Das Abrahamische Haus auf der Glücksinsel
Die Winterpause ist vorbei und Elke und Sonja freuen sich auf ein neues ohfamooses Jahr. Den Anfang macht ein Beitrag von Sonja, der aus Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten kommt. Sie hat das Abrahamische Haus in Abu Dhabi besucht. Was es mit diesem Haus auf sich hat, erfährst Du in diesem Beitrag.
Die Feiertage sind vorbei und in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist weiterhin Hochsaison. Die Sonne scheint, die Touristen tummeln sich an den Stränden und bei vielen Sehenswürdigkeiten in Dubai herrscht Hochbetrieb. Grund genug, einen Ausflug nach Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, zu machen. Dort steht das 2019 ins Leben gerufene Abrahamische Haus auf der Insel Saadiyat.
Saadiyat heißt Glück auf arabisch und ich finde es wunderschön auf der Glücksinsel unterwegs zu sein.
Die Anfahrt ist gut beschildert und unterhalb des Komplexes gibt es ein Parkhaus. Los geht’s.
Ein Projekt für mehr Toleranz
Das Abrahamic Family House, so heißt das Abrahamische Haus auf englisch, ist ein interreligiöses Projekt und Teil einer Initiative der Vereinigten Arabischen Emirate zur Förderung des interreligiösen Dialogs und der Toleranz.
Dazu muss man wissen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ein Ministerium für Toleranz und Koexistenz haben. Im Moment begleitet Scheich Nahayan Mabarak Al Nahyan das Amt des Ministers. Er ist ein hochgeschätztes Mitglied der emiratischen Gesellschaft und war früher u.a. Bildungsminister und Minister für Kultur und Wissensentwicklung.
Das Projekt Abrahamisches Haus wurde jedoch von Scheich Abdullah bin Zayed Al Nahyan, dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, ins Leben gerufen und ist Teil der Bemühungen des Landes, religiöse Toleranz und interreligiösen Dialog zu fördern. Die Idee hinter dem Abrahamischen Haus ist es, einen Ort der Begegnung und des Dialogs zu schaffen. Hier können Anhänger der drei abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – zusammenkommen, um ihre Gemeinsamkeiten zu feiern und Unterschiede zu verstehen. Es betont die gemeinsamen Wurzeln der abrahamitischen Religionen und möchte einen Beitrag zur Förderung von Frieden und Verständigung in einer multireligiösen Welt leisten.
Eine multi-religiöse Führung
Insoweit hatte ich mich schon vorab informiert. Auch die Kleiderregelung für den Besuch der Moschee hatte ich beachtet und eine Abbaya dabei. Ich betrete das Haus und mich emfängt eine angenehme Ruhe. Heller Marmor durchzieht die Halle, gleich gegenüber ist der Empfang. Die nächste Führung beginnt in 30 Minuten, also noch genug Zeit für einen Kaffee und natürlich muss ich auch den angrenzenden Shop noch durchstöbern. Hier findet man viele lokal und nachhaltig fabrizierte Andenken.
Am Treffpunkt der Führung treffe ich auf zehn Menschen. Unsere Gruppe wird von Shamma, einer Emirati, geführt. Sie fragt gleich zu Anfang, woher wir denn alle kommen: neben mir sind noch acht andere Nationalitäten vertreten. Shamma bleibt neben einem Bild von Papst Franziskus und dem Großimam Ahmad Al-Tayyeb stehen und beginnt mit ihren Erklärungen.
Die historische Vereinbarung
Die Grundlage für das Abrahamische Haus wurde in erster Linie durch eine historische Vereinbarung zwischen Papst Franziskus, dem Oberhaupt der katholischen Kirche, und dem Großimam von Al-Azhar, Ahmad Al-Tayyeb, gelegt. Im Februar 2019 unterzeichneten Papst Franziskus und der Großimam von Al-Azhar eine gemeinsame Erklärung über die Geschwisterlichkeit aller Menschen. Diese Erklärung betont die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs, der Förderung von Frieden und der Ablehnung von Gewalt im Namen der Religion.
Diese Vereinbarung legte den Grundstein für das Abrahamische Haus und wurde dann als praktische Umsetzung dieser Erklärung konzipiert. Es soll als Ort des interreligiösen Dialogs und der Begegnung dienen, um die Zusammenarbeit zwischen Anhängern des Judentums, Christentums und des Islam zu fördern. Der Papst und der Großimam von Al-Azhar haben ihre Unterstützung für dieses Projekt ausgedrückt, und ihre Beteiligung war ein bedeutender Schritt hin zu mehr Verständigung zwischen den abrahamitischen Religionen.
