Einblicke in die weibliche Psyche
Es gibt einige Bücher, die gute Einblicke in die weibliche Psyche verschaffen. Der Zopf, der Roman der Französin Laetitia Colombani gibt gleich DREI sehr unterschiedliche. Und doch fließen sie zum Schluss in EINE Betrachtung: Es lohnt sich zu kämpfen. Gerade Frauen sind doch richtig gut darin, oder?!
Meine Schwester weiß immer, welche Kinofilme ich mag und welche Bücher ich schätze. Als sie mir Der Zopf schenkt, gefällt mir zugleich der Umschlag sehr, weil er so weiblich anmutet. Ich achte ja auch auf Weinetiketten 🙂 Außerdem liegt das Buch total schön in der Hand und so war es wie gemacht als herbstliche Urlaubslektüre.
Schicksale, die tief in die weibliche Psyche blicken lassen
Der Zopf breitet die Lebensgeschichten von drei Frauen aus. Drei, die unterschiedlicher nicht sein können, und die auf unterschiedlichen Kontinenten leben: Europa, Nordamerika, Asien. Alle drei haben Schicksale zu bestehen, die es in sich haben und die weibliche Psyche sehr belasten.
Giulia muss nach dem Tod ihres Vaters die sizilianische Firma internationalisieren; Sarah, eine renommierte Anwältin und Workaholik, kämpft in Kanada mit einer Krankheit um ihr Überleben und Smita wiederum tut alles, um ihrer kleinen Tochter ein ehrbares Leben zu ermöglichen und setzt alles auf eine Karte.
Die französische Autorin Laetitia Colombani hat in ihrem ersten Roman sehr genau die Lebensumstände der Frauen beschrieben – ich bin tief in die jeweiligen Familiennöte eingetaucht.
Wie sie die Geschichten am Ende zusammenwebt und sich so tatsächlich ein Zopf ergibt, ist geschickt und wohltuend zugleich.
Es mündet in dem Appell, nie aufzugeben und seiner inneren Stärke zu folgen. Es geht um Entwicklung, Besinnung und Freiheit. Um Werte also, die in der heutigen Zeit aktuell und streitbar sind und in der weiblichen Psyche von großer Bedeutung sind.
Als ich kürzlich bei einem Event, dass sich outdoor an einem See abspielte, gebeten wurde, einen Text vorzulesen, der sich mit dem Element Wasser beschäftigt, habe ich aus Der Zopf vorgelesen. Diese Stelle möchte ich auch hier wiedergeben, da sie mich stark an die Tragödien auf Lesbos erinnerte:
Kamal ist ein rätselhafter Mann. Giulia weiß nichts über ihn, zumindest sehr wenig. Mit keiner Silbe erwähnt er sein früheres Leben, das Leben, das er hinter sich lassen musste, um auf dieser Insel eine neues zu beginnen.
Wenn er das Wellenspiel des Meeres betrachtet, verliert sich sein Blick manchmal in der Ferne. In solchen Momenten umweht ihn wieder der Mantel der Traurigkeit, umhüllt ihn ganz und gar.
Wasser als Quell der Freude
Für Giulia bedeutet Wasser Leben, ein Quell der Freude, der sich unablässig wandelt und erneuert, eine Form von Sinnlichkeit. Sie liebt es, zu schwimmen, zu spüren, wie ihr Körper durch das kühle Nass gleitet.
Als sie Kamal eines Tages ins Wasser locken will, weigert er sich hartnäckig. Das Meer ist ein Friedhof, sagt er, und Giulia wagt nicht, nachzuhaken. Sie weiß nicht, was er erlebt hat, was das Wasser ihm genommen hat. Eines Tages wird er es ihr vielleicht erzählen. Oder auch nicht.
Sie sprechen nie über die Zukunft oder die Vergangenheit. Giulia erwartet nichts von ihm, nichts außer diesen gemeinsamen Stunden am Mittag. Was zählt, ist der Augenblick.“
Ein Buch, das das Leben feiert
Ich schließe mich einer Rezension an, die sich auf dem Buchrücken findet und Folgendes besagt:
„Ein kraftvolles Buch – eine Feier des Lebens.“ (annabelle)
Hört sich an wie für manch‘ ohfamoose Leserin. Aber auch Männer könnten Gefallen daran finden und bekommen in Der Zopf einige Einblicke in die weibliche Psyche. Und last but not least: Vielen Dank, meine liebe sorella!
Fotos: Unsplash und via S. Fischer Verlag