Trennung: „Unser Leben verlief seltsam parallel“
Lebst Du noch oder trennst Du Dich schon? Traust Du Dich neu anzufangen und wie lebst Du eigentlich wirklich? Egal, wie man es dreht, das Thema Trennung ist eins, das alle kennen. Haben doch die meisten mindestens eine hinter sich, manche gleich ein Dutzend oder mehr. Deshalb unsere Reihe „Interviews mit Menschen in oder nach einer Trennung“. Wir möchten darstellen, wie man sich fühlt nach einer Trennung, der ja oft eine lange Liebens-, und manchmal eine (zu?) lange Leidenszeit vorausgegangen ist. Den Auftakt macht eine Frau, heute Mitte 50, die von ihrer Trennung vor 20 Jahren berichtet.
Man sagt heute, dass meistens Frauen diejenigen sind, die eine Trennung durchziehen. Das war bei Dir damals in den 80er Jahren sicher anders, oder?
Ja, ich fiel aus allen Wolken, denn wir hatten vier relativ kleine Kinder und für mich hieß das Verantwortung übernehmen, selbst wenn unsere Ehe nicht optimal verlief. Er war oft auf Reisen, hatte große Pläne für sein Geschäft, ich kümmerte mich um die Familie und halbtags um meine Agentur, die ich mit meiner Freundin führte. Ich hatte oft das Gefühl eigentlich alleine zu sein, aber ich war nicht unzufrieden. Unser Leben verlief irgendwie parallel.
Ihr habt also eine Ehe geführt, aber am wirklichen Leben des anderen nicht mehr teilgenommen?
Genau. Als er mir dann sagte, dass er sich trennen wolle, traf es mich aus heiterem Himmel. Er hatte alles sehr gut vorbereitet, war rechtlich informiert und benahm sich bei unseren Gesprächen wie bei Geschäftsterminen: professionell, emotionslos. Ich empfand es als kalt. Er warf mir vor, dass ich ihn vernachlässige und mich zu sehr um die Kinder kümmere. Ich hatte das Gefühl, er musste mir eine Schuld zuweisen, um es für ihn leichter zu machen schnell zu gehen. Eine Paartherapie lehnte er ab. Was ich im Nachhinein verstehe, denn er hatte schon eine neue Freundin, die er schnellst möglichst heiraten wollte.
Das Thema Schuld spielt immer eine große Rolle, also auch bei Euch?
Ich glaube Schuldgefühle, speziell wenn Kinder im „Spiel“ sind, machen es besonders schwer. Man will seine Kinder nicht verletzen. Erwartungen, die man an sich selbst gestellt hat, als man die Beziehung eingegangen ist, werden nicht erfüllt – auch das empfindet man vielleicht als Schuld. Wenn man sich selbst weiter entwickelt und der Partner (aus eigener Sicht) nicht, dann fühlt man sich auch ein wenig schuldig.
Aber dann setzte mein Überlebensinstinkt ein. Das ging relativ schnell, rückblickend vielleicht eine Woche. Danach ging es mir mit jedem Tag besser, ich wusste die Kinder brauchen mich und es galt zu kämpfen. Das trieb mich an und ich begann zu planen.
Wie fühlt man sich, gibt es Phasen, wie sehen die aus?
Am Anfang war ich sehr verletzt und traurig, denn ich dachte an meine Kinder und wie das Leben für sie weitergehen würde. Mein Stolz war verletzt als ich erfuhr, dass er eine Freundin hatte. Er hatte mich belogen. Aber dann setzte mein Überlebensinstinkt ein. Das ging relativ schnell, rückblickend vielleicht eine Woche. Danach ging es mir mit jedem Tag besser, ich wusste die Kinder brauchen mich und es galt zu kämpfen. Das trieb mich an und ich begann zu planen.
Wie anders ist das neue Leben jetzt?
Es ist besser, denn ich habe gelernt, dass man eine Trennung überlebt und an ihr wächst. Was ich weniger schön finde, dass ich Männern nicht mehr so leicht vertraue. Ich passe besser auf mich auf, um nicht mehr verletzt zu werden.
Gibt es Tipps, die Du empfiehlst für einen Trennungsprozess? Was sollte man berücksichtigen, um eine Trennung für sich selbst aber auch für den Partner so verträglich wie möglich zu gestalten?
Ja, es geht meines Erachtens um folgende Punkte:
- Erkläre dein Empfinden in der Beziehung.
- Beginne deine Sätze im Gespräch mit dem Partner mit ich.
- Mache eine Analyse. Besonders das hat mir sehr geholfen.
- Frage dich: Was ist nach der Trennung besser für dich?
- Was wird dir nach der Trennung fehlen?
- Welche neuen Optionen hast du nach der Trennung?
- Was wird schwierig für dich nach der Trennung?
Das Interview führte Elke Tonscheidt.