Schweizer Dialekt, Drachenblut und Duschverzicht
Eine Woche Abenteuer auf Socotra
Wenn man mir vor einem Jahr gesagt hätte, dass ich eine Woche lang ohne nennenswerte Dusche, dafür mit zwei Schweizerinnen, einem Zelt und, mit Wanderstiefeln und Blechbecher ausgestattet, in einer Tropfsteinhöhle auf Socotra stehen würde – ich hätte wohl höflich gelächelt und weiter an meinem Espresso genippt. Aber hey: Socotra. Insel der Wunder. Und der salzigen Achselhöhlen.

Ankunft in Socotra
Der Flughafen auf Socotra ist winzig. Drei Maschinen pro Woche. Ein Flieger aus Abu Dhabi und zwei aus Aden, Jemen. Das war’s. Aber Socotra ist eine der außergewöhnlichsten und isoliertesten Inseln der Welt – und das ist absolut keine Übertreibung. Sie wird gerne als das „Galapagos des Indischen Ozeans“ bezeichnet, und das aus gutem Grund. Deshalb hat mein Ideenvulkan Jacqueline, die auch unsere Oldtimer Rally geplant hat, diese Destination ausgesucht. Hier sind einige der Besonderheiten, die Socotra so faszinierend machen:
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Über 30 % der Pflanzenarten kommen nur auf Socotra vor – das heißt: nirgendwo sonst auf der Welt!
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Ikonisch: Der Drachenblutbaum (Dracaena cinnabari) – sieht aus wie ein umgedrehter Regenschirm und produziert ein rotes Harz, das früher als „Drachenblut“ gehandelt wurde.
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Auch Tiere wie die Socotra-Stummelschwanz-Eidechse und seltene Vogelarten sind endemisch, also ausschließlich auf Socotra beheimatet.
Mitten im Indischen Ozean liegt dieses Naturjuwel, irgendwo zwischen „Wow“ und „Wo bin ich hier gelandet?“. Die Insel sieht aus wie der verrückte Traum eines Botanikers mit einem Faible für Aliens – und genau so fühlten wir uns auch. Die Drachenblutbäume, 800 Jahre alt und majestätisch wie Gandalf auf Steroiden, haben uns komplett den Atem geraubt – wobei das auch an der 34-Grad-Wanderung über 8 Kilometer durch die Sonne liegen könnte. Kleines Detail. Die Geschichte lest ihr weiter unten.

Sprachtalent
Ich war mit zwei Schweizerinnen unterwegs, die mich tapfer in Schweizerdeutsch herausforderten – was dazu führte, dass mein Gehirn im Dreiklang zwischen Englisch, Arabisch und Schwiizerdütsch zitterte. Die Einheimischen sprechen Soqotri, eine südarabische Sprache, die nichts mit klassischem Arabisch zu tun hat und nur mündlich überliefert wird.
Auf Socotra erlebt man eine Mischung aus archaischer Natur, kultureller Authentizität und dem Gefühl, in eine vergessene Zeit einzutauchen. Ein Ort, an dem WLAN selten ist – aber das Staunen umso häufiger. Unsere einheimischen Guides – echte Socotris – haben immer wieder dafür gesorgt. Mit ihrer stoischen Ruhe, ihrem trockenen Humor und der Fähigkeit, mit einem Lächeln einen Geländewagen durch eine Schlucht zu manövrieren, die eher nach „Mission Impossible“ als nach „Tourismusroute“ aussah. Ihre Fahrkünste waren sensationell.
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Unberührte Natur & bizarre Landschaften
- Weiße Sanddünen! Ein Traum. Fast unwirklich. Eine Marslandschaft in Vanilleoptik. Wir sind barfuß darübergelaufen – bis einer von uns (ich sag nicht wer, aber ich war’s) feststellte, dass Sand bei 34 Grad auch ganz schön heiß sein kann. Ich hätte es eigentlich wissen müssen *augenroll*.
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Höhlen mit Stalaktiten und Stalagmiten, wie die Höhle Hoq, die 2 km in den Berg hineinreicht. Und zu der wir gleich am ersten Tag gewandert sind. Was für ein Abenteuer. Ich dachte, ich sterbe. Echt. Nur Jacquelines gutes Zureden hat mich bis zur Höhle gebracht. 38 Grad, 8km und 700 Höhenmeter. Schwitzend, schnaufend aber glücklich war ich, als ich oben ankam. Runter ging’s leichter.
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Hochplateaus und Schluchten mit spektakulären Panoramen erinnern eher an Filmkulissen als an ein Urlaubsziel. Der Drachenblutbaumwald im inneren der Insel ist nur durch eine Schlucht zu erreichen und der Weg dahin ist beschwerlich.

Die Einwohner Socotras
Kinder haben wir viele getroffen. Sie lernen klassisches Arabisch in der Schule, aber sprechen natürlich auch Soqotri. Für die Kinder hatten wir Geschenke dabei, wie z.B. Haargummies, Radiergummies, Spitzer und Buntstifte.
Die Einwohner von Socotra sind eine kleine ethnische Gruppe, die seit Jahrhunderten auf der Insel lebt. Ihre Bevölkerung wird auf etwa 60.000 Menschen geschätzt, die sich auf mehrere kleine Städte und viele Dörfer im Inselinneren und an der Küste verteilen. Die Socotris leben hauptsächlich von Fischfang, Viehzucht (Ziegen, Rinder), Dattelanbau und dem Handel mit Heilpflanzen (z. B. Drachenblutharz).
Viele Familien leben in einfachen Steinhäusern oder Zelten. In ländlichen Gebieten ist Selbstversorgung nach wie vor die Regel. Es gibt zwar einige kleine Märkte und Läden, aber keinen nennenswerten Konsumtourismus oder westliche Infrastruktur. Die medizinische Versorgung ist sehr begrenzt – traditionelle Heilmethoden spielen noch eine große Rolle. So hat mir eine Einheimische erzählt, dass das Puder des Drachenblutbaums als Sonnenschutzmittel dient, wenn man es auf die Haut aufträgt. Dass die Soqotris es aber auch bei Magenbeschwerden verdünnt mit Wasser trinken.

Mein Fazit
Es gibt nur wenige Straßen, und viele Teile der Insel sind nur mit Allradfahrzeugen erreichbar. Die Insel war lange Zeit kaum zugänglich – das hat sie vor der „Instagramisierung“ bewahrt (naja, fast). Trotzdem zieht Socotra langsam, aber sicher Abenteuerreisende, Naturforscher und neugierige Influencer an.
Wir haben einige gesehen, in der Schlucht. Stellt euch einen holprigen Ritt über einen Weg vor, den selbst Ziegen nur mit GPS finden. Und mitten darin: zwei Influencerinnen halb nackt in winzigen Designerbadeanzügen, die sich im Ramadan, in einem muslimischen Land, lasziv vor einem Felsen räkeln, während unsereins versucht, das Gleichgewicht zu halten und gleichzeitig nicht auszusehen wie eine vertrocknete Rosine mit Rucksack. Wir waren entsetzt, aber auch das hatte Socotra zu bieten!
Mein Fazit: Socotra ist wie ein gut gewürztes Gericht: fremd, wild, manchmal etwas staubig, aber mit einem Geschmack, den man nie vergisst. Ich habe viel gelacht, selten so geschwitzt und so wenig geduscht – und bin froh, dass ich Socotra gesehen habe, bevor es von TUI Touristen entdeckt wird.

Danke für den wie immer super geschriebenen Reiseblog. Ein wirklich schönes Erlebnis mit deinen Freundinnen.