Reisen in die Raststätte für die Seele
123 Reise-Erlebnisse in einem Buch, das wäre auch ein satter Reiseblog gewesen. Rolf Nöckel ist einer, der die ganze Welt bereist hat. Als Reise-Redakteur, aber eben vor allem als Mensch. Jetzt hat er ein sehr persönliches Buch draus gemacht: ‚Reisen ist Glück’. Wir dürfen den Beitrag über eine Raststätte für die Seele veröffentlichen.
Aber vorab, wer ist der Autor? Ein Mann, den viele „Nöckibär“ rufen. Als ich sein Buch lese, stelle ich mir vor, wie dieser Mann auf all die Menschen, die er weltweit trifft, wirkt: Ob sie ihn auch gleich ins Herz schließen? Nöckibär ist riesig, aber seine Stimme so wohlig, dass man ihn spontan gern hat. Ich empfehle vor allem seine erzählten Geschichten, die man als Audio Mitschnitte auf seiner Website findet.
Woher ich ihn kenne? Er war einer der ersten Journalisten, die ich als 19jährige zu Gesicht bekam. Als ich nach dem Abi bei der Lokalzeitung praktizierte. Als sich keiner so richtig um ‚das junge Ding’ kümmern wollte aber Nöckibär hat gern geholfen, mir die große weite Redakteurswelt zu zeigen.
Er ist ein Mensch mit Seele. Der folgende Beitrag, eben eine der 123 kleinen Geschichten, ist ein Auszug aus seinem Buch, den ich wiedergeben darf. Er heißt: Raststätte für die Seele.
Morgens um acht auf der Autobahn Würzburg – Nürnberg. Der Regen peitscht durch die Dämmerung. Ein Lastwagen blendet auf und überholt mich in einer Baustelle mit Tempo 90, schon fast kriminell. Mir reicht‘s! Die Augen flackern, müde bin ich. 400 Kilometer nonstop sind ja wirklich genug. Eine Pause wäre gut. Tanken will ich auch. Also raus aus dem Getümmel.
Abfahrt Geiselwind im Steigerwald. Ein großer Autohof mit Werkstatt und Zapfsäulen, Spezialitätenlokal und Schnellimbiss, Hotel und – einer kleinen Kirche. Warum nicht? Nach „Super” kann ich ja auch mal was anderes tanken.
„Kommt alle zu mir, die Ihr Euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde Euch Ruhe verschaffen” steht in vielen Sprachen über der Eingangstür: Venez tous. Venite tutti. Venid todos. Come in.
Leise Musik empfängt mich. Der Innenraum strahlt Wärme aus. Christliche Symbole sind sparsam verwendet, wohl um Andersgläubige nicht auszugrenzen. Der Blick fällt auf gepolsterte Stühle, zwei Kniebänke und einen runden Altar aus hellem Holz. Dahinter ist eine Weltkugel aus Glas, in deren Mitte ein rotes Herz eingearbeitet ist – als Zentrum des Lebens. Vor der Weltkugel liegt eine aufgeschlagene Bibel.
Ich lese zwei Verse, spreche zwei Sätze, schweige ein paar Minuten. Dann geht es zurück in den Formel-1-Dschungel, Richtung Alpen, Richtung Ferien. Erfrischt, mit Ruhe und noch mehr Zeit.
„Licht auf unserem Weg” heißt die Autobahnkirche Geiselwind, eine von 30 in Deutschland. Eine Raststätte für die Seele.
Rolf Nöckel misst das Leben nicht an der Zahl der Atemzüge, sondern an den Orten und Momenten, die den Atem rauben. 123 ganz persönliche Reise-Reportagen hat der bekannte Reise-Redakteur in seinem Buch „Reisen ist Glück“ zusammen getragen.
Mehr über das Buch: www.noeckel.org
Den Text ausgesucht und eingeleitet hat Elke Tonscheidt.
Fotos: Rolf Nöckel, Autohof Strohofer GmbH