Leipzig: Die Kulturhauptstadt Sachsens
Leipzig, die Perle Sachsen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit als Tourismusdestination in Deutschland. Diese Stadt, die oft als „Klein-Paris“ bezeichnet wird, hat nicht nur eine faszinierende Geschichte, sondern bietet auch eine Vielzahl von kulturellen Erlebnissen. Da wir gerade die Wiedervereinigung Deutschlands feiern durften, möchte Sonja auf das aufmerksam machen.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis vor kurzem noch nie in Leipzig war. Es war also höchste Zeit, den Osten Deutschlands zu erkunden. Der Wunsch meiner Schweizer Freundin kam mir da gerade recht. Jacqueline und ich machten uns im September auf, um Leipzig zu besuchen.
Eine Stadt der Geschichte und Kultur
Leipzig kann auf eine reiche und facettenreiche Geschichte zurückblicken, die bis ins Mittelalter reicht. Die Stadt spielte eine entscheidende Rolle während der Reformation, als Martin Luther 1539 hier die Festrede zur offiziellen Einführung des protestantischen Glaubens als Staatsreligion hielt. Im 18. Jahrhundert wurde Leipzig ein Zentrum der Aufklärung und des intellektuellen Austauschs. Dies führte zur Gründung der Universität Leipzig, einer der ältesten Universitäten Deutschlands. Im 20. Jahrhundert war Leipzig ein Zentrum des politischen und kulturellen Lebens in der DDR und spielte eine bedeutende Rolle während der Friedlichen Revolution von 1989.
Unser Zimmer in der Villa Voss, gleich neben dem amerikanischen Konsulat, war beeindruckend. Nachdem wir ausgepackt hatten, machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden.
Kulturelle Vielfalt
Leipzig ist eine Stadt, die Kunst und Kultur zelebriert. Die Stadt ist untrennbar mit der Musik verbunden, da große Meister wie Johann Sebastian Bach, Richard Wagner und Felix Mendelssohn Bartholdy hier gewirkt haben. Wir besichtigen die Thomaskirche, in der Bach als Thomaskantor tätig war und viele seiner berühmten Werke komponierte.
An jeder Ecke in Leipzig gibt es etwas zu entdecken. Wir spazieren am Naschmarkt entlang und bewundern die Alte Handelsbörse, die im 17. Jahrhundert als repräsentativer Versammlungsort im Stil des Frühbarock erbaut wurde.
Leipzigs Passagen
Und natürlich die vielen eleganten Passagen! Diese historischen Handelspassagen sind ein Symbol für Leipzigs reiche Geschichte als Handels- und Kulturstadt. Die Mädler-Passage, die Specks Hof-Passage und die Barthels Hof-Passage sind kunstvoll gestaltete Innenhöfe und Durchgänge, die im 19. Jahrhundert entstanden sind. Sie wurden ursprünglich als überdachte Einkaufsstraßen und Treffpunkte für die wohlhabende Bürgerschicht konzipiert. Diese Passagen sind nicht nur beeindruckende Beispiele für die Architektur jener Zeit, sondern auch wichtige Orte für das soziale Leben in Leipzig.
Natürlich sind wir auch durch die Mädler-Passage flaniert. Hier findet man den berühmten Auerbachs Keller, ein historisches Restaurant, das Goethe in seinem Werk „Faust“ verewigte. Unschwer zu erkennen an der Bronzestatue vor dem Restaurant.
Per Zufall sehen wir im Stadtzentrum das Schild Zeitgeschichtliches Forum Leipzig. Eigentlich war uns nicht klar, was uns erwartet, aber da es gerade zu regnen beginnt, gehen wir hinein – und erleben eine Reise in die Vergangenheit.
Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig ist ein Museum, das sich der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts widmet. Wer die politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen dieses turbulenten Jahrhunderts besser verstehen möchte, dem rate ich zu einem Besuch.
Das Museum verfügt über eine beeindruckende Sammlung von Exponaten, die die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen des 20. Jahrhunderts erklären.
- Die Weimarer Republik: beleuchtet die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und die Entstehung der Weimarer Republik.
- Die Zeit des Nationalsozialismus: erzählt die düsteren Jahre des Zweiten Weltkriegs und die Schrecken des Holocaust.
- Die DDR und die Friedliche Revolution: für mich sehr faszinierend, die Alltagskultur der DDR besser kennen zulernen.
- Die Nachwendezeit: hier werden die Herausforderungen und Veränderungen, die mit der deutschen Wiedervereinigung einhergingen, dargestellt.
Ich war so gefesselt von der gesamten Ausstellung, dass ich total vergessen habe, Fotos zu machen. Es gibt so viel zu entdecken und zu verarbeiten: interaktive Elemente, die es ermöglichen, tiefer in die Geschichte einzutauchen, Fotos, ganze Räume mit Gegenständen von damals. Man kann Zeitzeugeninterviews anhören, historische Dokumente studieren und sogar virtuelle Reisen in die Vergangenheit unternehmen. Anhand eines Audioguides, der auf deinem Smartphone abspielt, ist es möglich, ganz individuell durch die Ausstellung gehen.
Jacqueline und ich waren über zwei Stunden in der Ausstellung und danach einigermaßen sprachlos. So viele Eindrücke, Fakten und neue Perspektiven auf die deutsche Geschichte, die es zu verarbeiten galt. Wer mehr erfahren möchte, der kann sich hier noch mehr Infos holen.
Nach diesem erhellenden Museumsbesuch brauchten wir dringend einen Kaffee. Im Kaffeehaus Riquet erfahren wir, warum Leipzig das „Paris des Ostens“ genannt wird.
Riquet & Co. wurde im November 1745 von dem Hugenotten Jean George Riquet (1713–1791) gegründet. Dieses Unternehmen widmete sich dem Import von Tee, Kaffee und anderen exotischen Waren und eröffnet ein öffentliches Café. Innerhalb kurzer Zeit etablierte sich der Name Riquet nicht nur in Sachsen, sondern auch weit über die Grenzen hinaus in der Welt des Kaffees und der gehobenen Gesellschaft. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der junge Johann Wolfgang von Goethe, wenn er von Leipzig als „Klein-Paris“ schwärmte, nicht nur an Bälle und Konzerte dachte. Als begeisterter Genießer von Riquets Schokolade war Goethe wohl Stammkunde und ließ sich diese Köstlichkeit sogar zusenden, wenn er auf Reisen war.
Mein Leipzig lob‘ ich mir! Es ist ein Klein-Paris, und bildet seine Leute!
Mit diesen Worten aus dem ersten Teil seiner Tragödie „Faust“ setzte Johann Wolfgang Goethe seiner Studentenzeit in Leipzig ein verbales Denkmal!
Und nach soviel Bildung planen Jacqueline und ich bei leckerem Kaffee und Kuchen unseren nächsten Tag und die Weiterreise nach Dresden! Was es da wohl alles zu entdecken gibt?
Fotos: Sonja Ohly