Trinken ohne Kater
Wusstest Du, dass Alkohol an der Entstehung von über 200 Krankheiten beteiligt ist? Diese und andere Informationen finden sich im Alkoholatlas Deutschland, den wir heute nochmals aufgreifen, inklusive Buchtipps (s.u.) Und während wir uns damit beschäftigten, erfahren wir: Die Welt mit alkoholfreien Getränken wird immer vielfältiger, wenn man genauer hinschaut. Gibt es gar einen Boom alkoholfreier Getränke, ist die Zeit des Ausweichens auf fade Limonaden vorbei?
Ein Gläschen Sekt zum Anprosten hier, ein Feierabend-Bierchen da. Bekannt? Uns ja, und wir sagen gleich zu Beginn: Wir sind keine Alkohol-Abstinenzlerinnen. Und doch machen wir uns schon längere Zeit Gedanken darüber, wie tragbar Alkoholkonsum ist, für uns selbst aber auch gesellschaftlich.
Deshalb haben wir uns zum einen mit dem Alkoholatlas Deutschland beschäftigt. Darin wird kräftig – und wohl auch mit Recht – Alarm geschlagen. Zum anderen haben wir uns die Welt alkoholfreier Getränke angeschaut – denn:
Ohne Alkohol geht, wenn man will und scheint ein Trend zu sein, dem immer mehr Menschen folgen…
Wir beginnen mit dem Alkoholatlas – dem vom Deutschen Krebsforschungszentrum erstellten Nachschlagewerk, das mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Krebshilfe seit 2017 erstellt wird. Es enthält zahlreiche Fakten und Zahlen über die Auswirkungen von Alkoholkonsum und verdeutlicht: Alkoholkonsum zählt zu den wichtigen v e r m e i d b a r e n Krebsrisikofaktoren.
Das Grundlagenwerk soll dazu beitragen, in Bevölkerung und Politik das Bewusstsein für die Gefahren des Alkoholkonsums zu schärfen. Eine gesellschaftspolitische Debatte soll angestoßen werden, um aufzuzeigen: Diese gesundheitspolitischen Maßnahmen können dazu beitragen, den Alkoholkonsum in der Gesellschaft zu verringern.
Mehr als 8.000 Krebstodesfälle
Und so redet die verantwortliche Autorin, Katrin Schaller, nicht nur Klartext, sondern nennt auch gleich ein paar Zahlen:
„Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Alkohol ein erheblicher Krebsrisikofaktor ist. Allein in Deutschland gehen Schätzungen zufolge jedes Jahr über 20.000 Krebsneuerkrankungen und mehr als 8.000 Krebstodesfälle auf das Konto des Alkoholkonsums“, so wird Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum in der Pressemitteilung zitiert, die auch von der Deutschen Krebsgesellschaft herausgegeben wurde.
Am stärksten ist der Einfluss von Alkohol auf Darmkrebs, auf Krebserkrankungen des Mund- und Rachenraums, der Leber, Speiseröhre und der Brust.
Dabei finden sich in der Forschung auch Stimmen, die Alkoholkonsum anders verorten. Forschungsergebnisse sind teilweise widersprüchlich und Fakt ist auch: Bezüglich der Auswirkungen eines geringen Alkoholkonsums ist man sich uneinig. Stimmen, die nahelegen, eine ganze Flasche Wein pro Tag sei harmlos, halten wir jedoch für wissenschaftlich nicht belegt und verharmlosend. Fakt ist aus unserer Sicht leider:
Das Bewusstsein für die Gesundheitsrisiken des Alkoholkonsums ist schlecht ausgeprägt – was besonders dann deutlich wird, wenn man versucht auf Alkohol zu verzichten. Antworten wie „Ach, Du Arme, musst sicher noch Auto fahren“, sind noch die harmlosesten Sprüche, die dann kommen. Wer nicht (mehr) trinkt, muss sich erklären – sollte es eigentlich angesichts der Gefahren nicht genau andersherum sein?
Welche Auswirkungen hat Alkohol?
Als gesichert kann gelten: Der dauerhafte Genuss größerer Mengen von Alkohol lässt unsere Gehirnzellen absterben, schadet dem Körper, plus: Auch diese Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen:
Ist eine Person süchtig nach Alkohol, kann sich das zudem auf soziale Beziehungen negativ auswirken.
