Trumps Triumph!
Jetzt wissen wir es: der Republikaner Donald Trump ist der 45. Präsident der USA. Wer hätte das gedacht? Selbst Wolf Blitzer, der alteingesessene TV-Korrespondent von CNN, kommt bei seiner Moderation der Wahlnacht ins Straucheln. Ich schaue mir die Entwicklung der Wahl auf CNN in Echtzeit an. Journalisten und Redakteure auf der ganzen Welt haben es wahrscheinlich schwer um diese Zeit, denn ihre vorgefertigten Beiträge sind um 5 Uhr morgens nutzlos. Umschreiben heißt es jetzt, aber flott.
Als es fest steht, dass am Sieg von Trump nichts mehr zu rütteln gibt, überschlagen sich die Nachrichten auf Twitter und Facebook. Die Welt scheint fassungslos. Wie konnte das passieren? Nun, ganz einfach: Die Amerikaner haben gewählt, und zwar ganz demokratisch. Trump siegt mit 289 Stimmen versus 218 für Clinton. So ticken sie, die Amis in ihrem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Trump an der Macht
Mit Donald Trump haben die Amerikaner einen Mann zum Präsidenten gewählt, der keinerlei politische Erfahrung hat und bisher als Immobilienmogul und Fernseh-Star bekannt war. Jetzt ist wahr geworden, wovor führende Politiker, Akademiker, Unternehmer und sogar Filmstars monatelang gewarnt hatten – und wenige bei uns wirklich für möglich hielten.
Trump – was nun?
Ein paar Punkte seines Regierungsprogramms scheinen nennenswert:
- Eine Mauer für Mexico
Trump hat in seinen Wahlversprechen keinen Hehl draus gemacht, dass er eine 15 Meter hohe und 3,200 km lange Mauer vom Golf von Mexiko bis nach San Diego bauen will. Kosten 15-25 Milliarden Dollar. Außerdem will er innerhalb von zwei Jahren 11 Millionen illegale Einwanderer abschieben. Viele dieser illegalen Einwanderer zahlen mittlerweile Steuern, und wären so durch die IRS leicht aufzuspüren. Es würde zu Verhaftungen kommen, die einem Polizeistaat gleichen.
- Make America great again
Trump fordert die Abkehr vom internationalen Handel. Er will das Handelsabkommen mit den pazifischen Ländern, TTP, verhindern, das nord-amerikanische Abkommen NAFTA aufkündigen und Importe aus China und Mexiko mit zweistelligen Zollsätzen besteuern. Der Freihandel hat zwar viele Produkte in den USA billiger gemacht, aber gleichzeitig sind Millionen Arbeitsplätze in der amerikanischen Industrie verschwunden. Byebye TTIP, Herr Gabriel wird wohl umdenken müssen.
- America First
In der Außenpolitik sind wahrscheinlich die schwerwiegendsten Devisen des neuen Präsidenten zu finden, denn außenpolitisch verfügt er über weitreichende Autonomie. Auch hat er bislang nur wenige internationale Kontakte geknüpft. Er übt Kritik: angefangen bei dem NATO Bündnis, welches er als veraltet bezeichnet und dessen Mitglieder er zu höheren Beiträgen auffordert. Wirtschaftspartner wie China und Japan stößt er vor den Kopf und auch Angela Merkel hat er mit seinen kritischen Äußerungen zu ihrer Flüchtlingspolitik nicht verschont.
- Die Finanzwelt
Die Märkte reagieren prompt. Als erstes fällt der mexikanische Peso, die Börsen ziehen nach. Wirtschaftspolitisch gilt der 70-jährige Trump als unberechenbar. Er hat eine Deregulierungsagenda für Banken und die Wall Street im petto. Er hat angekündigt, die Steuersätze der obersten Einkommensklassen zu reduzieren und Unternehmenssteuern zu senken. Das könnte neue Arbeitsplätze schaffen – bedenklich ist allerdings, dass Trump und seine Wirtschaftsfreunde von diesem Schritt am meisten profitieren würden.
Es gibt noch viele andere Themen, die man beleuchten könnte: seine (nicht nennenswerte) Bildungsreform, seine Stellung zu Obamacare oder die innere Sicherheit der USA. Fest steht jedoch, dass Trump für innenpolitische Reformen und Budgetbewilligungen fast immer die Einwilligung des Kongresses braucht. Hier besteht allgemein die Hoffnung, dass die republikanische Mehrheit im Kongress ihrer Aufgabe als Korrektiv gerecht wird und Trump zügelt. Wir werden es sehen, wenn Trump am 20 Januar 2017 in sein Amt vereidigt wird.
Die USA bleibt also spannend, aber wie schaut es in Deutschland aus?
So schreibt Maike Carius von der Offenen Gesellschaft am 8. November: „Die Trumps, Orbans, Le Pens, Hofers und Kaczyńskis können wir nur schwer verhindern, aber wir sollten alles dagegen unternehmen, dass rechte Hetzer und Populisten in Deutschland erfolgreich politische und gesellschaftliche Mehrheiten organisieren, zunehmende soziale Marginalisierung einfach so hingenommen wird, die politische Auseinandersetzung und Sprache verroht, rechtsextreme Gewalt und Homophobie sich ausbreiten, …
Darum wurde die Initiative Offene Gesellschaft gegründet. Sie ist dabei zu einer Bewegung zu werden – mit dem ausdrücklichen Ziel, bei unserer Bundestagswahl im nächsten Jahr „das Schlimmste zu verhindern“. Maike Carius schreibt weiter: „Wir brauchen keine neuen Mauern, sondern neue Freunde.“ Und lädt alle ein, Flagge zu zeigen: Über https://die-offene-gesellschaft.de/participate kann man sich als Freund registrieren, sogar mit Foto und/oder Statement Gesicht zeigen.
Wahre Worte, aber stellen Sie sich vor es gäbe Krieg – und keiner geht hin. So nehme ich einen großen Teil Deutschlands im Moment wahr. Was muss passieren, dass sich Menschen wieder mehr engagieren?
In England hat der Brexit die Bevölkerung wach gerüttelt. Nach der US-Wahl steht die Welt unter Schock, zollt man den sozialen Medien Beachtung.
Am Abend schreibt mir Cornelia: „Bei allem Entsetzen und Sorge – mal ganz platt ausgedrückt: Man muss den Feind versuchen zu begreifen, wenn man ihn besiegen will. Ich denke außerdem: Ein Land, das gesellschaftspolitisch so agiert, wie eh und je, sich immer noch als Zentrum begreift, dessen BürgerInnen ‚wissen es nicht besser‘. Hausgemacht, die ganze Scheisse. Oder systemischer betrachtet: Das System tut eben alles, um sich zu erhalten.“
Und ohfamoos fragt Euch: „Gilt das auch für uns?“
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