Audienz bei der Glücksministerin
Wie bitte? Ein Ministerium für Glück und Wohlbefinden in Deutschland? Genau! Seit Januar 2014 widmet sich die selbsternannte Glücksministerin dem Ziel, Werte für Glück und Wohlbefinden zu definieren und zu festigen. Für Gina Schöler (29) wird es nun ernst(er): Die Mannheimerin folgte kürzlich der Einladung des Denkraums für soziale Marktwirtschaft in deren Beirat. Und sitzt mit Vertretern von Global Playern wie Deutsche Bank und Siemens an einem Tisch. Ginas Ruf nach einem Bruttonationalglück stößt damit auf weitere, entscheidende Ohren.
„Glück braucht eine Portion Mut“ – so bringt Gina ihre bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse auf den Punkt. So banal das für manche klingen mag, so schwierig scheint es für Menschen im persönlichen Tun. Und für unsere gesellschaftlichen Strukturen, dafür einen offenen Rahmen zu schaffen. Daher macht die Gründerin des Ministeriums für Glück und Wohlbefinden mit ihren Aktionen für jeden Glück erlebbar. Als Impulsgeberin versteht sie sich, um über individuelle Werte und das, was wirklich zählt, nachzudenken. Und anschließend aktiv Veränderungen vorzunehmen hin zu größtmöglicher Lebenszufriedenheit.
„Niemand kann bestimmen, was Glück genau ist. Dazu ist es viel zu individuell in der Betrachtung und im Empfinden“, meint sie.
Kreative Aktionen und honorige Anerkennung
Die Glücksministerin lässt sich etwas einfallen, um die Frage nach dem Glück unter die Menschen zu bringen. Und findet damit richtig große Aufmerksamkeit! Ein Picknick Flashmob zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ beispielsweise sorgte auf dem Alexanderplatz in Berlin für Rummel. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz lud sie ein zu seiner Veranstaltung „Gut leben in Deutschland – was uns wichtig ist“; da ging es um die Regierungsstrategie! Und eine thailändische Delegation reiste nach Mannheim um von Gina zu erfahren, wie die westliche Welt das Wohlbefinden der Bevölkerung positiv beeinflusst bzw. steigert und was sie daraus lernen können. Besonders wichtig findet sie die Aktionen, bei denen sie ganz nah dran ist an den Glücksneugierigen: Sie organisiert Kino-Abende, Workshops in Schulen und für Sinnsuchende sowie Umfragen und Bürgerdialoge. Denn sie hat eben keine allgemeingültige Definition für Glück, will keine Glücksexpertin sein, sondern ist überzeugt:
„Das muss von den Menschen, von der Basis kommen. Ich kann dafür nur die Impulse liefern.“
Gina stellt fest, dass die Menschen – ob jung oder älter, akademisch oder weniger gebildet –eine genaue Vorstellung davon haben, was Glück für sie bedeutet.
Was ist Glück? Wie kann Glück ermöglicht werden?
Aktuell gibt es zwar offizielle Parameter, mit denen Glück und Wohlbefinden sich darstellen und messen lassen (z. B. von der Regierungsstrategie „Gut leben in Deutschland“ oder die Indikatoren von der Enquete-Kommission). Nun geht es um die Frage, wie diese in das Leben der Gesellschaft integriert werden. Die Frage danach sollten sich nach Meinung von Gina ohnehin möglichst Viele stellen. Dann könne man sich an eine Definition herantasten, die einen breiten Konsens findet. Aus ihren Erfahrungen bislang weiß sie, was Menschen mit Glück in Verbindung bringen: selbstbestimmte Zeit zu haben, gute soziale Beziehungen pflegen zu können, Natur zu erleben und sinnhaft arbeiten zu können.
Die Glücksforschung habe bereits ein großes Wissen dazu, vermag es jedoch nicht „auf die Straße zu bringen“, bedauert sie. Da setze sie an mit ihren kreativen und interaktiven Formaten:
„Wenn Glück erlebbar wird, dann findet es mehr Bewusstsein. Dann fordern Menschen womöglich zu Rahmenbedingungen auf, die glücklich machen.“
Die jüngeren Generationen jedenfalls, so bemerkt sie, legen ihren Fokus stark auf die vier Werte Zeit, Zugehörigkeit, Naturverbundenheit und sinnhaftes Arbeiten und deutlich weniger auf die Anhäufung von materiellen Dingen. Zudem stelle sie fest, dass für Menschen gerade in diesen politisch unruhigen Zeiten die Frage nach der Gestaltung eines guten, glücklichen Lebens essentiell sei.
Ich betrachte ihr Engagement damit mindestens als Brücke zwischen Wissenschaft bzw. Glücksforschung, Politik und selbstbestimmter, demokratischer Lebensführung. Vor dem Hintergrund der Frage, wie wir gerade auch angesichts der aktuellen politischen Situation (Link Flüchtlingsbeitrag) leben wollen, trifft die Mission des Ministeriums für Glück und Wohlbefinden damit mitten in den Nerv des Zeitgeschehens.
Glück braucht ’ne Portion Mut!
Mutig zu sein und sich zu erlauben, quer zu denken und nicht alles zu ‚zerdenken’ bzw. mal auf den Bauch zu hören – damit fährt Gina Schöler als Glücksministerin seit Gründung ihres Ministeriums für Glück und Wohlbefinden sehr gut. Das riesige Echo ihres Anliegens und Treibens im In- und Ausland, in der Wissenschaft und Politik bestätigt ihr: Glück braucht ‚ne Portion Mut und ihr mutiger Entschluss war richtig.
Ob Glück eine staatliche Hand braucht, ist durchaus strittig. Sogar Bundesminister Schäuble schenkte Ginas Ansinnen Aufmerksamkeit und warnte „Ich halte es für gefährlich, eine staatliche Einrichtung haben zu wollen, die für mein Glück sorgen soll. Wo Staat und Politik sich für das Glück der Menschen zuständig erklären, da sind wir schnell in einer Diktatur“ und hat womöglich etwas missverstanden. Gina Schöler geht es ja darum, das jede_r Einzelne zum Glück aller bewusst beiträgt! Wir meinen: Die Einführung eines Bruttonationalglücks so wie in Bhutan wäre einfach ohfamoos! Was meint ihr dazu?
Text: Cornelia Lütge
Fotos: Marco Schöller/privat
Wollte gerade sagen, Herr Schäuble könnte sich mit dem Buthanesischen GNH befassen. Zusätzliche Glücklichkeitsmessung zum GDP fände Ich im Westen genial und evtl. Ein Ansatz, die jetztige global economy Situation zu verbessern.
Minister Schäuble (und weitere), so scheint es, werden sich tatsächlich damit ernsthafter befassen müssen. Immerhin, Gina Schöler folgt im Juni der Einladung nach England, um
beim großen Internationalen Meeting des Gross National Happiness Centre Bhutan weiter an einem (internationalen) Bruttonationalglück zu arbeiten.
Nach den Kooperationen mit Enquete und Denkraum für Soziale Marktwirtschaft ein weiterer Meilenstein, der dem Wirken Anerkennung zeigt.
Grund für Zuversicht!