Lauf, Jenni, lauf!
Wir kennen es alle: Das, was grenzwertig war, prägt sich gern besonders ein. Haut einen nicht um, nur fast – gibt aber viel neue Energie für das, was danach kommt. So ist es Jennifer Lauter geschehen, wobei das viel zu passiv klingt. Denn Jenni ist ein Aktionsbündel. Eine, die anpackt, mitmacht, nicht aufgibt und dabei gern lacht, fröhlich ist. So habe ich sie als Leiterin des Kölner Fitness- und Yogastudios Fisico kennengelernt. Und ehrlich, vom Tag unserer Begegnung an habe ich mich gefragt, welches Geheimnis sie wohl umgibt. Nun weiß ich es.
Jährlich findet der Race for Survival statt: Ein Brustkrebs Benefizlauf, wo es zum Beispiel direkt am Kölner Rheinufer darum geht, mit einem 5km-Lauf oder einem 2km-Walk für die Heilung von Brustkrebs zu werben. Das Motto: Fürs Leben gerne laufen. Jenni, die selbst krank war, hatte zufällig davon gehört und spontan beschlossen mitzulaufen. „Ich sagte zu meinem Mann“, erinnert sie sich, „Du wirst mich wahrscheinlich für total bescheuert halten, aber ich will da mit laufen.“ Wobei das Laufen bislang gar nicht ihrs gewesen war; Sportlerin ja, klar, aber eben nicht das Laufen… Doch Jenni lief – und ihr Mann und Sohn gleich mit!
Warum sie beim Race for Survival dabei ist, hat sie Elke im Interview erzählt.
Jennifer, was motiviert Dich wieder mitzulaufen?
Angefangen hat alles, als ich zufällig, noch während meiner Chemotherapie, auf den Lauf aufmerksam wurde. Ich merkte: Da muss ich für mein Ego mitlaufen.
Ging das denn rein physisch?
Es war grenzwertig, aber ich habe es geschafft. Der Lauf hätte aber nicht 5m weiter sein sollen…
Und heute? Du bist ja wieder voll fit!
Ja, und bereits 2017 sind wir mit einem Team gelaufen, das immer größer wird. Denn ich möchte Betroffenen gerne vermitteln, was man alles durch Sport erreichen kann und welche Lebensqualität Du erzielen kannst! Auch und mit Krebs.
Euer Team ist eins der größten…
… ja, und ich bin dieses Jahr mit ihm Orgateam. Viel Stress, aber auch das ist viel Spaß – und es geht irgendwie. Ich will ja was bewegen… Und unser Team ist echt groß; wir rechnen damit, dass 45-50 Leute an den Start gehen!
Wie erklärst Du Dir diesen Zuspruch?
Die enorme Begleitung meiner Kunden hat mich schon während meiner Krankheit sehr positiv überrascht. Was ich da an Hilfe bekommen habe, Wahnsinn. Ob es darum ging für mich und meine Männer zu kochen, mich irgendwohin zu fahren etc. Meine Kunden haben mich mit allem erlebt.
Du meinst, das Authentische zieht an?
Ja. Meine Passion ist: Menschen für Bewegung zu begeistern. Gerade Kranke. Die, denen es nicht so gut geht, gerade die müssen sich bewegen, Spaß daran finden. Das will ich vermitteln.
Das tust Du auch…
Schön! (lacht)
Und deshalb bist Du auch so im positiven Sinne „ansteckend“!
Kann gut sein. Es sind auch Leute jetzt im Team, wo ich nicht geglaubt hätte, dass sie mit machen. Eine Kundin hat z.B. ein T-Shirt gekauft und zieht es in Berlin an, wo sie am 9. Juni sein wird… Um in Gedanken dabei zu sein.
Wer ist im Team?
Zum Beispiel eine Frau, die für ihre verstorbene Schwester, eine Namensvetterin von mir, läuft. Diese Jenny ist 2017 vier Tage vor dem Lauf gestorben und wir sind 2018 zum 2. Mal für sie gelaufen. Diesmal mit ihrer Schwester und vielen Nachbarinnen. Es war so bitter, aber der Lauf hilft es zu verarbeiten…
Du hast erwähnt, dass auch eine „Chemo-Freundin“ von Dir mitläuft?
Genau. Ich habe sie wirklich in der Chemo kennengelernt, wir verstehen uns sehr gut und ich versuche Nadine stetig zu begeistern, sich durch Sport weiter zu verbessern. Denn selbst wenn wir langsamer laufen oder nur eine Runde – ist doch egal, Hauptsache dabei sein.
Du bist ja durch und durch Sportlerin, hast zusätzlich eine Yoga-Ausbildung…
Ja, die Ausbildung hat mir sehr geholfen. Man lernt, auch Dinge zu integrieren ins Leben, die nicht gut sind. Man kann aus allem etwas machen. Meine Denkweise hat sich sehr verändert. Ich hatte einen Hang zum Perfektionismus… denke aber heute oft: Es ist halt so wie es ist. Manchmal denke ich auch: Gut, dass ich dieses Studio hatte, das ich während allem nur einen Monat geschlossen habe. Ich wollte da durch kommen. Hätte ich in einem normalen Büro gesessen, wäre das sicher anders gewesen. So konnte ich immer mit meinen Kunden Sport zu machen, das hat auch mir sehr geholfen.
Im Flyer für den Race for Survival steht, wie wichtig es ist, sich „sein ganz persönliches Gesundungsumfeld zu schaffen“, und das am besten schon bevor man krank wird. Wie machst Du das ganz persönlich?
Ich versuche möglichst entspannt mit allem umzugehen. Sich nicht unnötig unter Stress zu setzen. Dinge nehmen und lassen wie sie sind. Wenn man zum Beispiel eine schlechte Diagnose bekommt, macht es einen Unterschied, ob man nur das Schlechte sieht oder sich gleich überlegt, wie man mit der Challenge umgeht. Für mich gab es damals keine Diskussion, ich wusste: Das schaffe ich.
Jennifer Lauter betreibt seit 2015 ihr eigenes Fitnesscenter und Yogastudio. Sie kommt gebürtig aus der Eifel und sagt von sich selbst: „Ich bin relativ tough im Nehmen.“ So hat sie ihr Studio Fisico auch nur wenige Wochen geschlossen, als sie die Diagnose Brustkrebs bekam, ein Jahr nach Gründung des Studios… Wenn sich Jenni nicht bewegen kann, fehlt ihr was. Wie sie es macht, ist beeindruckend! Immer fröhlich und offen für die kleinen und großen Nöte ihrer Kunden.
Der Race for Survival ist nur ein Event, das die Aktion Pink organisiert. Dabei geht es ums Laufen für die Erhaltung der Brustgesundheit und für die Heilung von Brustkrebs. Einzelne Läufer starten genauso wie kleine oder größere Teams, manchmal die ganze Familie.
Auf der Website von Aktion Pink heißt es: „In Köln sind wir zu einer großen, verbundenen Gemeinschaft gewachsen, getragen von verlässlichen Freundschaften und engagierten Kooperationspartnern. Wir freuen uns über Genesung, trösten gemeinsam bei der Diagnose „Brustkrebs“, nehmen die Survivor in unsere Mitte, denn gemeinsam sind wir unglaublich stark.“