Führungskompetenz lernen
Als „Nordlicht mit sonnigen Einsichten“ wurde Cornelia Lütge einmal beschrieben. Da ist was dran. Genau die braucht sie auch, wenn sie als Coach mit Klienten arbeitet, deren Karriere sich wandelt. So ist z.B. das Arbeiten an Exit-Strategien nach Kündigungen bisweilen mühsam und erfordert mit Sicherheit viel Einfühlungsvermögen und noch mehr Inspiration. Wir finden, wenn wir mit Cornelia so viel Kompetenz an Bord haben, können wir sie auch einmal interviewen, was Elke getan hat.
Cornelia, Du arbeitest immer wieder auch mit Klienten, denen gekündigt wurde oder die innerlich selbst gekündigt haben. Gibt es Muster, die häufig auftauchen?
Ja, ich spüre oft eine Art Unterwürfigkeit. Von erwachsenen, gestandenen und kompetenten Arbeitnehmer/innen irritiert mich das. Und ich frage mich – was braucht es neben neuen Strukturen, einem gesunden Menschenverstand und stabilen Selbstwert, damit das Miteinander von Führungskräften und Geführten besser gelingt?
Ich bin ja keine Expertin, würde aber meinen: Gute Führungskompetenzen…
Natürlich! Aber es ist nicht das alleinige Allheilmittel. Innovationskraft, Vereinbarkeit und erfolgreiches Wachstum sowie der akute Wandel z. B. brauchen den Schulterschluss zwischen Führungs- und Geführt-Kompetenz!
Was meinst du konkret?
Unternehmen der Old Work investieren viel in die Kompetenzen ihrer Führungskräfte – denken es jedoch nicht zu Ende. Denn wenn sich strukturell nichts verändert, bleibt ein Nährboden für Machtgehabe. Glücklicherweise gerät der allerdings zunehmend unter Beschuss. Die New Work fokussiert mit ihren Konzepten hin zu einer menschlicheren und zukunftsträchtigeren Arbeitswelt Selbstverantwortung aller Akteure. Und das ist gut so!
Wie sehen diese Konzepte aus?
Agilität ist da ein großes Stichwort – also eine konsequente Anpassungskompetenz. Diese Unternehmen sind lebendige Organisationen mit Menschen, die sich führen lassen können. Ich nenne das Mitarbeitende mit ‚Geführt-Kompetenz’! Denn die bereichern ihren Arbeitgeber ungemein.
Und was ist mit den Führungskräften?
Als Führungskraft mit Hinblick auf Mitarbeiterführung einen guten Job zu machen, gleicht mittlerweile einem Kunstgriff. Die Erwartungen werden immer größer; allein die generationalen Fragen stehen immer höher im Kurs. Wenn wir die Ausführungen von Professor Kruse (ein sehr kluger und viel zu früh verstorbener Mitgestalter der Neuen Arbeitswelt) in seinem Vortrag zum ‚Wandel der Arbeitswelt‘ zu Grunde legen, dann müssen wir altbewährtes Verständnis vom Miteinander-arbeiten mutig über den Haufen schmeißen.
Hat uns dieser Wandel nicht längst überholt?
Je nach dem. Viele Unternehmen und Führungskräfte der alten Garde halten an Überholtem fest und fahren damit noch ganz gut. Es braucht Zeit. Ein Tanker ist eben nicht so wendig, wie ein Start-up. Tatsächlich fordert a) die jüngere Generation stark heraus und b) drängt der Wettbewerb. Allein deswegen schon wird die Notwendigkeit zur Agilität zunehmend anerkannt.
Es heißt ja, dass viele Young Talents der Generation Y (die heute ca. 30jährigen) keine Lust mehr darauf haben, Führungskraft zu werden, ist das nicht ein Teufelskreis?
