Verwöhnt, verpöhnt – verwandelt
Ein geläuteter Manager? Diese Rezension möchte ich am liebsten laut ‚hinausschreiben‘. Dabei geht’s doch um eine stille Revolution. Sie hat eine Wucht, eine mediale Resonanz, die viele auf ihren Chefsesseln inspiriert und ermutigt. Denn Bodo Janssen erzählt seinen ganz persönlichen Wandel vom zahlengetriebenen Hotel-Manager zu einem, der vor allem dieses Ziel hat: glückliche Menschen. Mit dem Ergebnis, dass auch seine Hotels erfolgreicher sind, denn je.
Das Buch Die stille Revolution war für mich eine Pflichtlektüre, denn seit gut 4 Jahren trete ich für #glücklicherarbeiten an. Das hat mit meinem Beruf als Coach und Trainerin zu tun. Für meinen Slogan wurde ich oft belächelt: Die Wirtschaft habe andere Sorgen und Aufgaben, als sich um das Glück ihrer Mitarbeitenden zu kümmern. Bei meinen Recherchen zum glücklicheren Arbeiten stolperte ich eines Nachts bei einem Spaziergang durchs Netz über den Film Der Upstalsboom-Weg. Fortan verfolgte ich den Weg der Hotel-Kette mit glühender Begeisterung. Und leisem Argwohn. Dann erschien im März das Buch.
Die stille Revolution – eine Botschaft mit mächtig Echo
Bodo Janssen nimmt uns auf seine Heldenreise mit.
Weder Ansammlung neuer Management-Methoden noch innovativer Konzepte. Eher eine Autobiografie, deren Ende erst der Anfang ist. Und die heute von betriebswirtschaftlichem Erfolg durch menschliches Wachstum gekrönt ist! Bemerkenswert, dass er weder gängiges Unternehmertum noch Führungsgehabe mit erhobenem Zeigefinger verteufelt. Auch moralisiert er nicht.
Er beschreibt einen persönlichen und betrieblichen Veränderungsprozess, der ein Lehrstück an Selbstreflexion, Mut zum Wandel, Willen zur Weiterentwicklung und Einladung zum Mitmachen ist.
Und dies ungewöhnlich offen, fast intim, schonungslos mit sich selbst und, ja, teilweise immer noch etwas selbstverliebt. Innerhalb kürzester Zeit haben viele fast beseelt gejubelt, wie inspiriert sie seien, sah und hörte man Bodo Janssen in zahlreichen quotenträchtigen TV- und Radioformaten.
Einzigartiges Managementbuch – mit berührender, persönlicher Note
Wer ein methodisch aufbereitetes und wissenschaftlich fundiertes Buch mit Lehrstoff, Checklisten und Konzeptleitfäden erwartet, wird sehr enttäuscht sein. Wer allerdings offen dafür ist, von den erfolgreichen Erfahrungen eines Anderen zu partizipieren, wird hier vieles lernen. Und tatkräftig mitnehmen können! Schließlich beschreibt Bodo Janssen nicht nur das Was, sondern auch das Wie: Nämlich welchen Weg er Schritt für Schritt gegangen ist und wie er ihn zusammen mit seinen Mitarbeitenden umgesetzt hat. Die Kritik, es sei eben kein Management-Buch, kann ich nicht nachvollziehen – gerade die Erfahrenen dürften in der Lage sein zu adaptieren.
Besonders ist die Offenheit, mit der der Autor seinen Werdegang beschreibt. Fast schonungslos mit sich selbst und seinen Leser_innen. Sprachlich zeilenweise sehr nah – als säße man zusammen bei einem Glas Wein. Wir erfahren, dass er sich heute als verwöhnten, selbstverliebten und oberflächlichen Unternehmersohn und Studenten sah, der sich in Anerkennung und einem Leben im Rausch suhlte.
