paar drauf hat, mit oft harten Konsequenzen.“