Ein Wunder kommt selten allein
„Wunder gibt es immer wieder…“, sang schon Katja Ebstein in den 70er Jahren. Heute habe ich eine wundervolle Geschichte für euch. Eine Geschichte, die ans Unmögliche grenzt und mal wieder etwas mit meiner Taucherei zu tun hat 🙂 Meine Wunder passierten auf Sal, einer wunderschönen Insel im Atlantik mit wunderbaren Menschen und einer wundervollen Unterwasserwelt.
Im Januar besuchten mein Freund und ich eine der kapverdischen Inseln. Die Kapverden sind eine Inselgruppe aus ungefähr 15 Inseln im Atlantischen Ozean und liegen etwa 570 Kilometer vor der afrikanischen Westküste. Die gesamte Inselgruppe ist vulkanischen Ursprungs und nur neun der 15 Inseln sind bewohnt – so auch die Insel, auf der wir tauchen gehen wollten: Sal. Die Insel galt lange als das Zentrum des Salzabbaus, weshalb man sie Sal (= Salz) taufte.
Sal ist klein und während des Landeanflugs kann ich die langen Strände, die besonders bei Kite-Surfern sehr beliebt sind, wunderbar sehen. Unser Hotel liegt in der Nähe der Stadt Santa Maria. Ich hatte es gewählt, weil es dort eine einheimische Tauchschule gibt. Nach einem kurzen Transfer vom Flughafen und dem Check-In, gehen wir auch schon auf Erkundungstour. Der Weg zur Tauchschule führt an einem Sperrgebiet vorbei. Aber nicht, was ihr denkt, nein, der Strand ist abgesperrt, weil hier Meeresschildkröten nachts ihre Eier ablegen. Das finde ich schon ganz ohfamoos.
Auch die Tauchschule ist super nett. Alle sprechen neben Kreol auch exzellentes Englisch. Schnell haben wir unser Tauchgear eingeräumt und treffen die anderen Taucher. Kai ist Deutscher und hat geschäftlich viel auf Sal zu tun. Er kennt scheinbar jeden und hat erst kürzlich seinen Tauchschein gemacht. Obwohl er Anfänger ist, besitzt er eine super tolle Ausrüstung, inklusive eines funkelnagelneuen Tauchcomputers, der mir besonders gut gefällt.
Tauchen mit Scuba Caribe
Der Weg zum Tauchboot ist interessant, denn man besteigt am Strand ein Transferboot, das von Helfern in die Brandung geschoben wird. Ein heikles Unterfangen, das gute Kenntnisse der Wellen erfordert. Aber schon bald sind wir alle im Boot und nehmen Kurs auf den Tauchplatz. Wir sind acht Taucher und erleben einen wunderbaren Tauchgang.
Als wir nach 60 Minuten alle wieder im Boot sind, stellt Kai mit Erschrecken fest, dass er seinen Tauchcomputer verloren hat. Er ist richtig sauer, macht sich Vorwürfe und schaut immer wieder ins Wasser, als ob er das Teil in der Tiefe erspähen könnte. Er ärgert sich den ganzen Abend und kann nicht aufhören davon zu erzählen. Immer wieder fragt er sich, wie das passieren konnte.
Er tut mir ehrlich leid, denn er kann das Thema einfach nicht loslassen.
Auch am nächsten Tag beim Tauchbriefing kommt der verlorene Computer gleich wieder zur Sprache. Kai will nicht tauchen. Der Verlust des Computers hat ihm den Spaß verdorben. Was mich geritten hat zu sagen: „Mach Dir keine Sorgen, wir finden den schon wieder“, weiß ich bis heute nicht. Was für eine bescheuerte Aussage. Warum mache ich ihm Hoffnung? Er merkt auch gleich, dass ich ihn trösten will, und winkt müde ab. Aber Licino, unser Tauchguide, hat mich gehört und schlägt vor, den gestrigen Tauchplatz auch heute wieder anzusteuern. Gesagt – getan, wir beginnen unseren Tauchgang und setzen die Suchen und Bergen Technik ein, um möglichst viel Fläche abzudecken. Nach 40 Minuten verliere ich die Hoffnung. Ich habe diverse Plastikbändchen der all-inclusive Touristen gefunden, aber keinen Tauchcomputer. Als wir kurz davor sind den Tauchgang abzubrechen, sehe ich ihn. Jetzt, da wir uns von dem Gedanken verabschiedet haben, den Computer wieder zu finden, treibt er sanft hin und her wiegend vor uns auf dem Meeresboden.
Oh Wunder! Euphorisch beglückwünschen wir uns unter Wasser.
Kais Gesicht, als wir zurück sind und ihm den Computer zurückgeben, ist unbeschreiblich. Er ist fassungslos vor Glück.
Wunder oh Wunder!
Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Am gleichen Abend bemerke ich unter der Dusche, dass einer meiner Ohrringe fehlt. Der hübsche Diamantohrring, den ich schon seit über 40 Jahren besitze, steckt nicht mehr in meinem Ohrläppchen. Den Schmetterling finde ich in der Dusche. (Zur Erklärung für unsere männlichen Leser: es handelt sich hier nicht um ein Insekt, sondern ein kleines Teil, das einen Ohrring hinter dem Ohrläppchen befestigt.) Mein Freund beginnt sofort mit der Suche nach dem Ohrring und öffnet sogar den Abfluss – nichts! Ich stelle das Zimmer auf den Kopf: Nichts! In Gedanken gehe ich den Tag durch, wo ich ihn verloren haben könnte: Beim Ausziehen der Tauchausrüstung, am Weg vom Strand? Es gibt tausend Möglichkeiten. Ich gehe nochmal zur Tauchschule und schaue in die großen Waschbecken, in denen die Ausrüstung ausgespült wird – nichts! Auf dem Weg zurück ins Hotelzimmer beschließe ich loszulassen. Es bringt gar nichts, mir weiterhin Gedanken zu machen. Der Ohrring ist weg, das muss ich akzeptieren, wenn ich den Rest meines Urlaubs genießen möchte.
Loslassen hilft!
Beim Abendessen schaut mich mein Freund verwundert an. Ob ich mich denn nicht ärgere, will er wissen, ob ich nicht wütend sei? Er kann nicht verstehen, wie schnell ich über den Verlust hinweg bin. Ich hingegen habe akzeptiert, dass ich den Ohrring los bin.
Am nächsten Tag sind wir wieder in der Tauchschule. Ich sitze wartend auf der Bank und schaue gelangweilt auf meine Füße – und da sehe ich etwas im Sand glitzern. Es ist mein Ohrring! Zwei Wunder in zwei Tagen… wie #ohfamoos!
Habt ihr auch eine wunderbar ohfamoose Geschichte, dann schreibt sie uns!
Fotos: Sonja Ohly