Wir lesen, dass er seinen Vater verlor. Und wie er sich in den Tagen seiner Entführung nach und nach vom Leben verabschiedete. Und dann, dass er sich nach einem vernichtenden Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung auf die Suche machte. Wie er anfing, hinter seine Fassade zu schauen, eine unumstößliche Vision entwickelte und einen Weg fand, ein Leben von persönlicher und unternehmerischer Bedeutung aufzubauen.
Bodo Janssen erzählt eindrücklich und nachvollziehbar wie es ihm gelingt, Menschen ‚mitzunehmen‘. Ich glaube ihm, dass es ihm heutzutage tatsächlich ein Anliegen ist dazu beizutragen, dass Menschen glücklich sind.
Dass ich seinen Schreibstil an vielen Stellen als recht ‚geschraubt‘ und eckig empfang – das habe ich dem Buch verziehen. Der Inhalt machte das im Nachhinein, insbesondere ab der zweiten Hälfte, wett. Denn in der ersten erwischte mich manchmal etwas Ungeduld ob der ausschweifenden Darstellung persönlicher Erlebnisse. Ich wollte schließlich etwas über den ohfamoosen Upstalsboom-Weg erfahren. Jetzt weiß ich, warum das bei ihm zwingend zusammengehört.
Trailer zum Buch: https://vimeo.com/129883374
Der Upstalsboom-Weg: https://vimeo.com/77430089
Und wer sich für weitere Literatur zum Thema interessiert:
- Führen mit Hirn von Sebastian Purps-Purdigol vertieft es mit großer Anerkennung der Fachwelt.
- Seit Jahren ist Roland Bergers Anleitung zur artgerechten Menschenhandlung in Unternehmen meine ‚Fach-Bibel‘.
Text: Cornelia Lütge
Fotos: Cornelia Lütge, pexels.com
Ich habe Bodo Janssen persönlich kennenlernen dürfen. Und schwankte, wie Cornelia es treffend beschreibt, auch zwischen leisem Argwohn (geht „so was“?) und Begeisterung darüber, dass ein Manager sich so öffnet. Elita Wiegand, die sich für den Wertewandel in unserer Gesellschaft einsetzt und Janssen im Frühjahr zu einer sehr inspirierenden Veranstaltung nach Düsseldorf holte, hat ihn darüber hinaus auch interviewt: http://werteundwandel.de/inhalte/vom-getriebenen-manager-zum-wertschaetzenden-unternehmer/ Das in Ergänzung zu Cornelias ohfamooser Rezension.
Wir waren gerade in der Urlaubszeit in einem Upstalsboom-Ferienhaus. Es gab am zweiten Tag Schwierigkeiten mit Baulärm. Ich habe das Thematisiert und auf die Werte verwiesen. Ich habe noch nie einen solchen Einsatz erlebt es uns gut gehen zu lassen. Einstweilige Verfügung gegen die Bauherren, Sicherheitsdienst über Tage, der dafür sorgte das keine schweres Gerät mehr vor unserer Haustür herfuhr und zur großen Überraschung kam zu Hause auch noch ein Paket mit friesischen Köstlichkeiten und ein Verrechnungscheck für die geminderten drei Tage Lärm an. Wenn jeder so mit Menschen umgeht, können wir uns nur alle wohlfühlen und das Unternehmen zu recht prosperieren.
Hallo, lieber Stefan!
Unsere Wege kreuzen sich häufig in letzter Zeit. Freu*.
Das klingt großartig und begeistert mich. Da wurden eben keine marketingwirksamen Lippenbeknntnisse in Hochglanz gegossen, sondern die Vision wird gelebt – in alle Richtungen, so höre ich immer wieder. Ja, sie wurde in gemeinschaftlicher Arbeit entwickelt, das verbindet und ‚verpflichtet‘. Nun haben die Upstalsboomer wohl einen Wiederholungskunden mehr? Ohfamoose Grüße von Cornelia