Per Auto nach Griechenland? Ist doch viel zu weit!
Gastautorin Ina Bär hat bisher auch gedacht, dass man doch nach Griechenland fliegt – logisch! Und hätten sie und ihr Partner nicht mehrere Monate Zeit gehabt, dann wären sie nie auf die Idee gekommen, mit dem Auto nach Griechenland zu fahren. Über Kroatien, Montenegro und Albanien bis zum südlichsten Punkt des griechischen Festlands. Dort jedoch treffen sie erstaunlich viele Deutsche, die für nur zwei oder drei Wochen mit dem PKW in Griechenland sind. Aber wie? Und warum eigentlich?
Seit einer Woche sind wir auf der Insel Korfu. Unser nächstes Ziel ist das griechische Festland. Dort jedoch wüten überall Waldbrände. Und die Rekordhitze von über 40°C scheint noch lange kein Ende zu haben. Was also tun? Wieder zurück gen Norden fahren? „Zum Glück“ passiert mir ein Missgeschick, das uns noch für eine weitere Woche auf der Insel festhält. Ich stürze und ziehe mir eine heftige Wunde am Ellenbogen zu. Doch ein kompetenter Arzt ist vor Ort und alles läuft schnell und unkompliziert ab. Und als 7 Tage später alles halbwegs verheilt ist, sind auch die meisten Brände gelöscht…
„Manchmal kann ein kleines Unglück auch ein großes Glück bedeuten.“
Gastfreundschaft abseits des Massentourismus
Was uns auf dem Festland erwartet, hätten wir uns so nicht träumen lassen. Ich möchte hier gar nicht von den bekannten Attraktionen wie Delphi, den antiken Sportstätten von Olympia oder den Meteora Klöstern sprechen, die wir besucht haben. Obwohl uns der Gesang der Mönche unvergesslich bleiben wird, der vom Nachbarfelsen zu uns herüber klang, als wir in den frühen Morgenstunden den wundervollen Sonnenaufgang über den Klöstern bestaunten.
Viel beeindruckender war die herzliche Gastfreundschaft der Griechen. Ein paar Beispiele: In einer Taverne bekamen wir ein Dessert, das extrem lecker war. Als wir nach den Zutaten fragten, brachte der Wirt eine ganze Assiette dieser Nachspeise und schenkte sie uns einfach.
Ein anderes Mal kam ein älterer Einheimischer zu unserem Stellplatz und brachte uns einen großen Beutel frisch gepflückter Feigen, einfach so. Am nächsten Tag bekamen wir von ihm eine kleine Flasche selbst gebrannten Tsipouro – einen Schnaps, der auf dem Festland getrunken wird, wo der Ouzo nicht so verbreitet ist.
Durch diese bedingungslose Freundlichkeit fühlten wir uns überall in Griechenland willkommen und ein wenig wie Zuhause.
Seltsame Spuren im Sand
Es ist inzwischen Anfang September und wir befinden uns an der Westküste des Peloponnes. Gestern haben wir am Strand seltsame Spuren entdeckt. An manchen Stellen steckte ein Stock im Boden mit einem Datum. Was war das bloß? Irgendwann stand ein Schild dabei: Caretta Caretta, vom Aussterben bedrohte Meeresschildkröten, hatten hier Nester gegraben und ihre Eier abgelegt. Nur alle zwei bis drei Jahre kommen sie dazu an den Strand – genau dorthin, wo sie selbst geboren wurden. Von Google erfahren wir, dass die Brutzeit 50 bis 70 Tage beträgt. Demzufolge müssten die Schildkrötenbabys jetzt irgendwann schlüpfen.
So schlendern wir abends, gewappnet mit Picknick und Taschenlampe, über den warmen Sand und suchen nach einem Nest, das ein passendes Datum hat. Plötzlich nehme ich im Augenwinkel eine Bewegung wahr. In einer kleinen Mulde schiebt sich etwas Dunkles durch den Sand nach oben. Ich lasse alles fallen vor Aufregung. Tatsächlich schlüpft dort gerade ein Caretta Caretta Baby. Gemeinsam feuern wir es an auf dem Weg zum Meer, möchten am liebsten nachhelfen. Der Weg zum Wasser ist der gefährlichste Teil für die Schildkröten, da es jede Menge Räuber gibt, die die Kleinen gerne fressen würden.
Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, erleben zu dürfen, wie das Baby von den Wellen erfasst und sicher ins Meer gespült wird. In dieser Nacht begleiten wir 12 kleine Caretta Caretta Babys ins Leben. Wir fühlen uns wie Tierschützer, Geburtshelfer, Schildkrötenretter und glückliche „Eltern“. Ein unvergessliches Erlebnis!
Schnell mit dem Auto nach Griechenland
„Hör mal, das sind doch Sachsen.“ Ein älteres Ehepaar schlendert an uns vorbei und läuft vom Strand zum Auto. Tatsächlich ein deutsches Nummernschild aus unserer Heimat. Wir staunen, dass jemand bis hierhin mit dem PKW fährt. Neugierig sprechen wir die Leute an. Sie berichten, dass sie schon seit Jahren immer wieder nach Griechenland fahren. Sie sind begeistert von der Gegend und den Menschen hier. Und es ist auch gar nicht so weit, wie die meisten glauben. Sie fahren ab Venedig mit der Fähre bis Patras und sind dann schon angekommen am Eingang des wunderschönen Peloponnes. Die 2 Tage Fährfahrt fühlt sich dabei schon wie Urlaub an. Und mit ein wenig Glück kann man Delphine sehen.
Begeistert von der Idee, buchen wir sofort für unsere Rückreise eine Fährfahrt nach Italien. So können wir noch länger auf dem griechischen Festland bleiben, in das wir uns inzwischen richtig verliebt haben. Zum Glück, denn sonst hätten wir das Beste verpasst…
Mit 50 nochmal Eltern
Es kam völlig unerwartet, aber etwas Besseres hätte uns nicht passieren können. Es waren nur noch 2 Tage bis zu unserer Heimreise. Eigentlich wollten wir nur unsere Klamotten in einem Waschsalon waschen. So kamen wir in die „Filía Laundry“ eines deutschen Auswanderer-Pärchens, ohne zu wissen, dass dazu noch ein tolles Projekt gehört, in dem sie sich um streunende Hunde kümmern, sie versorgen und vermitteln. Dort sahen wir 5 Welpen, deren Mutter bei den Waldbränden ums Leben gekommen war. Sie waren so süß! Also warum nicht die Gelegenheit nutzen und einem dieser kleinen, süßen Wesen ein Zuhause schenken? So sind wir mit einem neuen Familienmitglied wieder zurückgekehrt und jetzt zu dritt mit unserer kleinen Filía, was übersetzt Freundin heißt.
Eines wissen wir ganz genau: Wir kommen bald wieder in Filías wundervolle Heimat, auch wenn wir dann vielleicht nur zwei Wochen Urlaub haben.
Gastautorin Ina Bär ist seit ihrer Jugend als Weltenbummlerin unterwegs. 2020 hat sie ihren Wohnsitz aufgegeben und ist mit ihrem Partner für mehrere Monate in einem VW-Bus durch Europa gereist. Sie ist Mutter zweier erwachsener Kinder. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen gibt sie als Online-Familiencoach (zu Inas Webseite), als Autorin von drei Büchern und als Keynote Speaker auf der Bühne weiter, um Menschen Mut zu machen und Wege zur Veränderung aufzuzeigen. Ihren Reisen kann man auf Instagram unter https://www.instagram.com/otto.meets.europe/ folgen.
Fotos: Ina Bär
Mehr ohfamoose Reiseberichte gibt es hier.
ich habe den Bericht mit Lust gelesen und bin dadurch selbst inspiriert worden mit dem Auto nach Griechenland zu fahren. Danke für die interssanten Beschreibungen und die wertvollen Hinweise.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Peter Wehnert