Das Bedingungslose Grundeinkommen – eine Vision
Deutschland tut sich schwer mit Visionen und Reformen. Das fängt in der Politik an. Die Regierungsparteien sehen derzeit ihre Hauptaufgabe darin, akute Probleme innerhalb der Koalition abzuarbeiten. Für Visionen und Fortschritt scheint da wenig Platz. Dabei gibt es visionäre Konzepte, die in Deutschland heftig diskutiert werden und auch in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen. So wie das Bedingungslose Grundeinkommen.
Ein fixer Geldbetrag, jeden Monat vom Staat auf mein Konto, ohne dass ich etwas dafür tun muss: Das ist die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Ein schöner Gedanke, während Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Robotics und Automatisierung, überhaupt das ganze Thema „neue Arbeitswelt“ viele Menschen verunsichert und Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gleichermaßen beschäftigen. Unsere Ansprüche an Arbeit und Leben, die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf und auch die Selbstverwirklichung scheinen an Bedeutung zu gewinnen. So schreibt Matthias Horx vom Zukunftsinstitut:
Zu Hard Work und Smart Work gesellt sich ein dritter Sektor der Arbeit: In den neuen Ökonomien des Tauschens, im Urban Gardening und Co-Working, in vielen, noch nicht kommerzialisierten Bereichen der Sharing Economy, aber auch im ständig breiter werdenden Sektor des Volunteering, der sozialen Arbeit und des politischen Engagements. Er entsteht dort, wo Tätigkeit und Muße, Engagement und Talent ineinander übergehen, wo Arbeit Kontemplation wird und sich von den Gesetzen des Geldes verabschiedet.
Wenn also bezahlte Arbeit in Zukunft nicht mehr im Vordergrund steht, müssen Wirtschaft und Politik in neuen Bahnen denken. So wie Michael Bohmeyer, der bereits 2014 die Crowdfunding-Aktion mein-grundeinkommen.de gründete. Schon 222 Menschen haben durch sein Projekt ein Jahr lang ein monatliches Grundeinkommen von 1000 Euro gewonnen. Bohmeyer selbst erhielt nach seinem Ausstieg aus einem Onlineshop weiterhin einen monatlichen Gewinnanteil von ca. 1.000 Euro – also quasi ein Grundeinkommen. Die dadurch gewonnene finanzielle Sicherheit brachte ihn auf die Idee auch anderen Menschen diese Erfahrung nah zu bringen, ihr Leben frei von existentiellen Geldsorgen zu gestalten.
Ein System für morgen
Arbeitslosigkeit und die Angst, dass es in Zukunft nicht mehr genug Arbeit im traditionellen Sinne für alle geben wird, schürt die Debatte in Deutschland. Während meiner Recherchen finde ich folgende Studie: Das Marktforschungsinstitut SPLENDID RESEARCH hat im November 2017 im Rahmen einer repräsentativen Umfrage 1.024 Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren online zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen befragt. Untersucht wurde unter anderem, wie bekannt das Konzept in der Bevölkerung ist, wie die Deutschen einer Einführung gegenüberstehen, welcher Betrag hierfür als angemessen empfunden wird und ob man weiterhin erwerbstätig bleiben würde.
Das Ergebnis: Zwei Drittel der Deutschen ist das Bedingungslose Grundeinkommen ein Begriff. Im Durchschnitt befürwortet eine Mehrheit von 58 Prozent der Bundesbürger seine Einführung. Und der angemessene Betrag für ein Bedingungsloses Grundeinkommen liegt für die Deutschen bei durchschnittlich 1.137 Euro monatlich. Je nach Höhe des monatlichen Geldbetrags würden bis zu 38 Prozent der Beschäftigten in Deutschland den Beruf oder den Arbeitgeber wechseln, ihre Stundenzahl reduzieren oder sogar überhaupt nicht mehr arbeiten. Von den Berufstätigen mit einer abgeschlossenen Lehre würde ein Viertel erwägen, die Berufstätigkeit vollständig an den Nagel zu hängen. Unter Akademikern hingegen würde nur jeder Fünfte darüber nachdenken, überhaupt nicht mehr zu arbeiten.
Ist der Mensch von Natur aus faul oder fleißig?
Laut dieser Studie könnte das Bedingungslose Grundeinkommen speziell auf Ehrenamt und lokales Engagement einen positiven Effekt haben. Gut ein Drittel der Bundesbürger kann sich vorstellen, bei staatlicher Unterstützung, in eine Region mit billigen Mieten und niedrigen Preisen zu ziehen und dort ehrenamtlich zu arbeiten oder ein Unternehmen zu gründen. „Dies könnte zu einem Aufschwung in Regionen führen, die in den letzten Jahren eine starke Abwanderung verzeichneten“, erklärt die Leiterin der Studie.
ohfamoose Gedanken
Im Prinzip haben wir in Deutschland über die diversen Sozialtransferleistungen (Grundsicherung, Krankengeld, Rente etc.) ja heute auch schon so etwas wie ein Grundeinkommen. Nur ist dieses mit Behördengängen, Anträgen und diversen Bedingungen verbunden. Viele, insbesondere ältere Menschen, nehmen daher Sozialleistungen, die ihnen rechtmäßig zustehen, aus Scham oder Stolz gar nicht erst in Anspruch. Könnte man hier nicht einen Test mit ausgesuchten Rentnern in Deutschland lancieren?
Und wird man in Zukunft in unserer Gesellschaft nur menschliche Arbeitskraft besteuern? Warum nicht Maschinen und Roboter?
Wir können die Probleme dieser Welt nicht mit den Denkmustern lösen, mit denen wir sie erschaffen haben. Albert Einstein
Ich hoffe, dass die Parteien sich in Zukunft mehr mit Visionen auseinandersetzen. Neue Wege aufzeigen. Visionen helfen dabei, denn sie zwingen uns die Perspektive zu wechseln.