Shanghai – eine Stadt mit vielen Gesichtern
Letzte Woche war ich am anderen Ende der Welt – in Shanghai. Von Dubai aus ist man in 8 Stunden dort. Mein letzter Aufenthalt in Shanghai liegt 12 Jahre zurück. Deshalb war ich ganz schön aufgeregt, die Stadt wieder zu erkunden.
China hat für mich etwas Magisches: die fremde Sprache, die Kultur und die vielen Vorurteile, die man oft über die „Schlitzaugen“ hört. Das Wort Schlitzaugen ist übrigens nicht abwertend gemeint, denn die Chinesen nennen die Europäer „Langnasen“.
Gleich am ersten Abend treffen wir unsere Freunde zum Abendessen in Puxi (ausgesprochen Fuschi). Puxi ist der alte Stadtteil Shanghais, und von meinem Fensterplatz aus habe ich einen grandiosen Blick über den Huangpu-Fluss, den die Chinesen auch als ‚Mutter der Stadt‘ bezeichnen. Wenn man sich das Treiben auf dem Fluss anschaut, weiß man auch warum. Ein ewiger Strom von Schiffen und Booten zieht dort jeden Tag an Shanghai vorbei. Der Huangpu ist 113 Kilometern lang und teilt die Stadt in zwei Hälften (Puxi und Pudong).
Pudong verkörpert mit seinen vielen Wolkenkratzern das neue Shanghai. Vor 12 Jahren war es hier relativ ruhig; nur um den markanten Jin Mao Tower zeigte sich ein bisschen Leben auf der Straße. Heute ist das anders. Es gibt viele – noch eindrucksvollere und höhere – Gebäude und in den Straßen wimmelt es von Menschen jeder Couleur.
Kein Shanghai Besuch ohne die Nanjing Road
Von unserem Hotel aus schlendere ich den Bund entlang und ich versuche mir vorzustellen, wie es hier wohl früher war. Der Waterbund, kurz der Bund genannt, wurde von den Niederländern als Deich zum Huangpu-Fluss errichtet. Hier befinden sich die große Uferpromenade sowie im europäischen Stil errichtete Gebäude, die Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Wenn man sich mit der bewegten Geschichte Shanghais befasst, erfährt man auch, dass Shanghai vor dem Zweiten Weltkrieg die höchsten Häuser außerhalb der USA besaß. Zu empfehlen ist hier ein Blick in das Waldorf Astoria Hotel.
In der ‚Long Bar‘ ist der britische Einfluss schnell erkennbar – denn die Briten erzwangen nach dem Ersten Opiumkrieg (1842) die Öffnung Shanghais für den Handel mit den europäischen Mächten und wählten Shanghai als Vertragshafen.Gleich zu Anfang der Nanjing Road liegt das Peace Hotel. Das Hotel ist das Zuhause der berühmten ‚Old Jazz Band‘, deren Geschichte die Vorlage zu dem Film ‚As time goes by‘ von Uli Gaulke diente.
Ich gehe weiter die Straße entlang, dicht gedrängelt von Menschen. Viele Frauen haben ihre Regenschirme dabei, mit denen sie sich vor der Sonne schützen. Vor 12 Jahren waren die Geschäfte in dieser Straße für mich besonders aufregend. Da gab es bezaubernde chinesische Kunstarbeiten, Seidengewänder, Jade Geschäfte. Heute sieht das ein bisschen anders aus. Jetzt bestimmen Forever 21, Zara, H&M und diverse andere Highstreet Shops das Bild. „Schade“, denke ich und weine dem alten Flair der Straße ein bisschen nach.
Kontrastprogramm
Dafür habe ich am nächsten Tag das Kontrastprogramm. Der Yu-Garten und die Umgebung sind noch genauso wie ich es in Erinnerung habe. Die alten Gassen, das Streetfood, die kleinen vollgestopften Läden und die dunklen Hauseingänge verzaubern mich wieder aufs Neue. Authentisch sind die abenteuerlichen Stromleitungen und die Schlafanzüge der alten Männer, die langsam durch die Gassen schlurfen.
Der Yu-Garten wurde 1559 von einem hohen Beamten der Ming-Dynastie als Privatgarten für seinen Vater in einem Gelände von zwei Hektar erbaut. Er steht seit 1982 auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China. Ich gehe über die Holzbrücke und lasse mir im Teehaus einen süßen Kuchen und Jasmin Tee servieren. Die kleinen zierlichen Holzhocker erinnern an die Größe der Menschen zu dieser Zeit. Heute begegnet man in China sehr großen Menschen, was wohl mit der Ernährungsumstellung zu tun hat. Und: Auch Mac Donalds hat hier Einzug gehalten.
Mein dritter Tag führt mich in die Huaihai Road, das neue Einkaufsparadies der Stadt. Hier findet man die neuesten Einkaufszentren, die sich wenig von denen in Dubai unterscheiden. Der mittlere Teil der Huaihai Road liegt in der ehemaligen French Concession, die von den damaligen ausländischen Handelsfamilien bevorzugte Wohngegend. Hier kann man in kleinen Boutiquen stöbern und alte Villen in üppigen Gärten bewundern.
Kein Essen ohne Peking Duck
Natürlich darf mein Bericht nicht enden, ohne die Küche Chinas zu erwähnen. Ganz besonderen Eindruck hat hier die Einladung von June Ma auf mich gemacht. Diese eindrucksvolle Geschäftsfrau (sie besitzt eine private Frauenklinik) hat viele Jahre in Kanada gelebt und ist vor einiger Zeit nach Shanghai zurückgekehrt. Das Essen fand in einem Separee eines Restaurants statt. Ein nett gedeckter Tisch brachte mich schon gleich ins Staunen. Natürlich gab es mehrere Gänge und es wurde mit Stäbchen gegessen. Nach den Gänseleberkirschen und dem mit Zucker bestäubten Schweinefleisch, das wie eine Berglandschaft angerichtet war, kam dann das Traditionsgericht: Peking Duck. Ein Koch mit Mundschutz und scharfem Messer zerlegte die Ente chirurgisch fein und zeigte uns die drei Arten wie man Peking Duck essen kann. Ein wahrer Genuss für Auge und Zunge. Zum Glück haben alle Gäste die speisen auch fotografiert, sodass ich keine Scheu haben musste und die Bilder Euch hier heute zeigen kann.
Nach diesem krönenden Abschluss habe ich den Entschluss gefasst, nicht erneut 12 Jahre zu warten um diese ohfamoose Stadt wieder zu besuchen.
Und hier gibt es noch mehr zum Thema Shanghai.
Fotos:privat