So informiert das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in der Schweiz: „Gerade nahe Familienmitglieder, namentlich auch Kinder, leiden oft unter den negativen Folgen des Alkoholkonsums. Die Beziehungen werden schwierig, Sorgen belasten die Familie, dazu kommen finanzielle und gesundheitliche Herausforderungen.“
Laut Gerd Nettekoven, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krebshilfe, ist es „höchste Zeit für einen Wandel und einen neuen Umgang mit Alkohol.“ Und er sieht bereits positive erste Ansätze wie zum Beispiel die steigende Auswahl alkoholfreier Getränkealternativen.
Gesellschaft und Alkohol – setzt sich ein Wandel durch?
Die Gesellschaft wandelt sich und bezüglich des Angebots von Alkohol fällt auf: Alkoholfreie Getränke stehen in vielen Bars nicht mehr in der Ecke, in Getränkekarten stehen Mocktails wie Cocktails. Überall sieht man sie, die Rezepte für alkoholfreie Cocktails. Fast 7.000 Mocktails werden allein bei chefkoch.de zum Nachmixen angeboten… Und die Süddeutsche Zeitung nennt Ende 2022 in ihrem Artikel „Rausch ja, Kater nein: Warum alkoholfreie Getränke boomen“ folgende Zahlen:
„Um 33,2 Prozent ist weltweit der Markt mit nicht-alkoholischen Ersatzgetränken gewachsen; die auf alkoholische Getränke spezialisierten Marktforscher vom Londoner IWSR prognostizieren, dass der Anstieg in den kommenden Jahren bei jeweils mindestens 30 Prozent liegen wird. Die Analysefirma Fior Markets erwartet, dass die Branche weltweit von derzeit knapp einer Billion Dollar pro Jahr wachsen wird – auf 1,7 Billionen Dollar bis 2028.“
Das sagt eine Weinbloggerin
Auch Weinbloggerin Iris Shafie beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit alkoholfreien Weinen. Sie arbeitet häufig direkt mit Winzern zusammen und weiß: „Alkoholfreie Weine bekommt ihr übrigens nicht mehr nur im Supermarkt von großen Erzeugern und Marken. Mittlerweile bieten viele Winzer auch ein oder mehrere Produkte dieser Art aus der eigenen Herstellung an.“
Das sagen die Macher von the taste bar
Matthew Trussler, der zusammen mit Ilona Laboviciute the taste bar gründete, gibt uns auf Anfrage folgenden Einblick in den alkoholfreien Markt:
„Wir sehen einen Wandel in der Einstellung zum Alkohol – Mindful Drinking. Alkoholfreie Getränke sprechen nicht nur Nichttrinker an, sondern auch regelmäßige Genießer, die nach gut schmeckenden alkoholfreien Alternativen zu ihren Lieblingsgetränken für unter der Woche suchen.“
Genau deshalb gründeten die zwei ihre Bar, die sich eben nicht auf Alkohol, dafür auf Geschmack und Qualität fokussiert. Sie hatten es schlicht „satt, dass Alkohol Teil jeder sozialen Interaktion sein muss“ und finden die Vorstellung antiquiert und lächerlich, ohne Alkohol „langweilig“ zu sein. Sie haben folgende Erfahrung gemacht:
„Die Kunden sind besonders daran interessiert, mehr alkoholfreie Alternativen in Restaurants zu sehen. Damit sie auch ohne Alkohol ein qualitativ hochwertiges Getränk und Essen zu sich nehmen können. „
Ist Nüchtern das neue Cool?
Ist nüchtern zu sein also bereits „das neue Cool“, wie Medien titeln? Gewiss ist: Jede und jeder Einzelne kann sein Verhalten anpassen – und dies fällt leichter, wenn der Fokus nicht auf Verzicht, sondern auf dem Gewinn an Energie und Gesundheit liegt.
Unser Fazit:
- Der Alkoholatlas Deutschland ein gutes Nachschlagwerk, um sich über die mögliche Alkohol- und Krebsprävention zu informieren.
- Es gibt jede Menge guter, alkoholfreier Alternativen für feucht-fröhliche Abende und die Auswahl dieser Getränke steigt. Der Markt für Kräuterwissenschaftler und Brennereiexperten, die drinks ohne Alkohol herstellen und dabei das Erlebnis und den Geschmack dieser Getränke in den Vordergrund stellen, wächst.
Mehr über den Alkoholatlas Deutschland 2022
Und dann gibt es noch einen interessanten Selbstversuch
Es gibt auch bereits Ratgeber für den bewussten Umgang mit Alkohol
Fotos via the taste bar
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