Auch deshalb plädiere ich ja dafür, Führungskräften nicht das Ruder allein zu überlassen. Wir brauchen ein Miteinander auf Augenhöhe! Selbstverantwortung als Mitarbeiter-Prinzip von Geführten sollte eine bedeutende Rolle spielen, angepasst an den individuellen Reifegrad. Das wäre Personalentwicklung par exellence.
Klingt auch nicht einfacher…
Das ist es auch nicht. Massive Veränderung ist nie einfach. Und hier geht es um einen Paradigmenwechsel. Wir kommen also nicht drum herum und deshalb denken Experten der New Work in folgende Richtung: Die Rolle der (temporären) Führungskraft z. B. muss sehr nachvollziehbar kommuniziert werden, d. h. Zuständigkeiten klar sein. Ergebnisse und Erwartungen tatsächlich eindeutig verstanden und nachvollziehbar sein – und zwar für beide Seiten. Und – Arbeitgeber müssen Mitarbeitenden die Entwicklung ihrer Kompetenzen des Geführt-werdens aktiv ermöglichen.
Es heißt, Organisationen leben von Leistungsprozessen, anders kann ich mir das auch nicht vorstellen.
Im „Dschungelbuch der Führung” von Ruth Seliger und Carl Auer heißt es: Mitarbeiter-Führung dient dazu
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen/die Organisation zu binden, ihre Loyalität, Engagement und ihre Leistungsbereitschaft sicher zu stellen, und
- die Leistungsprozesse zu sichern, fördern und zu begleiten.
Und wie geht das nun praktisch?
Maßgeblich effektive und kongruente Kommunikation, die Kernaufgabe des Führens ist! Dafür gibt es eine Vielzahl an Methoden, die diese Führungsaufgaben ermöglichen sollen, ich nenne nur mal Instrumente der Kommunikation wie Feedback- oder Kritik-Gespräche, das gemeinsame Erstellen neuer Spielregeln und Rahmenbedingungen, Instrumente der Reflexion und des persönlichen Managements usw. Wichtig ist Persönlichkeitsentwicklung. Denn Führung heißt vor allem auch Selbstführung.
Du verstehst Führung als Prozess?
Ja, nur so macht es Sinn, und sie wird durch Faktoren wie Wachsamkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, Wertschätzung und Selektion sowie durch Wirksamkeit (des eigenen Handelns) begünstigt.
Aber noch mal zurück zum Begriff ‚Geführt-werden’…
Gern; damit meine ich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigt werden, ihre Loyalität, ihr Engagement und ihre Leistungsbereitschaft zu entwickeln und sie ihre Leistungsprozesse selbstverantwortlich zu sichern, zu fördern und zu reflektieren wissen. Um das zu können, müssen sie systematisch und unter Berücksichtigung ihres Reifegrads lernen
- effektiv zu kommunizieren
- sinnvoll zu entscheiden
- ganzheitlich (im Rahmen ihres Aktionsradius) zu planen
- sich selbst zu managen
- sowie ihr Verhalten zu reflektieren.
Was ermutigt Dich in Deiner Arbeit als Coach?
Ich möchte zu mehr Augenhöhe beitragen, egal ob im privaten oder beruflichen Raum. Nur so ‚entdüngt’ sich der Nährboden für Machtgehabe in herkömmlichen, hierarchisch geprägten Systemen. Wenn erwachsene und gut ausgebildete Menschen sich zu souveränen Mitarbeitenden entwickeln, dann entwickeln sich auch die Kompetenzen ihrer Führungskräfte weiter! Dann kann sich eine Kultur für Wertschätzung und Kritik etablieren, auch in unbequemen Phasen, die zur Klärung von Missständen sowie Wachstum und Innovation einlädt – initiiert von beiden Seiten. Das ist m. E. der Schlüssel für ein glückliches, gesundes und erfolgreiches Miteinander-arbeiten.
Vielen Dank für das Gespräch, Cornelia!
Und gemeinsam möchten wir nun von Dir wissen: Was tust du, um dich aktiv führen zu lassen?
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