Was ist das Abrahamische Haus in Abu Dhabi?
Das Abrahamische Haus besteht aus drei Sakralbauten, die jeweils einer der abrahamitischen Religionen gewidmet sind. Ich versuche hier die klaren Linien der Architektur und die Einzigartigkeit der Bauten zu skizzieren. Aber eigentlich muss man es gesehen haben. Auch wichtig ist, dass man die Gotteshäuser nicht während den Gottesdiensten besuchen kann. Also Vorsicht beim Buchen des Besuchs.
Die Große Moschee ist dem Islam gewidmet.
Die Moschee würdigt alle Merkmale traditioneller Moscheen und harmoniert gleichzeitig mit der benachbarten Kirche und Synagoge. Das Äußere der Moschee besteht aus sieben Bögen, was die Bedeutung der Zahl Sieben im Islam widerspiegelt. Die Hauptinnenarchitektur der Moschee besteht aus neun aufsteigenden Gewölben, die jeweils an ihrer Spitze ein Segelgewölbe bilden.
Eines der am meisten bewunderten Merkmale der islamischen Architektur ist die Mashrabiya: ein feines Gitterwerk, das so gestaltet ist, dass das Licht hindurchdringt. Die 470 Mashrabiya Paneele der Moschee sind individuell von Hand gefertigt.
Die Kirche St. Franz von Assisi ist dem Christentum gewidmet.
Franziskus von Assisi war ein Mönch aus dem 13. Jahrhundert, der sich einem Leben in radikaler Armut widmete.
Die Kirche ist der aufgehenden Sonne zugewandt, da Licht als Symbol der Göttlichkeit gilt. Ihre Säulen sind so ausgerichtet, um das östliche Licht zu maximieren und betonen die Vertikalität, um die Konzepte der Inkarnation und der Auferstehung auszudrücken, die für den christlichen Glauben von zentraler Bedeutung sind.
Die Holzlatten im Dachgewölbe sind von Lichtstrahlen inspiriert und erinnern an den Altar im Petersdom in Rom. Mehr als 13.000 Laufmeter Holz bilden das Gewölbe der Kirche.
Die Synagoge ist dem Judentum gewidmet.
Der Name der Synagoge ehrt den jüdischen Philosophen Moses Ben Maimon aus dem 12. Jahrhundert.
Die Synagoge symbolisiert einen traditionellen Gebetsort der Juden. Die kreuz und quer verlaufende Diagrid-Fassade stellen Palmen dar, die zum Bau einer Laubhütte (Sukkah) verwendet wurden, die, während dem Fest der Zuflucht, als Unterschlupf dient. Die Sukkah bietet Schutz vor der Sonne und ermöglicht die Sicht auf die Sterne in der Nacht.
Das bronzene Kettengeflecht stellt die zeltartige Struktur der Sukkah dar, und das Oberlicht verweist auf eine Chuppa, eine provisorische Struktur, die bei jüdischen Hochzeiten verwendet wurde, damit das Paar unter Stoff unter einem Meer aus Sternen stehen konnte.
Der Architekt
Der gesamte Komplex wurde vom ghanaisch-britischen Architekten Sir David Adjaye OM OBE entworfen. Adjayes Arbeit ist weltbekannt. Er ist auf öffentliche Architektur spezialisiert und schafft symbolträchtige Gebäude, die Geschichten erzählen sollen.
Der Sky Garden
Verbunden werden die drei Sakralbauten durch einen weitläufigen Garten, in dem viele Ghaf Bäume zu sehen sind.
Der Ghaf Baum ist das Nationalbaum der Vereinigten Arabischen Emirate. Ein trockenheitstoleranter Baum, der selbst in der rauen Wüstenumgebung grün bleiben und bis zu 120 Jahre alt werden kann. Hier im Garten zwischen den Gotteshäusern gibt es Plätze zum Ausruhen und zum Dialog.
Interessant?
Der Besuch im Abrahamic Family House hat mich sehr beeindruckt, denn gerade in unserer Zeit heute sind Projekte wie dieses wichtiger denn je.
So war mir nicht bewusst, dass in allen drei Religionen Wasser eine große Bedeutung hat.
Im Christentum das Weihwasser, im Islam die Waschung vor dem Gebet und im Judentum das Händewaschen vor dem Besuch der Synagoge. In einer Multimedia Ausstellung werden diese und andere Gemeinsamkeiten herausgestellt.
Ich hoffe, der Beitrag hat dir gefallen. Wenn du Fragen dazu hast, dann hinterlass gerne einen Kommentar oder schreibe uns über das Kontaktformular.
Fotos: Sonja Ohly