Reisen in Coronazeiten
Meine Reisen und mein Nomadentum sind vor vier Wochen zu einem totalen Stillstand gekommen. Denn Reisen in Coronazeiten ist nicht möglich. Ich hatte es gerade noch geschafft, mit dem letzten Flugzeug von Dubai nach Frankfurt zu fliegen und bin dann in meinem Heimatort Lich gestrandet. Zwei Wochen Quarantäne, viel Zeit zum Lesen und all die Sachen zu machen, die ich mir schon lange vorgenommen hatte. Aber ohne meinen Lebensgefährten, denn der sitzt in Wien im Lockdown und die Grenzen sind dicht. Das Schengener Abkommen ausgehebelt.
„Der letzte lebende Mensch, den ich gesehen habe, war Johnny vor sechs Wochen,“ klagt mein Freund am Telefon. In der Wiener Stadtwohnung ist die Situation für ihn schlimmer als für mich in Lich. Ich habe meine Familie, die ich nach zwei Wochen Quarantäne besuchen kann. Der Garten ist groß und bei herrlichem Sonnenschein pflanze ich mit meiner Mutter die ersten Blumen, koche für sie und habe jeden Tag jemanden zum Reden. Wie gern wäre mein Freund in Lich. Das ist aber nicht möglich, da Deutschlands Grenzen dicht sind und Reisen über die Grenze verboten sind.
Aber dann heißt es kurz nach Ostern aus dem österreichischen Gesundheitsministerium, dass das Sehen des Lebenspartners zur Deckung der „notwendigen Grundbedürfnisse“ zählt und sich die Einreisebestimmungen nach Österreich ein wenig gelockert haben.
Den Lebenspartner zu besuchen, zählt in Österreich zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse!
So ist es seit Mitte April möglich, den Partner von Deutschland aus kommend in Österreich zu besuchen. Dafür werden nur mehr eine Eigenerklärung sowie eine Kopie des Ausweises und der Meldebescheinigung des Partners in Österreich benötigt. Zuvor musste man noch einen Sars-CoV-2 Test, der nicht älter als vier Tage sein darf, vorweisen.
Reisen in Coronazeiten
Wir beginnen mit unseren Vorbereitungen. Mein Freund beschafft die Meldebescheinigung, ich fülle eine Eigenerklärung aus, suche eine Zugverbindung nach Wien und bastele mir vier Mund-Nasenschutz Masken, die man im öffentlichen Nah-und Fernverkehr tragen muss.
Die App der deutschen Bahn informiert mich außerdem, dass es in Passau zu längeren Aufenthalten kommen kann, da dort eine Grenzkontrolle im Zug ausgeführt wird. Mit allen Ausweisen, der Eigenerklärung und meinen Masken mache ich mich dann vorgestern auf den Weg.
Der Bahnhof wirkt verwaist. Wo sonst viel Gewusel herrscht, stehen zwei Personen am Gleis. Der Zug ist gespenstisch leer. Während der ganzen siebenstündigen Reise sitzen maximal vier Personen in meinem Waggon. So etwas habe ich auf all meinen Zugreisen noch nie gesehen.
Kurz vor Passau werde ich nervös. Werde ich durchkommen? Muss ich umkehren? Und da kommt auch schon die Ansage des Schaffners: In Kürze erreichen wir Passau, hier muss mit einem längeren Aufenthalt gerechnet werden. Es werden Grenzkontrollen stattfinden.
Ich krame nach meinem Ausweis, der Eigenerklärung, der Meldebescheinigung meines Freundes, prüfe, ob meine Maske richtig sitzt. Ich bin bereit. Der ICE läuft in Passau ein, die Türen öffnen sich, meine Nervosität hat ihren Höhepunkt erreicht.
Und dann… die Türen schließen sich und der Zug fährt ab.
Tja, und das ist dann auch schon das Ende der Geschichte. Ich komme pünktlich in Wien an, mein Freund steht am Bahnsteig und wir fahren gemeinsam nach Hause. Happy End 🙂
Mein Fazit: Die Reise war viel weniger aufregend, als ich es vermutet habe. Außerdem bin ich sehr dankbar, dass Österreich sich zu den Lockerungen entschlossen hat und total verblüfft, dass es keine Kontrolle an der Grenze gab!
Wer sich in einer ähnlichen Situation befindet, dem empfehle ich diesen Artikel in der Augsburger Allgemeinen Zeitung.