Olivenernte – Eine Liebeserklärung an Bolsena
Wo erntet Ihr Oliven, in Bozen…? Das werde ich meistens gefragt wenn ich im November erzähle, das wir wieder zur Olivenernte nach Bolsena aufbrechen. Nein, nicht in Bozen: Bolsena liegt 30 Minuten westlich von Orvieto und eine gute Stunde von Rom entfernt im Latium. Gastautorin Angela Schult liebt Italien wie das gute Essen – und Emilio, der ihr jedes Mal etwas Neues verrät…
Durch Bolsena verläuft die berühmte Via Cassia, eine der alten Römerstraßen, die von Rom aus in die Toskana führte und die auch heute wieder als Teil des Pilgerwegs der Via Francigena vermehrt begangen wird. Nur wenige Touristen verirren sich in diesen sanften, angenehm verschlafenen Ort, der sich am Ostufer des Bolsena Sees über steile Hänge an das Ufer ergießt.
Bolsena ist nicht groß
Von der mittelalterlichen, mächtigen Burg Rocca Monaldeschi della Cervara gekrönt ist das Städtchen rasch durchlaufen; die Hauptgasse mit ihren kleinen Trattorias, Geschäften und Bars, beschattet von den hohen, alten Gebäuden, ist nur wenige hundert Meter lang. Hier werden im Fischladen, in der Panificio und in den kleinen Gemüselädchen, wie bei meinem Lieblingshändler Giuseppe, die täglichen Neuigkeiten ausgetauscht.
Der Bolsenese kauft nach guter alter italienischer Tradition täglich, was er für seine Küche braucht, frisch und in kleinen Mengen; zwei Tomaten, eine Zitrone, eine Hand voll Walnüsse.
Und immer ist Zeit für einen ausführlichen Ratsch: die Uhren in Bolsena ticken wunderbar langsam.
Schon nach vierundzwanzig Stunden verlangsame ich jedes Mal wieder mein Tempo, lausche den prasselnden italienischen Worten und genieße, nach einem Sprung in den erfrischenden See, mit Freunden den fantastischen Sonnenuntergang über dem ruhigen Wasser in der Bar del Porto. Am Seeufer wird geschlendert, in ausgezeichneten Restaurants geschlemmt und im Sommer unter dem Nachthimmel getanzt.
Fatto a Mano
Unter diesem traditionellen Motto steht Bolsena und leben die Einwohner. Und gerade das macht diesen Ort so liebenswert. Bolsena ist umgeben von Gärtnereien, in denen all die guten Gemüsesorten angebaut werden, die im milden Klima gedeihen, von Salaten und Tomaten bis zu Artischocken und Auberginen.
Tradition wird hier groß geschrieben. Von unserem Freund Roberto, dem Carabinieri, bekomme ich bei jedem Besuch neue Geschenke aus seinem Wissensschatz für die gute italienische Küche: Er verrät mir wie seine Nonna Oliven trocknet und einlegt, wie getrocknete weiße Bohnen mit Chilischoten gelagert werden, damit sie nicht verderben und dass Auberginen vor dem Rösten für Antipasti erst ein paar Stunden in der Sonne trocknen müssen.
Olivenernte in Bolsena
Vor allem aber ist Bolsena ein Ort der Olivengärten. Emilios ganz große Leidenschaft gilt diesen kostbaren Früchten: In seiner Freizeit pflegt er seine Olivenbäume, prüft die Konsistenz der Oliven und träumt von der Qualität, die sein Öl dieses Jahr sicherlich wieder haben wird.
Lachend sagt er immer, wenn jemand ihn nach der Menge seiner zu erwartenden Ernte fragt, dass er sich vor allem eine hohe Qualität seines Öls erhofft. Die Anzahl der Liter sei ihm egal. Er ist einer der ersten, der jedes Jahr mit der Ernte beginnt und mit seinen Helfern loszieht, mit Rächen die Früchte von den Zweigen zu kämmen: Eine frühe Ernte bedeutet weniger Ertrag, aber einen intensiven, fruchtigen und leicht scharfen Geschmack des Öls, dass er in seine Fässer abfüllt. Emilio ist unser bester Oliven-Coach!
Alles im Zeichen der Olivenernte
Ab November steht alles im Zeichen der Olivenernte. Jedes dritte Fahrzeug, das bei meinem morgendlichen Cappuccino in der Bar „Dolce Vita“ an mir vorbeirollt, ist hoch beladen mit Kisten voller Oliven, ob auf der Rückbank im kleinsten Fiat oder auf dem ordentlichen Anhänger eines Jimny.
Die Ölmühle ist das Zentrum des Geschehens während der Erntezeit, alles scheint sich in diese Richtung zu bewegen, auf diesen magischen Punkt zuzusteuern. Hier trifft man sich, fachsimpelt über das Wetter des vergangenen Sommers und wen es mit der „Mosca“ erwischt hat – einer Fliege, die ihre Eier in die Oliven ablegt und diese unbrauchbar macht, wenn das Frühjahr zu kühl und feucht war; und schätzt bei jedem Pressgang, wie viel Öl im Bottich landen wird und vor allem, wie gut es schmecken und welchen Farbton das Öl haben wird.
An einer offenen Feuerstelle wird schon mal Brot geröstet, und dann wird verkostet, verglichen und debattiert!
Natürlich begleitet von einem kühlen Glas Est! Est! Est! di Montefiascone.
Wir hatten eine gute Ernte dieses Jahr, geschmacklich wie auch quantitativ. Nicht alle hatten dieses Glück, wettertechnisch war es ein verrücktes Jahr in Italien. Aber nächstes Jahr wird es sicherlich wieder besser, man hat ja den ganzen Winter, um von der ganz besonders guten nächsten Ernte zu träumen…
FAGIOLI CANNELLINI – Köstliche Antipasti
ZUTATEN
Reichlich bestes Olivenöl
1 kleine weiße Zwiebel, fein gewürfelt
1 große Knoblauchzehe, gepresst
Meersalz
½ TL schwarzer Pfeffer aus der Mühle
½ TL Thymian
optional etwas rote Chili, sehr fein gehackt
100 ml passierte Tomaten
300 g weiße kleine Bohnen, gegart
REZEPT
3 EL Olivenöl in einer kleinen Pfanne erhitzen und die Zwiebeln darin kurz und kräftig anbraten. Knoblauch und alle Gewürze hinzufügen und 1 Minute unter Rühren rösten. Die passierten Tomaten hinzufügen und weitere 5 Minuten köcheln lassen. Jetzt die weißen Bohnen mit reichlich Olivenöl unterrühren und kurz aufkochen. Abkühlen lassen und mit geröstetem Ciabatta-Brot und Olivenöl genießen.
Guten Appetit!
Fotos: Angela Schult und Thomas Kegel
Auch Elke hat kürzlich eine Olivenernte erlebt. Andere Szenerie, aber eine Olivenernte in Griechenland ist ebenfalls spannend!
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